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124 Kilo gab’s noch nie!: Venezolanerin bricht paralympischen Rekord im Gewichtheben
Die 27-jährige Venezolanerin Clara Fuentes hat am Donnerstag einen neuen paralympischen Rekord im Gewichtheben aufgestellt – und ihre Goldmedaille verteidigt.
Stand:
Die Arena Porte de La Chapelle, in der dieser Tage bei den Paralympics in Paris Gewichte gestimmt werden, ist eine, die den Titel „Arena“ wahrlich verdient hat. Erst im Februar dieses Jahres fertiggestellt, bietet das ovalförmige Bauwerk ein Fassungsvermögen von 8000 Plätzen, das an diesem verregneten Donnerstagnachmittag jedoch nicht annähernd ausgereizt wird.
Beim paralympischen Gewichtheben werden die Athletinnen und Athleten daran gemessen, wie viel Gewicht sie auf der Bankdrückmaschine stemmen können. Auf internationalem Spitzenniveau bewegt sich das im Bereich des dreifachen ihres Körpergewichts. Die meisten Athletinnen und Athleten, die hier an den Start gehen, sind unterhalb des Rumpfes gelähmt, ihre ganze Kraft kommt aus dem Oberkörper. Im Teilnehmerfeld sind jedoch auch kleinwüchsige Gewichtheber.
Die Athletinnen, die an diesem Tag um 12 Uhr mittags im Finale stehen, sind Frauen, die bis zu 50 Kilo wiegen. Sie stemmen mit einem Startgewicht von 60 Kilo aufwärts und werden von nach vorne peitschender Popmusik in die Halle begleitet. Ihre größte Unterstützung bekommen sie am Donnerstag von einer auf mehreren Blöcken verteilten Grundschulklasse, die jedes gehobene Gewicht begeistert beklatschen.
Wenn eine Athletin die mit Gewichten beschwerte Metallstange empor gereckt hat, ist es an den drei Schiedsrichtern zu entscheiden, ob das Heben auch technisch sauber vollzogen wurde. Bewerten das mindestens zwei positiv, wird der Versuch gewertet. Wenn nicht, darf die Athletin Einspruch erheben und es wird nochmals geprüft.
Am Donnerstag geht die Chinesin Jinping Xiao als Mit-Favoritin in den Wettkampf – und dominiert das Feld nach ihrem ersten erfolgreichen Stemmen von 119 Kilo. Am Ende des zweiten Durchgangs meldet sich dann aber die Goldmedaillengewinnerin aus Tokio, Clara Fuentes, an. Die Venezolanerin bringt sich mit 120 Kilo in die Führungsposition.
Das Schöne an diesem Wettkampf ist, dass es dem Publikum mit dem wohl niedrigsten Durchschnittsalter der Paralympischen Spiele überhaupt herzlich egal ist, auf welcher Position sich die Sportlerin befindet, die da gerade unter der Stange liegt: Gekreischt wird immer.
Im dritten Durchgang erhöht sich die Anzahl der missglückten Versuche schlagartig, da nun alle irgendwie versuchen, einen Überraschungserfolg zu landen, der sie aufs Podium katapultiert. Das gelingt schließlich nur der Britin Olivia Broom, die nach einem Versuch, der ihr Bronze sichert, strahlend durch das Stadion läuft. Die Chinesin aber, die vor ihrem dritten Versuch noch einmal einen archaischen Schrei ausstößt, scheitert – und so hat die Venezolanerin Fuentes Gold schon sicher, als sie die Halle zum Wettkampffinale betritt.
Der Hallen-DJ spielt trotzdem dramatisches Donnergrollen ein, das die Sitze vibrieren lässt, denn Fuentes hat sich mit 124 Kilo eine Aufgabe gesetzt, die einen neuen Paralympics-Rekord bedeuten würde. Als sie diesen mit schmerzverzerrter Gesichtsmuskulatur tatsächlich knackt, flammt großer Jubel an. Laut dabei mit Kreischen und Applaus: Die Grundschulklasse.
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