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Bloß nicht wieder ein Handspiel. Marc Cucurella war mit dem FC Chelsea bei Bayern München zu Gast.

© dpa/Leonie Asendorpf

Bayern-Fans verzeihen nicht: Die Pfiffe gegen Marc Cucurella sind lächerlich

Bei der EM unterlief dem Spanier Marc Cucurella ein ungeahndetes Handspiel, die deutsche Mannschaft schied aus. Dass er in München 15 Monate später ausgepfiffen wird, ist unwürdig.

Kit Holden
Ein Kommentar von Kit Holden

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Die Ehre des deutschen Fußballs ist nach Mittwochabend also unbeschädigt. Nicht nur hat der selbst erklärte Underdog FC Bayern mit einem Sieg gegen den Weltpokalsieger Chelsea seinen Platz an der Weltspitze wiedererobert. Auch die Münchner Fans haben einen wichtigen Beitrag geleistet, indem sie Marc Cucurella bei jedem Ballkontakt konsequent auspfiffen.

Zur Erinnerung: Cucurella war derjenige, dem im EM-Viertelfinale 2024 gegen Deutschland ein Handspiel im Strafraum unterlaufen war. Auch nach Überprüfung durch den VAR wurde der Elfmeter aber nicht gegeben. Deutschland verlor das Spiel und das Sommermärchen, das das Land wieder vereinen, die Krise der Autobauer beenden und die AfD wieder unter die Fünf-Prozent-Hürde drücken sollte, war futsch.

Ein historischer Justizirrtum, wie sich ein paar Monate später herausstellte, als die Uefa offiziell eine Fehlentscheidung zugab. Und als wäre das nicht schlimm genug: Auch Cucurella verriet später, dass er die Entscheidung für fragwürdig hielt: „Wenn es gegen uns gewesen wäre, hätte ich protestiert und gesagt, dass es ein Elfmeter war“, sagte er im vergangenen Dezember in einem Interview mit „Marca“.

Ein deutscher Spieler hingegen hätte sich natürlich sofort die Kugel geschnappt, das Handspiel zugegeben und den eigenen Torwart auch noch aufgefordert, den Ball beim Strafstoß reinzulassen, damit es bloß nicht zu einer Ungerechtigkeit auf dem Fußballplatz käme. Und deswegen wird Cucurella seitdem immer ausgepfiffen, wenn er in einem deutschen Stadion auftritt.

Auch am Mittwoch kamen von der ersten Minute an die Pfiffe in der Münchner Arena. Besonders laut wurde es mitten in der ersten Halbzeit, als er den Ball scheinbar wieder aus Versehen mit der Hand spielte. Unverbesserlich, dieser Spanier! Er kann seine Finger einfach nicht vom Ball lassen! Da soll er lieber Handball spielen!

Oder vielleicht ist das alles doch nur ziemlich lächerlich: Eine unwürdige Reduzierung des Fanseins auf kleinliche Ressentiments und stumpfe Schikane. Spätestens, wenn ein Spieler derart angefeindet wird, dass er nur unter Begleitschutz die Arena verlässt, dann ist irgendeine eingebildete moralische Überlegenheit wohl längst schon verspielt.

Groll gehört seit jeher zum Fußball dazu, und jedes Drama braucht natürlich seine Schurken. Aber Cucurella hat keine Spiele illegal verschoben. Er hat keinen Gegenspieler verletzt und er hat auch keinen beleidigt. Im Gegenteil: Er ist im modernen Fußball einer der Guten. Einer, der das Spiel mit Freude spielt und auch abseits des Platzes durchaus sympathisch wirkt. Erst vergangene Woche brach er bei einem Podcast-Auftritt in Tränen aus, als er über die emotionalen Herausforderungen erzählte, Vater eines autistischen Sohns zu sein.

Anders formuliert: Marc Cucurella ist auch ein Mensch. Er hat die Pfiffe nicht verdient. Und wenn die Münchner Fans das nach 15 Monaten immer noch nicht kapiert haben, dann ist es doch eher schädlich für die Ehre des deutschen Fußballs.

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