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Gianni Infantino (Mi.) und seine Mitstreiter werden als „privilegierte“ Männer und Cheerleader Saudi-Arabiens bezeichnet.

© IMAGO/Imagn Images

Brandbrief an die Fifa nach Sponsoring: Wieder sind es die Fußballerinnen, die Haltung zeigen

Die Fifa lässt die staatliche Ölgesellschaft Saudi-Arabiens die WM 2027 sponsern und der Aufschrei ist groß. Dabei sind es Fußballerinnen, die den Mut zeigen, den Männer mal wieder vermissen lassen.

Charlotte Bruch
Ein Kommentar von Charlotte Bruch

Stand:

Der Sponsorenvertrag zwischen der Fifa und Saudi Aramco ist ein Stinkefinger an den Frauenfußball. Mit diesen deftigen Worten beginnt ein Schreiben von Montag an den Präsidenten des Weltfußballverbandes, Gianni Infantino, das durchaus als Brandbrief bezeichnet werden kann und von über 100 Profifußballerinnen aus 24 Nationen unterzeichnet worden ist. Anlass ist eine Sponsoringvereinbarung der Fifa mit Saudi Aramco, der staatlichen Ölgesellschaft Saudi-Arabiens, die im April bekanntgegeben wurde.

Dass die Fifa ihre sogenannten Prinzipien und die der Menschen, die den Fußball lieben und ausüben, schon lange über Bord geworfen hat, ist nichts Neues. Dass sie nun die Weltmeisterschaft 2027 in Brasilien von einem fossilen Großkonzern sponsern lässt, welcher die Rechte von Menschen und insbesondere LBGTQ+-Personen sowie Frauen systematisch unterdrückt und kriminalisiert, und ganz nebenbei noch einen erheblichen Anteil daran hat, dass die Zukunft des Fußballs aufgrund des Klimawandels auf dem Spiel steht, ist wahrscheinlich nicht mal die Spitze des Eisbergs.

Und wahrscheinlich wird der Brief, der unter anderem von der deutschen Nationalspielerin Paulina Krumbiegel und den Kapitäninnen der kanadischen und der italienischen Frauen-Nationalmannschaften unterzeichnet worden ist, nichts an dem Sponsoring ändern.

Dennoch ist die scharfe Wortwahl mal eine willkommene Abwechslung zu den austauschbaren Wischi-Waschi-Statements von Spielern und Verantwortlichen im Männerfußball. „Die Fifa könnte genauso gut Öl auf das Spielfeld gießen und es in Brand stecken“, heißt es unter anderem, der Weltfußballverband bekommt den Ausdruck „Cheerleader Saudi-Arabiens“ verpasst.

Als die WM etwa an Katar vergeben worden ist, eine Nation, die Menschenrechte ebenfalls mit Füßen tritt, war der Aufschrei überwiegend außerhalb des aktiven Profigeschäfts groß. Unvergessen ist auch die mühselige Diskussion um die „One Love“-Kapitänsbinde rund um die deutsche Männer-Nationalmannschaft.

Immer wieder wurde darauf beharrt, sich lediglich auf das Sportliche konzentrieren zu wollen. Worte, die einfach aus dem Mund kommen, wenn man nicht selbst betroffen ist. Letztlich kommt die Vereinbarung der Fifa auch deshalb wenig überraschend, weil die jüngsten Entscheidungen von einem 37-köpfigen Rat getroffen wurden, in dem gerade mal acht Frauen vertreten sind. 

Doch der Frauenfußball ist mittlerweile ein Ort, an dem jede Form von Liebe ihren Platz gefunden hat und sich auch LGBTQ+-Personen sicher fühlen können. Dank der klaren Haltung, die auch aktive Spielerinnen unaufhörlich an den Tag legen und damit Vorbild für viele sind, insbesondere im Profigeschäft der Männer.

Dieses Umfeld möchte die Fifa den Fußballerinnen nun nehmen. Doch ganz so einfach machen sie es Gianni Infantino und seinen Mitstreitern, die als „privilegierte Männer“ bezeichnet werden, nicht. Passender könnten die letzten Worte des Briefes daher kaum sein: „Wir haben von unserem Dachverband etwas viel Besseres verdient, als dass er sich mit diesem Albtraum-Sponsor verbündet.“

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