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Bayern Münchens Flügelstürmer „einfach Weltklasse“: Luis Díaz zwischen Genie und Wahnsinn
Als Luis Díaz im Sommer für 70 Millionen Euro aus Liverpool zum FC Bayern München kam, gab es viele Zweifler. Nicht erst sein Zaubertor beim 1. FC Union Berlin hat sie verstummen lassen.
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Grätschen gehören eigentlich nicht zur Kernkompetenz von Luis Díaz. Der kolumbianische Flügelstürmer ist schnell, dribbelstark, kreativ – und vor allem torgefährlich. Deshalb überwies der FC Bayern München im vergangenen Sommer knapp 70 Millionen Euro nach Liverpool und nach dem ersten Saisondrittel deutet sich bereits an, dass dies gut angelegtes Geld war.
In den vergangenen Tagen waren es aber vor allem zwei Grätschen von Díaz, die eindrucksvoll zeigten, wie eng bei Díaz Genie und Wahnsinn beieinanderliegen.
Am Dienstag senste er Achraf Hakimi in der Champions League gegen Paris St. Germain von hinten brutal um und flog am Ende einer ersten Halbzeit, die er mit zwei Toren maßgeblich geprägt hatte, vom Platz. Am Samstag erweckte er die Münchner beim unangenehmen Auswärtsspiel beim 1. FC Union Berlin mit seinem Treffer zum 1:1, das er mit einer Grätsche atemberaubend einleitete. Am Ende riss zwar die Siegesserie, doch durch das 2:2 blieben die Münchner ungeschlagen.
„Einfach Weltklasse“, sagte Unions Trainer Steffen Baumgart anerkennend. Auch sein Münchner Kollege Vincent Kompany war beeindruckt. „Ich habe den gegnerischen Trainer beobachtet in dem Moment“, sagte der Belgier. „Ich kann genauso viel für dieses Tor wie er.“ Soll heißen: Solch ein Geniestreich entzieht sich jeder Taktik und Vorbereitung. Entweder ein Spieler hat solche Aktionen im Repertoire – oder nicht.
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Aussagekräftiger als alle Worte waren aber die Blicke der Spieler auf dem Feld, insbesondere jener von Josip Stanisic. Wenige Sekunden, bevor der Ball rechts oben im Berliner Tor einschlug, sank der Außenverteidiger fast schon verzweifelt zu Boden und warf beide Hände an den Kopf. Ein Doppelpass mit Díaz war ihm deutlich zu lang geraten, die Chance auf den Ausgleich schien vergeben.
Dachte Stanisic und dachte wohl auch Unions Janik Haberer. Nur Díaz sah das anders. Mit einer Grätsche rettete er den Ball vor der Torauslinie. „Habi stellt ihn und da sind zehn Zentimeter Platz“, sagte Baumgart. Doch die reichten dem Kolumbianer. Noch am Boden liegend drehte sich Díaz, spitzelte den Ball an seinem Gegenspieler vorbei, sprang auf und schoss aus allerspitzestem Winkel über den Kopf von Torwart Frederik Rönnow in die lange Ecke. Alles in einer flüssigen Bewegung.

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Stanisic schlug erneut die Hände über dem Kopf zusammen, dieses Mal ungläubig statt verzweifelt. Die Statistik wies für den Treffer einen Expected-Goals-Wert von 0,03 auf. Díaz mache schon die gesamte Saison besondere Dinge, sagte Harry Kane anschließend. „Aber das war wahrscheinlich sein bestes Tor.“ Dass der Kolumbianer kurz nach seinem Treffer auf Vorlage des Engländers eine hochkarätige Chance freistehend verstolperte, verblasste hinter diesem Kunstschuss.
Als die Münchner Díaz im Sommer vom FC Liverpool verpflichtet haben, hatte es durchaus Zweifel gegeben. Es war kein Geheimnis, dass Florian Wirtz das Hauptziel der bayerischen Transferbemühungen gewesen war. Díaz war nie die 1a-Lösung und seine Statistiken waren in den vergangenen Jahren gut, aber nicht überragend gewesen. 70 Millionen Euro für einen 28-Jährigen – kann das ein gutes Geschäft sein?

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Drei Monate später ist von Zweifeln nichts mehr zu hören. Wettbewerbsübergreifend war Díaz in 17 Spielen an 16 Toren beteiligt, elf Treffer hat er selbst erzielt. Doch es sind nicht nur die nackten Zahlen, die überzeugen. Es ist auch sein Einsatz und eine Körpersprache, die ihn deutlich von seinen Vorgängern Kingsley Coman und Leroy Sané unterscheidet.
Dass die Münchner viele Gegner mit ihrem hohen Pressing nahezu ersticken, liegt auch an Díaz. Der Kolumbianer ist gegen den Ball sehr fleißig, läuft die gegnerischen Verteidiger immer wieder an, ist sich nicht zu schade für Zweikämpfe. Das war – im Guten wie im Schlechten – in Paris eindrücklich zu sehen. Vor dem 2:0 eroberte er den Ball von Marquinhos im Alleingang und vollendete trocken. Wenig später übertrieb er es und grätschte Hakimi an der Mittellinie um. Genie und Wahnsinn eben.
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