zum Hauptinhalt

Potsdam-Mittelmark: Zerbrochenes Glück

Die Güterfelder Porzellanmanufaktur Adam & Ziege schließt nach 25 Jahren für immer die Türen. Am morgigen Dienstag endet ihre Geschichte

Stand:

Stahnsdorf - Neben einem Stapel ausrangierter Bretter lagern Platten aus Styropor. Unzählige Förmchen liegen zusammengepfercht auf dem Fenstersims, abholbereit für den Müll. Leer geräumte Vitrinen stehen zum Verkauf. Wo einst lustige Frösche und Figürchen von Hand modelliert, Teller verziert oder Spiegel umrahmt wurden, türmen sich heute Schutt und Asche. Vor einem halben Jahr hat die Stahnsdorfer Porzellanmanufaktur Adam & Ziege überraschend angekündigt, ihr Geschäft zum Jahresende aufzugeben und die Produktion in der ehemaligen Mühle im Stahnsdorfer Ortsteil Güterfelde einzustellen. Am morgigen Dienstag öffnen die Türen von Brandenburgs einziger Porzellanmanufaktur am Stahnsdorfer Mühlenweg nun tatsächlich zum letzten Mal.

Ein Abschied mit Wehmut. Stephan Ziege sinkt auf einen der wenigen noch im Haus verbliebenen Stühle. „Zurzeit ist alles noch chaotisch im Kopf. Schade, dass es aufhört“, sagt er. Seit einigen Wochen steht die Welt für die beiden Manufaktur-Inhaber Stephan Ziege und Thomas Adam kopf. Nach Monaten der Zurückhaltung rennen die Leute den beiden die Bude ein. Ausgelöst hatte alles ein Post auf Facebook, erinnert sich Adam. Die Nachricht vom bevorstehenden Aus der renommierten Firma verbreitete sich wie ein Lauffeuer. „Plötzlich standen unzählige Journalisten vor der Tür.“ Die Manufaktur-Inhaber landeten mit ihrer Geschichte auf so mancher Titelseite. Und plötzlich waren auch die einst so beliebten humorig-kunstvollen Porzellan-Werke der beiden Kunstdesigner nachgefragt wie zu den besten Zeiten. „Allein beim Sommerfest waren über 2000 Leute da, an jeder Kasse standen sie über eine Dreiviertelstunde an“, erzählt Thomas Adam. Und auch in den letzten Wochen klopften immer mehr ehemalige, aber auch neue Kunden an die Tür. „Sie kaufen jetzt, was sie sich schon immer mal kaufen wollten“, weiß der 55-Jährige. Die meisten waren mehr als einmal da.

Für die Güterfelder Manufaktur kommt der Run zu spät. Neben einem immer schwieriger werdenden, mit billigen Duplikaten überschwemmten Markt und einem nicht bezahlten großen Industrieauftrag war es vor allem auch „die Trägheit der Menschen“, die letztendlich zur Geschäftsaufgabe führte, sagt Adam. „Es ist schwer, deutsche Handarbeit für reale Preise zu verkaufen“, erzählt er. Zuletzt besuchten die beiden Männer noch einmal eine Ausstellung in der Schweiz. „Auf einem wunderschönen, alten Rittergut, alles war super“, meint Stephan Ziege. „Trotzdem gingen 80 Prozent der Leute mit leeren Taschen wieder raus.“ Vieles hätten sie probiert, doch immer weniger hatte Erfolg.

Dabei fing alles so vielversprechend an und lief über viele Jahre besser als von so manchem Experten erwartet. Nach der Wende hatten die beiden Männer, die sich bereits als Studenten kennengelernt hatten, gemeinsam die Manufaktur gegründet. Sie waren die ersten und blieben die einzige Porzellanmanufaktur im Land Brandenburg. Irgendwann ließen sie sich zu einer Messe in Frankfurt/Main überreden. „Damals gab es noch Wartezeiten von einigen Jahren“, erinnert sich Adam. Auf einmal ging alles ganz schnell. „Wir hatten Aufträge aus New York, Japan, Bermuda – mussten erst einmal nachschauen, wo das liegt.“

Der Schuppen, den die beiden in Teltow-Ruhlsdorf angemietet hatten, wurde bald zu klein. Sie zogen in die ehemalige Getreidemühle in Güterfelde ein, auf drei Etagen bot das Haus genug Platz. Das Geschäft florierte, bis zu zwölf Mitarbeiter stellten Adam & Ziege zeitweise ein. Sie fertigten unzählige Einzelstücke, Geschirr, Fliesen, selbst Leuchter, arbeiteten für die Industrie, weltweit für Galerien. „Aus Jux“ stellten sie eines Tages Salzstreuer her, erzählt Adam. Der Spaß machte sie berühmt. Über 1000 verschiedene Streuer entstanden, zu Tausenden wurden sie verkauft.

Vorbei. Ab Januar werden Thomas Adam und Stephan Ziege getrennter Wege gehen. Der Mietvertrag in der alten Mühle endet zum Jahreswechsel, dann soll sie verkauft werden. Während Stephan Ziege die Branche wechseln und in den Vertrieb einer Haarkosmetik-Firma einsteigen will, kann sich Adam nicht gänzlich von der Kunst trennen. Er will weitermachen – mit Porzellan, vielleicht im Grafik-, vielleicht auch im Kunstbereich. Ein öffentliches Schwimmbad zu verzieren, das war immer sein größter Traum, sagt der Kleinmachnower. Wenn die Getreidemühle geräumt ist, benötigt er zunächst ein neues, bezahlbares Atelier. Noch weiß er nicht, wohin. „Der Bedarf wird wieder steigen“, ist sich Thomas Adam sicher. „Die Leute ziehen berufsbedingt viel um, schaffen nicht mehr so viel Ballast an“, sagt er. „Gute Stücke, Dinge mit Seele, werden wieder wichtiger.“

Die Rechte an der Marke Adam & Ziege bleiben beiden erhalten, vom Markt wird sie jedoch verschwinden, erklärt Adam. Vielleicht gibt es irgendwann eine neue Thomas-Adam-Kollektion. An den großen Wurf denkt der Designer dabei nicht. „Das ganze Leben ist ein Ausprobieren. Wenn ich Geld verdienen wollte, würde ich was anderes machen“, meint er.

Am Montag und Dienstag ist die Manufaktur im Mühlenweg 2 im Stahnsdorfer Ortsteil Güterfelde noch einmal von 10 bis 17 Uhr geöffnet. Danach können Anfragen nur noch per Mail unter mail@adam-ziege.de an die Manufaktur-Inhaber gerichtet werden.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })