
© Andreas Klaer
Potsdam-Mittelmark: Von der Bilanz zur Poesie
Achim Risch ist Leiter des Morgenstern-Museums – 60 Jahre lang hatte er nichts mit Literatur zu tun
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Werder (Havel) - Er ist zurzeit ein gefragter Mann: Ob Deutschlandfunk, Frankfurter Allgemeine Zeitung oder der Rundfunk Berlin Brandenburg – permanent klingelte in den letzten Wochen das Telefon von Achim Risch. Nur wenige kennen sich so gut mit dem Dichter Christian Morgenstern aus wie der 83-jährige Werderaner. Vor 100 Jahren ist Morgenstern gestorben, am heutigen Samstag wird ihm zu Ehren ein eigenes Museum in Werder eröffnet.
Eigentlich hatte Risch, der seit 1997 mit seiner Frau Gerda in Werder lebt, in seinen ersten 60 Lebensjahren mit Literatur wenig am Hut. Erst als sich 2004 der Freundeskreis Bismarckhöhe gründete, bei dem er von Anfang an dabei ist, kam er auf den Geschmack. Bei einem Frühjahrspaziergang kam die Idee auf, dass man die Bismarckhöhe doch mit dem Dichter in Verbindung bringen müsse, der hier seine Galgenliedern verfasste. Daraufhin hat Risch angefangen, alles zu Christian Morgenstern zu sammeln, was ihm in die Hände fiel. So begann seine Arbeit als Chronist des Dichters. Wie viele Stücke er schon zusammengetragen hat, kann Risch nicht genau sagen. Die Inventurliste auf seinem Computer ginge aber weit über 900 Positionen hinaus.
Als Chronist hatte Risch bereits Erfahrung. Für die HO, dem volkseigenen Einzelhandelsriesen der DDR, schrieb er zum 40. Jubiläum deren Geschichte auf. 1955 hat er bei bei der Organisation angefangen, nachdem er eigentlich Elektriker gelernt hatte. Das füllte ihn aber nicht dauerhaft aus. „Im Fernstudium habe ich dann neben der Arbeit mein Diplom für Binnenwirtschaft gemacht.“ Danach war er bis zu seinem 45. Lebensjahr für die HO tätig. Unter anderem hat er die Ostseewoche betreut, eine internationale Festwoche der DDR. „Dabei habe ich eines gelernt: Die letzten Handwerker gehen erst raus, wenn die Besucher zur Eröffnung hereinkommen.“ Die Erfahrung habe sich bei der Arbeit auf der Bismarckhöhe bestätigt, auch kurz vor Eröffnung des Morgenstern-Museums waren noch viele Handwerker bei der Arbeit zu sehen.
Auch aus seiner dritten Berufsausbildung, einem Fernstudium zum Berufsschullehrer für Wirtschaft, kann Risch einiges für seine jetzige Arbeit mitnehmen. Schließlich hat der Freundeskreis eine Kooperation mit vier Schulen. „Da komme ich mit den jungen Leuten immer noch gut auf eine Welle“, sagte Risch. Mit 45 Jahren begann er das Fernstudium zum Berufsschullehrer. 15 Jahre arbeitete er noch im neuen Beruf, dann ging er wegen einer Herzkrankheit in den Ruhestand. Seinen ersten Herzinfarkt hatte er bereits mit 51 Jahren. „Ich habe mich aber immer wieder hochgerappelt.“
Entspannen konnte Risch in den letzten Wochen kaum. Allein acht Stunden war er täglich mit der Gestaltung der neuen Ausstellungsräume beschäftigt, dazu hat er sich zu Hause über das Internet mit mehr als 100 Künstlern abgesprochen, die in diesem Jahr auf dem Galgenberg vertreten sein werden. „Meine Frau hat mich da schon vermisst, sie unterstützt mich aber, wo sie kann.“ 61 Jahre sind die beiden bereits verheiratet.
Nach Werder zogen die beiden vor 17 Jahren, weil eine Tochter in Glindow wohnte und es Risch wieder in die Märkische Heimat zog. Zwar hat er den Großteil seines Lebens in Rostock verbracht, aufgewachsen ist er jedoch in der Prignitz. Dass er sich in Werder noch einmal so auf ein neues Thema einlassen würde, war damals nicht abzusehen. Nur eines könne er nach der ganzen Zeit noch immer nicht: Christian Morgensterns Verse zitieren. „Das ist etwas, was mir noch nie lag.“
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