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Den Sieg vor Augen muss Alexander Zverev nun doch die Koffer packen.

© Reuters/Edgar Su

Bitteres Aus nach klarer Führung gegen Medwedew: Alexander Zverev verpasst Finale der Australian Open

Der Deutsche führt mit 2:0-Sätzen und sieht wie der sichere Sieger aus. Auch, weil sein Gegner andeutet, nicht mehr weitermachen zu können. Doch dann gibt es die ganz große Wende in der Rod-Laver-Arena.

Von Lars Reinefeld, dpa

Durch eine der bittersten Niederlagen seiner Karriere hat Alexander Zverev den Einzug ins Finale der Australian Open knapp verpasst. Der Tennis-Olympiasieger verlor am Freitag in Melbourne im Halbfinale gegen seinen Erzrivalen Daniil Medwedew aus Russland mit 7:5, 6:3, 6:7 (4:7), 6:7 (5:7), 3:6 und gab dabei einen sicher geglaubten Sieg noch aus der Hand. Medwedew nutzte nach 4:18 Stunden seinen ersten Matchball und zerstörte damit Zverevs Traum vom ersten Grand-Slam-Titel.

Im Endspiel bekommt es Medwedew am Sonntag mit dem Italiener Jannik Sinner zu tun, der Titelverteidiger Novak Djokovic etwas überraschend mit 6:1, 6:2, 6:7 (6:8), 6:3 besiegte. Sinner beendete damit die Super-Serie des Serben in Melbourne. Es war die erste Niederlage des Weltranglisten-Ersten am Yarra River nach 2195 Tagen.

Letztmals hatte Djokovic sich 2018 im Achtelfinale dem Südkoreaner Chung Hyeon geschlagen geben müssen. Danach hatte er in Melbourne 33 Spiele in Serie gewonnen und 2019, 2020, 2021 und 2023 vier seiner zehn Titel in Melbourne geholt. 2022 fehlte er wegen seiner fehlenden Coronavirus-Impfung. Medwedew gegen Sinner ist das erste Australian-Open-Finale seit 2005, an dem weder Djokovic, Rafael Nadal noch Roger Federer teilnehmen.

Zverev stand bislang einmal in einem Grand-Slam-Finale. 2020 führte er im Endspiel der US Open gegen den Österreicher Dominic Thiem bereits mit 2:0-Sätzen, verlor dann aber doch noch die Partie. Der 26-Jährige wäre der dritte Deutsche im Männer-Finale der Australian Open gewesen. 1991 und 1996 stand Boris Becker im Endspiel von Melbourne und gewann beide Male. 2003 schaffte es überraschend Rainer Schüttler bis ins Finale, musste sich dort aber dem US-Amerikaner Andre Agassi klar in drei Sätzen geschlagen geben.

Medwedew wirkte Anfang des dritten Satzes platt

Gegen Medwedew hatte Zverev lange Zeit alles im Griff. Doch dann versagten ihm in den Tiebreaks jeweils die Nerven. Mit hängendem Kopf verließ Zverev die Rod Laver Arena, in der er am Sonntag so gerne um den Titel gespielt hätte.

„Ich bin erst im Halbfinale, habe das Turnier noch nicht gewonnen“, hatte Zverev vor der Partie gegen Medwedew gesagt. Und genau mit dieser Einstellung ging der gebürtige Hamburger auch in die Begegnung. Wie gegen Alcaraz startete Zverev stark und nahm Medwedew gleich zweimal den Aufschlag ab. Allerdings half der Russe mit insgesamt vier Doppelfehlern auch fleißig mit.

Zverev zog auf 4:1 davon, ließ dann aber etwas nach. So konnte Medwedew die beiden Breaks wieder aufholen. Doch Zverev hielt dagegen, spielte am Ende des ersten Satzes zwei Weltklasse-Stoppbälle am Netz und holte sich nach 58 Minuten den ersten Durchgang. Zverev legte den Finger ans Ohr und animierte die Zuschauer zu lautem Jubel.

Am Ende blieb Zverev nur die Gratulation für den ungeliebten Gegner.
Am Ende blieb Zverev nur die Gratulation für den ungeliebten Gegner.

© AFP/Anthony Wallace

Im vergangenen Jahr hatte Zverev fünf von sechs Duellen mit Medwedew verloren. Doch Zverev wollte dem keine große Bedeutung beimessen. „Er war letztes Jahr in Bestform, ich kam zurück aus einer Verletzung, mein Selbstvertrauen war nicht da“, sagte Zverev. „Und dann lässt man sich durch vieles rausbringen. Das hat er letztes Jahr gut genutzt. Ich hoffe, dass ich in diesem Jahr ein anderer Spieler bin.“

Und in der Tat blieb Zverev dieses Mal ruhig und konzentriert. Medwedew wirkte aber auch seltsam emotionslos, versuchte dieses Mal nicht, mit irgendwelchen Psychospielchen den Rhythmus des Deutschen zu brechen. Weil Zverev zudem die sehr langen Ballwechsel, eigentlich eine Spezialität von Medwedew, meist gewann, blieb der 26-Jährige auf Finalkurs. Zum 3:2 nahm er dem Weltranglisten-Dritten den Aufschlag ab, nach 1:43 Stunden holte Zverev sich Satz Nummer zwei.

Im dritten Durchgang steigerte sich Medwedew. Der US-Open-Champion von 2021 schlug nun besser auf und nutzte eine Schwächephase von Zverev im Tiebreak, um sich den dritten Satz zu holen. Auch im vierten Satz hatte Medwedew leichte Vorteile. Wieder musste die Entscheidung im Tiebreak fallen, wo Zverev bereits 5:4 führte, den Vorsprung aber nicht behaupten konnte. Im Entscheidungssatz leistete sich Zverev dann zu viele Fehler und kassierte zum 2:3 das entscheidende Break.

Sinner hatte zuvor gegen Djokovic eine ganz starke Leistung gezeigt und völlig verdient das erste Grand-Slam-Finale seiner Karriere erreicht. Djokovic war danach völlig bedient. „Das war eines meiner schlechtesten Grand-Slam-Matches, die ich je gespielt habe. Ich war schockiert von meinem Level, das ich gespielt habe“, sagte Djokovic frustriert. „Um ehrlich zu sein, habe ich das ganze Turnier nicht gut gespielt. Jannik hat mich heute komplett dominiert und völlig verdient gewonnen.“

Der Italiener, bislang der dominanteste Spieler im Turnier, war einfach nur stolz. „Im Finale zu stehen, ist großartig. Ich werde mit einem Lächeln auf den Platz gehen“, sagte der Davis-Cup-Champion des vergangenen Jahres.

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