
© Andreas Klaer
Über Schulprojekte, Einbürgerungen, das Klinikum und immer wieder die Frage nach der Finanzierung sprachen Potsdams Stadtverordnete am Mittwoch in ihrer ersten Sitzung nach der Sommerpause. Wichtige Themen im Überblick:
„Keine neuen, großen Sprünge“
Potsdams Interims-Oberbürgermeister Burkhard Exner (SPD) hat vor der Stadtverordnetenversammlung die Erwartungen an das Bundes-Sondervermögen für Infrastruktur und Klimaneutralität gedämpft. Potsdam könne zwar bis 2036 rund 92 Millionen Euro abrufen, verteilt auf etwa neun Millionen Euro jährlich. Doch die Mittel seien strikt auf Investitionen begrenzt.

© Ottmar Winter PNN/Ottmar Winter PNN
Die Dimensionen zeige der Vergleich: Die Sanierung der Langen Brücke werde im hohen zweistelligen bis sogar dreistelligen Millionenbereich liegen, die Fernwärmewende erfordere dutzende Millionen. „Wir können mit dieser Summe keine neuen und großen Sprünge machen“, so Exner. Ein weiteres Problem: „Wer Projekte umsetzen will, braucht Planung, Baurecht, Baugenehmigung und Ausschreibungsreife – und das möglichst sofort.“
Gleichzeitig verschärft sich die Haushaltslage. Das Land Brandenburg kürzt die Schlüsselzuweisungen: Potsdam soll ab 2026 rund 25 Millionen Euro weniger erhalten. Damit wachse das bisher geplante Defizit von 19 Millionen Euro auf 44 Millionen Euro. Exner kündigte an, dass die Stadt den Haushalt 2026 nicht wie bisher vorgesehen im November einbringen könne. Stattdessen müsse die Verwaltung alle Posten neu durchrechnen und priorisieren.
Leitung des Klinikums
Die Geschäftsführung des Potsdamer Bergmann-Klinikums könnte künftig neu geordnet werden. Das kündigte die Gesundheitsbeigeordnete Brigitte Meier (SPD) an. Wie berichtet, war die Geschäftsführerin Pflege am Bergmann-Klinikum, Sabine Brase, im Juli nach zwei Jahren abberufen worden. Linke-Fraktionschef Sebastian Woelki wollte wissen, wann der Posten neu besetzt werde. Er erinnerte an die Empfehlung der Expertenkommission nach dem Corona-Ausbruch, neben einer kaufmännischen und medizinischen eine dritte, eigenständige Pflegegeschäftsführung im Klinikum zu etablieren.
Das Ziel, dass Medizin und Pflege besser Hand in Hand arbeiten, wurde in der Praxis nicht erreicht.
Brigitte Meier, Gesundheitsbeigeordnete der Stadt Potsdam
„Das Ziel, dass Medizin und Pflege besser Hand in Hand arbeiten, wurde in der Praxis nicht erreicht“, sagte die Gesundheitsbeigeordnete Brigitte Meier (SPD). Stattdessen habe es eine „stärkere Versäulung“ und Abgrenzung der beiden Bereiche gegeben. Nun überlege der Aufsichtsrat für die Zukunft, ob er weiterhin der Empfehlung der Expertenkommission folge oder die Geschäftsführung künftig neu strukturiere.
Einbürgerung beschleunigen
Online eingereichte Anträge auf Einbürgerung sollen künftig mithilfe der E-Akte bearbeitet werden. Das haben die Stadtverordneten auf Antrag der Fraktion Die Andere beschlossen. Die ursprünglich für 2027 geplante Umstellung soll auf 2025 vorgezogen werden. Das Rathaus unterstützt das Vorhaben inhaltlich, machte aber deutlich, dass die Bearbeitungszeit in Potsdam mit vier bis fünf Monaten im bundesweiten Vergleich nicht übermäßig lang sei. Verzögerungen entstünden vor allem durch Liegezeiten der Anträge. Wesentliche Verbesserungen seien daher nur mit zusätzlichem Personal zu erreichen.
Barrieren in Marquardt
Der Bahnhof Marquardt hat bisher keinen barrierefreien Zugang – trotz der neuen Mobilitätsdrehscheibe, die den Potsdamer Norden besser erschließt. Nun soll Bewegung in die Sache kommen: Die Stadtverordnetenversammlung hat auf Antrag von CDU und SPD beschlossen, dass die Stadtverwaltung gemeinsam mit dem Land Brandenburg und der Deutschen Bahn Varianten prüfen und eine favorisierte Lösung entwickeln soll.
Ziel ist es, die barrierefreie Querung über das Bundes-Sondervermögen „Infrastruktur“ zu finanzieren. Bislang plant die Bahn lediglich ab 2028 eine Teilsanierung mit erhöhten Bahnsteigen, ein vollständiger barrierefreier Umbau ist wegen der noch geringen Fahrgastzahlen nicht vorgesehen.
Schulbau in der Waldstadt
Die Stadt hält an den Plänen für den Neubau einer Gesamtschule in der südlichen Waldstadt fest – das Projekt kommt aber später. Der Bildungsbeigeordnete Torsten Wiegel (parteilos) sagte, der Bebauungsplanentwurf und ein Entwässerungsgutachten würden derzeit bearbeitet. Die öffentliche Auslegung sei 2026 geplant, 2027 der Baustart. „Wir haben es mit Verzögerungen zu tun, aber der Standort ist weiter Teil des Schulentwicklungsplans“, so Wiegel. Tina Lange (Linke) hatte nach dem aktuellen Sachstand des geplanten Baus gefragt. Die Schule gilt als Schlüsselprojekt in der künftigen Schulentwicklung, da sie mit mehreren Rochaden verbunden ist.
Konzept „Gesunde Schule“
Die Steuben-Gesamtschule im Kirchsteigfeld soll zur „Gesunden Schule“ werden und sich so profilieren. Der Prozess inklusive entsprechender Fortbildungen von Lehrern und Ausstattung laufe derzeit, sagte Wiegel. Mit Abschluss der Sanierungsarbeiten vor Ort werde ein attraktiver Standort entstanden sein, kündigte er an. Gefragt hatte auch hier die Stadtverordnete Lange nach der Umsetzung eines Stadtverordnetenbeschlusses, um die Schule angesichts schwacher Anwahlzahlen im Ü7-Verfahren anziehender zu gestalten.
Kauf des Kino „Charlott“?
Die Stadtverordneten haben einen Antrag der Linken angenommen, mit dem der Erwerb des einsturzgefährdeten Kinos „Charlott“ in Potsdam-West durch die Stadt geprüft werden sollte. Der Oberbürgermeister soll Möglichkeiten wie das kommunale Vorkaufsrecht oder sogar eine Enteignung untersuchen. Dafür stimmten SPD, Die Andere, Linke, BfW und Grüne-Volt, dagegen der Rest im Plenum, etwa die CDU. Nach Auffassung der Linken sei das Gebäude nach 20 Jahren Stillstand, verweigerter Kommunikation des Eigentümers und nicht eingehaltener Sanierungszusagen nur so zu retten. Der Vorstoß war zuletzt noch im Hauptausschuss aufgrund voraussichtlich hoher Kosten gescheitert.
Infrastruktur flexibel nutzen
Die Stadtverordnetenversammlung hat auf Antrag der CDU einen Denkprozess beschlossen, um Schulen, Kitas, Jugendfreizeiteinrichtungen, Bürgerhäuser und weitere soziale Infrastruktur in Potsdam künftig flexibler, barrierefrei und multifunktional zu nutzen. Ziel ist es, die Einrichtungen schrittweise so vorzubereiten, dass sie verschiedenen Bevölkerungs- und Altersgruppen offenstehen. Die Verwaltung soll auflisten, welche städtischen Objekte sich eignen und welche baulichen Anpassungen notwendig sind.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: