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Von Kirsten Graulich: Wie eine Theaterinszenierung

Teltower Altstadt wurde zur Bühne für den „Kunstsonntag“

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Teltow – Die Teltower Altstadt war gestern eine Bühne für die Kunst. Denn ein bisschen erinnerte der 2.Kunstsonntag an eine Theaterinszenierung, für die frühmorgens die künstlerischen Requisiten herbeigeschafft und aufgestellt wurden. Mittags kam das Publikum, das neugierig die Schauräume durchstreifte, die ab 18 Uhr wieder leergeräumt werden mussten. Die Arbeitsgruppe „Kunstsonntag“ der Lokalen Agenda übernahm auch in diesem Jahr wieder die kulturelle Mittlertätigkeit, unterstützt von der Stadtverwaltung. Der ehemalige Kulturminister Hinrich Enderlein (FDP) hielt die Laudatio für das Kunstspektakel, bei dem rund 80 Künstler mit etwa 250 Arbeiten präsentiert wurden. Einige davon kamen aus Osteuropa, Großbritannien, Schweden und der Schweiz.

Der Aufwand ist groß für nur einen Tag. Fast drei Stunden war die Kleinmachnower Künstlerin Beate Lein-Kunz mit ihrem Labyrinth beschäftigt, das sie aus feinkörnigem Sand auf den Marktplatz streute und an dessen Umkehrpunkt eine Schale mit „reinigender“ Salbei-Asche stand. Ein symbolträchtiges Angebot, das durchaus als lebensnahe Parabel auf die aktuelle Krisensituation verstanden werden konnte. Die Spirale habe in allen Kulturen eine symbolische-rituelle Funktion, denn sie sei Sinnbild für Heilung, Sterben und Wiedergeburt, erklärte Beate Lein-Kunz. Das Labyrinth zog vor allem Kinder an, die begeistert auf den Spiralen entlang liefen. Unweit davon hatte der Berliner Thomas Otto seine großformatigen Metallplastiken aufgestellt. Im Neuen Rathaus waren Flure und der Stubenrauch-Saal der gerahmten Kunstproduktion vorbehalten, während im Foyer Keramik ausgestellt wurde.

„Unmögliche Figuren“, titelte der Teltower Karl Heinz Neufeld seine Grafiken, die auf den ersten Blick realistische Figuren vermuten ließen. Doch die Knoten und mäandernden Linien sind ein Augenspuk, wie sich bei näherer Betrachtung herausstellte. Manche der im Saal präsentierten Arbeiten verdrängten mit ihren Farberuptionen geradezu die Werke der Kollegen, deren künstlerische Äußerungen verhaltener ausgefallen waren. Und manche Oberfläche wurde beinahe so bearbeitet, dass sie selbst ein Blinder sehen und tasten konnte. Dazwischen die sensiblen Landschaften von Regina Wirsching, deren Bild „Der Bach“ den Betrachter in eine sonnendurchflutete Naturoase führte. Lyrische Momente der Großstadt hatte der Berliner Klaus Grone mit „Deutsche Oper bei Nacht“ eingefangen. Dass sein Bild neben dem Ordnungsamt hing, stimmte ihn besonders heiter. Denn eben dieses Amt war „schuld“, dass Grone am Kunstsonntag teilnahm. Ein Knöllchen an der Windschutzscheibe veranlasste ihn vor einigen Wochen, die missliche Situation per Brief zu schildern. Milde ließ das Amt Nachsicht walten und so mündete die Angelegenheit in einer freiwilligen Teilnahme des Malers am Kunstsonntag.

Eva Moeller, die im vergangenen Jahr mit ihren „menschlichen“ Hühnern das Publikum begeisterte, zeigte diesmal in der Galerie Altstadthof augenzwinkernd die Etappen einer feuchtfröhlichen Festrunde. Entsprechend dem Füllstand sind auf ihren drei Arbeiten nur Gläser und Flaschen abgebildet, und zwar in den Phasen „Letzte Neige“, „Reste“ und „Nächster Morgen“. Es wäre sicher ein Gewinn für die Galerie, eine Personalausstellung der Berliner Künstlerin zu zeigen. Gleiches gilt für Christine Goesche-Lent, deren Bilderwelten mit mehreren Papierschichten über Aquarellemalereien, gespritzten Papieren und farbigen Strukturen einen ganzen Kosmos offenbaren.

Kirsten Graulich

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