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Das Potsdamer Rathaus.

© Ottmar Winter PNN / Ottmar Winter PNN

Update

Streit um Potsdams Haushalt: CDU sieht „Chaos“, Klimaschützer beklagen „Greenwashing“

CDU-Fraktionschef Matthias Finken übte harsche Kritik an Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD). Auch Umweltschützer erheben Vorwürfe.

| Update:

Nach den millionenschweren Extraforderungen der rot-grün-roten Rathauskooperation kommt scharfe Kritik aus der CDU. Deren Fraktionschef Matthias Finken sprach am Wochenende gegenüber den PNN von Chaos, Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) scheine nicht mehr Herr des Verfahrens zum umstrittenen Doppelhaushalt 2023/2024.

Aus Finkens Sicht ignorierten die Kooperationspartner die Mahnungen und Erläuterungen von Kämmerer Burkhard Exner (SPD): „Man muss sich fragen, ob die Lage wirklich so angespannt ist.“ Zudem habe die Opposition im Stadthaus ihre Anträge bis 2. Mai vorgelegt, die Kooperation ihre aber erst zehn Tage später via Pressegespräch bekannt gemacht. „Wir sind doch keine Zwei-Klassen-Gesellschaft.“

Zugleich kritisierte Finken, die Änderungsanträge der Verwaltung seien erst für Ende des Monats angekündigt. Und er drohte: „Wenn der Oberbürgermeister eine breite Zustimmung zum Haushalt bekommen will, muss er sich etwas einfallen lassen. So geht es jedenfalls nicht.“ Gemeinsame Beratungen aller Fraktionen mit der gemeinsamen Suche nach Kompromissen seien eigentlich demokratischer Bestandteil des Verfahrens. Der CDU-Mann Willo Göpel kritisierte via Facebook, die Kooperation ruiniere die Potsdamer Stadtfinanzen.

Scharfe Kritik kam am Sonntagabend auch von Hans-Jürgen Scharfenberg, dem Chef der kleineren Linke-Fraktion. „Ich bin überrascht, was die Fraktionen der Rathauskooperation nach den drastischen Sparappellen des Oberbürgermeisters noch aus dem Haushaltsentwurf herausholen wollen.“ Wenn es denn überhaupt eine Haushaltsstrategie gegeben habe, so werde das jetzt durch eine gewisse Haushaltswillkür ersetzt. Es scheine, als ob nicht mehr der amtierende Rathauschef die Richtung vorgibt, sondern SPD-Fraktionschef Pete Heuer das Zepter übernommen habe, so Scharfenberg.

Das Bündnis hatte am Freitag umfangreiche Forderungen an Schubert öffentlich gemacht. Unter anderem soll ein Neun-Euro-Nahverkehrsticket für Schüler finanziert werden, ebenso ein Deckel für die explodierten Kosten eines Schulessens. Auch mehr Klima- und Baumschutzmaßnahmen waren Teil des Pakets, das sich auf weit mehr als zehn Millionen Euro summierte. Finanziert werden soll das alles unter anderem mit Überschüssen aus den Haushalten 2020 und 2021, erhofften Mehreinnahmen durch Steuern und das Ordnungsamt sowie gegebenenfalls Rücklagen.

Die Spitzenvertreter der Rathauskooperation bei ihrer Pressekonferenz zum Doppelhaushalt.
Die Spitzenvertreter der Rathauskooperation bei ihrer Pressekonferenz zum Doppelhaushalt.

© Ottmar Winter/ PNN

Rathauschef Schubert hatte sich dazu gesprächsbereit gezeigt – allerdings auch deutlich gemacht, dass gegebenenfalls für die Finanzierung andere Bereiche noch mehr sparen müssten. Details sind noch nicht bekannt.

Allerdings droht Potsdam laut Kämmerer Exner eine schwere Haushaltskrise. Er geht bis Ende 2027 von einem Defizit in Höhe von rund 200 Millionen Euro aus – damit wären Potsdams dreistellige Millionenrücklagen voraussichtlich aufgebraucht. Grund sind unter anderem die Millionenkosten für das Klinikum, die Tariferhöhung im öffentlichen Dienst, zusätzlich nötige Schulplätze und die geplanten Flüchtlingsunterkünfte. Deswegen plant die Stadtspitze ab 2024 ein Sparprogramm aufzulegen, das einige Monate vor der Kommunalwahl im nächsten Frühsommer beschlossen werden könnte. Hier geht es um 24 Millionen Euro, die pro Jahr weniger ausgegeben werden sollen als bisher geplant.

Es ist bedauerlich, dass die Stadt Potsdam dem Klimaschutz beim Bauen in Potsdam vorerst eine Absage erteilt.

Denny Ohnesorge, Vorstand des Landesbeirats Holz Berlin-Brandenburg

Verschoben werden soll laut Schubert eine von ihm favorisierte Initiative für mehr Holzbau in Potsdam, für die er eine eigene Abteilung im Rathaus gründen wollte. Doch an der Entscheidung gibt es auch Kritik. „Es ist bedauerlich, dass die Stadt Potsdam dem Klimaschutz beim Bauen in Potsdam vorerst eine Absage erteilt“, sagte der Vorstand des Landesbeirats Holz Berlin-Brandenburg, Denny Ohnesorge, den PNN. Die Zeit dränge. „Potsdam will klimaneutral werden und hat derzeit keine Alternativen beim Bauen CO2 einzusparen als mehr mit Holz zu bauen“, so Ohnesorge. Auch für den schnellen Neubau dringend nötiger Schulen und Unterkünfte für Geflüchtete sei die serielle und vorgefertigte Bauweise mit Holz eine Antwort.

Ohnesorge kündigte an, die Stadt Potsdam trotz der Zurückstellung des Projekts einer Holzbau-Task Force zu unterstützen. Dabei bezieht sich der Lobbyist der Holzindustrie auf das vom Landesumweltministerium geförderte Projekt HC2B für ein Holzbaucluster Berlin-Brandenburg, das im Januar starten soll. „Wir werden beginnen, das Memorandum für den Holzbau der Stadt umzusetzen und die Stadt sowie die Potsdamer Bauwirtschaft dabei unterstützen, mehr mit Holz und damit klimafreundlicher zu bauen“, sagte Ohnesorge.

Der Vorwurf: Greenwashing beim Haushalt

Kritik kam bereits Ende vergangener Woche – als das Paket der Kooperation noch nicht bekannt war – von mehreren Initiativen, die sich für mehr Klimaschutz in Potsdam einsetzen. Deren Sprecherin Anne Ulrich teilte mit, die Investitionen in den Klimaschutz seien unzureichend. Ferner werde vom Rathaus selbst der Betriebskostenzuschuss zum öffentlichen Nahverkehr in Höhe von 22 Millionen Euro als Klimaschutzmaßnahme gewertet, lautete die Kritik. Von sogenanntem Greenwashing war die Rede – also von Pseudo-Klimaschutz. Thomas Vogt von „Scientists for Future“ erklärte: „Potsdam ist groß darin, unverbindliche Ziele für den Klimaschutz zu formulieren und dann jahrelang Maßnahmen zu vertagen.“

In dem neuen Forderungspaket der Kooperation enthalten sind allerdings 3,5 Millionen Euro mehr für das besagte Schülerticket, aber auch für einen auf 200.000 Euro angewachsenen Klimaschutzfonds, bessere Radwege und mehr Grünpflege.

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