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Ex-Hotelier Axel Hilpert (M) mit seinem Anwalt Matthias Schöneburg vor dem Prozessauftakt im Landgericht Frankfurt (Oder).

© Patrick Pleul/dpa

Axel Hilpert erneut vor Gericht: Wieder im Geschäft

Axel Hilpert erneut auf der Anklagebank. Er errichtete das Resort Schwielowsee. Auf Kredit, aus Fördermitteln. Und zweigte Millionen über ein Betrugssystem ab. Muss er noch einmal ins Gefängnis?

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Werder (Havel)/Frankfurt (Oder) - Axel Hilpert macht wieder Geschäfte. Eigentlich ist es wie immer, fast. Er sei „seit geraumer Zeit wieder im Immobilienbereich tätig, in Berlin“. So sagt es der mittlerweile 68-Jährige im Gerichtssaal 007 des Landgerichtes Frankfurt (Oder), als er vom Vorsitzenden Richter Matthias Fuchs nach seinen persönlichen Verhältnissen gefragt wird. „Also sind Sie Kaufmann?“ Er nickt.

Seit Donnerstag wird dort vor der zweiten Strafkammer der Strafprozess gegen den früheren Schwielowsee-Hotelier neu aufgerollt, der mittlerweile in Spandau lebt. Der Fall gilt als schwerstes Wirtschaftsverbrechen in der jüngeren Geschichte Brandenburgs. Für den Millionenbetrug beim Bau der mondänen Hotelanlage in Petzow, in der einst Prominenz ein und aus ging, etwa Altkanzler Helmut Kohl seinen Geburtstag feierte, sich die Finanzminister auf den G8-Gipfel vorbereiteten, war Hilpert vom Landgericht Potsdam 2012 zu einer Gefängnisstrafe von fünf Jahren und acht Monaten verurteilt worden. Doch der Bundesgerichtshof hatte das Urteil teilweise aufgehoben, als zu streng. Der berechnete Schaden und damit die Strafe seien zu hoch. Genau darum dreht sich nun das Berufungsverfahren, in dem bis Ende April nach drei weiteren Verhandlungstagen ein Urteil verkündet werden soll.

Der Vorsitzende Richter Fuchs ist bundesweit bekannt geworden, er hatte etwa den „Maskenmann“ lebenslänglich hinter Gitter geschickt. Nun wird es maßgeblich auch von ihm abhängen, ob Hilpert nach den eineinhalb Jahren Untersuchungshaft noch einmal ins Gefängnis muss. Und Hilperts Anwalt Gerhard Strate aus Hamburg, der etwa Gustav Mollath aus der bayrischen Psychiatrie freigekämpft hatte, hat ein Ziel: Eine „Bewährungsstrafe“, wie er am Rande sagt.

Zum Prozessauftakt gab es wenig Neues, aber einiges doch. So wurde in der Verhandlung bekannt, dass das Strafregister Hilperts bislang unbekannte Einträge enthält. So war Hilpert vor seiner Verhaftung 2010 wegen Unfallflucht zu einer Geldstrafe und im vorigen Jahr vom Amtsgericht Potsdam zu einer weiteren Geldstrafe wegen eines lange zurückliegenden Steuerdelikts um das Schwielowsee-Resort im Jahr 2005/2006 verurteilt worden. Ein Urteil, von dem öffentlich niemand etwas mitbekommen hatte.

Ansonsten war es vor allem ein Vorlesetag im Saal 007. Stundenlang wurden die Urteile des Potsdamer Landgerichtes und des Bundesgerichtshofes verlesen. Zwar hatte Strate großzügig angeboten, dass man darauf verzichten könne, auch wenn er gern in Frankfurt (Oder) sei. Aber das hatte Fuchs, die Stimmung war gut, ebenso ironisch abgelehnt: „Auch wir sind im Rahmen unserer Dienstpflichten ja gerne hier.“ Und so wurde noch einmal en détail alles aufgeblättert, wie Hilpert einst über ein ausgeklügeltes System von Firmen und Scheinrechnungen beim Resort Schwielowsee Millionen abzweigte, seinem 35-Millionen-Projekt, das ohne Eigenkapital, nur mit Krediten der DKB-Bank und Fördermitteln Brandenburgs finanziert worden war. Wie er legal daran verdiente, als Geschäftsführer zweier Firmen, 17 500 Euro im Monat, zusätzlich am Weiterverkauf von Grundstücken innerhalb des Konstrukts, und wie er „mit krimineller Energie“ dies noch ausgeweitet hatte. Jeder, der einen Auftrag erhielt, so das System, hatte 12,5 Prozent der Summe extra an Hilpert zu zahlen, Baufirmen, Planer, Notare, alle – insgesamt rund 2,5 Millionen Euro. Die waren in die Berechnung der Gesamtinvestition und damit auch der Neun-Millionen-Förderung der Brandenburger Landesinvestitionsbank eingeflossen, die das Potsdamer Landgericht als Schaden angesetzt hatte. Laut BGH darf aber nur der aufgrund der betrügerischen Aktivitäten zu viel gezahlte Betrag berechnet werden.

Wenn es nach Strate gegangen wäre, hätte sich der Prozess jetzt auf die Rückvergütungen beschränken sollen. Nach dem Anteil an der Fördersumme läge der Schaden dann bei etwa 500 000 Euro, sagte er. Aber das lehnte die Kammer ab, die sich entsprechend den Vorgaben des BGH mit dem Gesamtfall befassen will. Für den Potsdamer Staatsanwalt Ivo Meyer ist das Provisionssystem ohnehin nur die Spitze des Betrugs-Eisbergs gewesen, betrage der Schaden „2,6 Millionen Euro plus x“, so Meyer. Der Angeklagte verdiene eine „angemessene Strafe“.

Nach der ersten Verfahrensentscheidung am Donnerstag verteilte Richter Fuchs an die Prozessbeteiligten zur Lektüre vier dicke Aktenordner, Hilpert half seinen Anwälten beim Tragen, ehe am frühen Nachmittag die Verhandlung zu Ende war. Und Hilpert selbst? Er wirkte äußerlich entspannt. „Aber das täuscht. Jetzt kommt alles wieder hoch“, sagte er den PNN. „Die jahrelange Ungewissheit ist schon eine furchtbare Belastung. Ich hätte mir gewünscht, dass es schneller geht.“ Thorsten Metzner

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