Potsdam-Mittelmark: Wieder Schwung in der Silhouette
Mühlensanierung abgeschlossen: Seit dem Wochenende arbeitet das Wahrzeichen von Werder wieder
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Werder - Mit dem ersten Flügelschlag ging für Günther Paul am Sonnabend ein Traum in Erfüllung. Zufrieden waren seine Augen – und die vieler anderer Werderaner – nach oben gerichtet, hoch zur Bockwindmühle. Denn seit dem Wochenende arbeitet das Wahrzeichen der Inselstadt wieder. Zwei Jahre hat die Sanierung gedauert, über 200 000 Euro wurden von der Stadt investiert. Das Ergebnis: säckeweise frisches Werder-Mehl, eine endgültig vollständige Inselsilhouette und eine Handvoll stolzer Bürger.
Günther Paul gehört zu jenen Männern, die sich Mitte der 80er Jahre für den Wiederaufbau einer Mühle in Werder (Havel) stark gemacht hatten. Das Original war 1973 einem Brand zum Opfer gefallen. Pauls Verbindung zu diesem Gebäude war besonders eng: Noch heute denkt er an die Nachkriegszeit zurück, als die Werderaner ihr weniges Korn, das sie hatten, hierher zum Mahlen brachten. Werderaner Verbindungen: Der letzte Müller Heinz Budel war der Onkel von Pauls späterer Frau. Nachdem der Müller 1953 in den Westen getürmt war, standen die Flügel still. Später ist Budel nach Australien ausgewandert.
Der Architekt und Zimmermann Günther Paul hatte nach dem Brand den Wunsch, einen Mühlennachfolger nach Werder zu holen. Die Mühlenfreunde erreichten nach langer Überzeugungsarbeit bei der damaligen Stadtverwaltung schließlich den Kauf einer alten Mühle von der Anhaltinischen Gemeinde Klossa – für 6000 Ost-Mark. „Der Transport des Kammrades war besonders schwierig“, erinnert sich der Inselstädter. Das sperrige Herzstück der Mühle passte nicht unter jeder Brücke durch, eine extra Route musste gesucht werden.
Zwischen 1987 und 1991 wurde die Mühle aufgebaut, doch erst jetzt wurde mit der Mahl-Premiere das i-Tüpfelchen gesetzt. „Ein schöner Tag für Werder“, bemerkte auch Bürgermeister Werner Große (CDU). Die Stadt konnte auf Fördermittel in Höhe von 186 000 Euro für die Sanierung zurückgreifen und vielleicht, so hoffte der Bürgermeister, findet sich auch noch ein Sponsor für einen Backofen. Dann hätte die Stadt mit dem Werderaner Mühlenbrot einen weiteren Exportschlager.
Nach Ketzür und Beelitz ist Werder der dritte Ort in Brandenburg, in dem eine Mühle allein in diesem Jahr ihren Betrieb wieder aufnimmt, bilanzierte Torsten Rüdinger von der Mühlenvereinigung Berlin-Brandenburg. Eine weitere befindet sich zurzeit in Cammer bei Brück im Aufbau. 20 Mühlen würden wieder gewerblich produzieren, 70 weitere werden als Museum oder Denkmal betrieben. Von über 900 Mühlen gebe es noch Spuren in der Mark und in der Hauptstadt. Die Faszination ist für Rüdinger einfach zu erklären: „Es ist der Charme urwüchsiger Technik. Eine Mühle ist schließlich eine der ältesten Maschinen.“ Außerdem bedeute die Beschäftigung damit auch eine Rückbesinnung auf ländliche Werte.
Vom Mühlenfieber gepackt ist auch Architekt Günther Hasenberg, und das seit mittlerweile 27 Jahren. Sein erstes Projekt in diesem Bereich war die Restaurierung der Mühle in Berlin-Britz. Hasenberg führte auch bei der Sanierung in Werder die Regie – eine Arbeit an der Grenze zum Hobby, wie er sagt. „Man muss sich in das Alte hineindenken, aus der Geschichte heraus arbeiten“, das sei die Herausforderung. Das meiste der Werderaner Mühle konnte wieder verwendet werden, bilanziert er, lediglich die Flügel seien komplett erneuert worden. Und die sollen sich in Zukunft wieder öfter drehen, hoch über der Werderaner Inselstadt.
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