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Potsdam-Mittelmark: Werbung per Facebook
Über Mitgliederschwund kann die Feuerwehr Ferch nicht klagen. Heute feiert sie 90-jähriges Bestehen
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Schwielowsee - Wenn Ferchs Feuerwehrchef Ralf Ellguth an die Zukunft denkt, wird ihm nicht bange: Die Technik ist auf gutem Stand, seine Truppe bestens ausgebildet und vom Alter her durchmischt – und in der Jugendfeuerwehr trainieren zurzeit 15 Nachwuchs-Brandschützer. In Zeiten, in denen die meisten Wehren mit Mitgliederschwund zu kämpfen haben, kreisweit fast jeder zehnte wegen Job oder Alter seinen Helm an den Nagel gehängt hat, liefert die Freiwillige Feuerwehr Ferch ein erfrischendes Gegenbeispiel. Heute feiert sie ihr 90-jähriges Bestehen, mit einem Umzug zur Mittagszeit, einem Festprogramm auf der Seewiese und einer Party am Abend.
Dass heute 36 aktive Feuerwehrleute für die Sicherheit der Fercher sorgen und sich auch der Nachwuchs für deren Arbeit begeistern kann, ist das Ergebnis kreativer Werbung. „Wir brauchen dich!“ heißt es auf Plakaten, welche Mitglieder der Wehr vor zwei Jahren selbst entworfen haben. Zu sehen sind Haken, an denen Einsatzmonturen hängen – nur der in der Mitte ist leer. Ein anderes zeigt behandschuhte Hände, die schlagkräftig ineinander greifen und Platz für ein weiteres Paar lassen. Auch im Internet machen die Fercher mit und informieren über ihren Facebook-Feuerwehr-Account über Einsätze, Geselligkeit und Veranstaltungstipps.
„Wir müssen mit den Sportvereinen um Jugendliche konkurrieren“, so Ortswehrführer Ellguth. Von einer Einsatzpauschale, wie sie andere Gemeinden im Kreis jetzt eingeführt haben, halte er jedoch nichts: „Es heißt Ehrenamt und das bedeutet, dass man zusätzlich zum Job etwas leistet“, sagt der 36-Jährige.
In der 90-jährigen Geschichte hatte es indes immer wieder Momente gegeben, in denen die Wehr vor dem Aus stand. Als nach dem Zweiten Weltkrieg weder Leute noch Material vorhanden waren, oder als sich kurz nach der Wende die Feuermitglieder erst einmal um ihre eigene Zukunft kümmern mussten. Auch die Gründerjahre waren nicht einfach gewesen: In den 1920er Jahren mussten die ersten Mitglieder noch mit einem Pferdegespann zum Einsatzort ausrücken. Das Depot befand sich damals noch auf der anderen Seite der Straße „Mühlengrund“, in dem Gebäude, das heute als Kulturscheune allerlei Prominenz nach Ferch lockt.
Die Gründung der Wehr 1922 war verordnet worden, denn damals erlebte Ferch einen Wachstumsschub: Durch die neue Bahnlinie, die Verbreitung des Autos und durch die Ausflugdampfer kamen immer mehr Menschen in den Ort, entdeckten die Idylle und schlugen hier oft auch Wurzeln. Den Wert ihrer Feuerwehr erkannten die Fercher dann spätestens 1976, als der Wald südlich der Gemeinde auf 365 Hektar in Flammen stand. Zur Großbrandbekämpfung mussten neben den Feuerwehren auch NVA und Rote Armee ausrücken.
Heute ist die Brandbekämpfung nur noch eine von vielen Aufgaben der Feuerwehr. Die Leute müssen Technische Hilfe bei Unfällen oder Unwetterschäden leisten, Ölspuren beseitigen und auch auf dem Wasser Leben retten. Von den 81 Einsätzen im Jahr 2011 fanden allein zehn auf dem Schwielowsee statt. Feuerwehren wie die Fercher gehen bis an ihre Grenzen – und brauchen deshalb tatsächlich jeden Freiwilligen. Thomas Lähns
Festprogramm und weitere Infos auf www.feuerwehr-ferch.de
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