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„Dann hast du nicht viele Argumente“: Hertha BSC trennt sich von Trainer Cristian Fiél
Hertha BSC verliert das vierte Spiel in Folge und taumelt in der Zweiten Liga inzwischen Richtung Abstiegszone. Trainer Cristian Fiél muss gehen, Stefan Leitl soll für ihn übernehmen.
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Mangelnder Eifer war Cristian Fiél ganz sicher nicht vorzuwerfen. In der Schlussphase des Spiels gegen Fortuna Düsseldorf befand sich der Trainer von Hertha BSC fast durchgehend auf Ballhöhe. Seine Coaching-Zone hatte er längst hinter sich gelassen. Er orientierte sich Richtung gegnerischem Strafraum, wedelte mit den Armen, gab Zeichen und Anweisungen.
Fabian Reese schlug eine Flanke von der linken Seite in den Düsseldorfer Strafraum, Fortunas Torhüter Florian Kastenmeier pflückte den Ball fast mühelos aus der Luft. Die nächste Gelegenheit vertan. Fiél beugte sich nach vorne, enttäuscht und ernüchtert. Seine Mütze flog ihm vom Kopf und landete jenseits der Seitenlinie auf dem Spielfeld.
Als Herthas Trainer später am Abend im Düsseldorfer Stadion am Rhein zur Pressekonferenz erschien, trug er die Mütze wieder auf dem Kopf. Oder immer noch. Fiél bat um Verständnis dafür, dass er sie ausnahmsweise aufbehalten werde. „Was darunter los ist, will keiner sehen“, sagte er.
Vermutlich schossen ihm viele Fragen und Gedanken durch den Kopf. Wie zum Beispiel seine Mannschaft dieses Spiel gegen Fortuna Düsseldorf hatte verlieren können, nachdem sie den Aufstiegsanwärter fast eine Stunde lang dominiert hatte. Vor allem aber die Frage, welche Konsequenz die 1:2 (0:1)-Niederlage für seine berufliche Zukunft haben würde.
Es ist extrem ärgerlich, weil wir versuchen, dem Trainer was zurückzugeben. Wir sind einfach in der Bringschuld.
Herthas Torhüter Marius Gersbeck
Die vierte Niederlage in Folge, die vierte im fünften Spiel der Rückrunde war für Cristian Fiél die eine Niederlage zu viel. Am Sonntagabend vermeldete Hertha BSC das Ende der Zusammenarbeit. Ein Nachfolger für Fiél wurde noch nicht bekanntgegeben. Laut dem Fernsehsender Sky befindet sich der Klub in aussichtsreichen Verhandlungen mit Stefan Leitl, 47, der seinerseits nach der Hinrunde beim Ligakonkurrenten Hannover 96 entlassen worden war.
Diese Entwicklung hatte sich bereits am Samstagabend abgezeichnet. Fiél selbst sagte nach der Niederlage in Düsseldorf: „Wenn du vier von fünf Spielen in der Rückrunde verloren hast, hast du nicht viele Argumente. Alles andere wird man dann sehen.“
Es ist noch nicht lange her, dass sich die Verantwortlichen bei Hertha mit Fragen nach einem möglichen Aufstieg konfrontiert sahen. Inzwischen geht der Blick nur noch nach unten. Der Abstand auf die Abstiegszone ist auf fünf Punkte zusammengeschrumpft. „Es gehört dazu, dass du einen Blick auf die Tabelle hast und haben musst“, sagte Sportdirektor Benjamin Weber. „Wir müssen ganz schnell den Schalter umlegen und ganz schnell ins Punktesammeln kommen. Das ist die erste Pflicht.“
Bei den Spielern genoss Fiél trotz des gravierenden Abwärtstrends immer noch Vertrauen. „Wir sind voll zufrieden“, sagte Torhüter Marius Gersbeck. Gegen Düsseldorf habe man gesehen, „dass sehr viel funktioniert“.

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Tatsächlich deutete zur Pause nichts darauf hin, dass das Spiel noch eine solche Wende nehmen würde. Hertha hatte in der ersten Halbzeit einige Chancen, ließ zudem in der Defensive kaum etwas zu. „Wir hatten Torchancen, wir waren dominant“, sagte Fiél. „Es ist wieder mal das Ergebnis, das nicht in unsere Richtung geht.“
Dass die Partie durch einen Doppelschlag des eingewechselten Deznan Pejcinovic innerhalb von nur drei Minuten noch kippte, macht die Situation allerdings noch dramatischer. Im Moment scheint es fast, als hätte sich alles gegen den Klub verschworen. Was schiefgehen kann, geht ganz sicher schief.
Nach dem Abpfiff machte Fiél seine übliche Runde. Er klatschte seine Spieler ab, nahm sie sich noch einmal zur Brust. Sein Gang über den Rasen wirkte bereits wie ein Abschied. „Ich hoffe nicht“, sagte Gersbeck. „Es ist extrem ärgerlich, weil wir versuchen, dem Trainer was zurückzugeben. Wir sind einfach in der Bringschuld.“
Am Montag ist das nächste Training
Hertha kehrte nach dem Abendspiel erst im Laufe des Sonntags mit der Bahn nach Berlin zurück. Die nächste Trainingseinheit für die Berliner steht erst am Montag an. Allerdings wird die Mannschaft, anders als zunächst geplant, nicht öffentlich trainieren.
Fiél selbst hatte vor dem Spiel in Düsseldorf gesagt, dass die sportliche Führung einen Sieg erwarte. „Wenn du in der Situation bist, in der wir gerade sind, dann zählen nur Siege. Dann gibt’s auch nicht mehr viel zu besprechen.“
Gesprochen habe man viel, erklärte auch Sportdirektor Weber nach der Niederlage in Düsseldorf, aber am Ende sei Fußball leider ein Ergebnissport. Und die Ergebnisse sprechen eindeutig gegen den Trainer. Unter Fiél hat Hertha in dieser Saison jedes zweite Spiel verloren (11 von 22).
Bereits am Freitag steht für Hertha das nächste Spiel an. Gegen den 1. FC Nürnberg, den Klub also, von dem die Berliner Fiél erst im Sommer für eine Ablöse von rund einer halben Million Euro verpflichtet haben. „Jetzt fahren wir erstmal nach Hause und werden uns sicher zusammensetzen“, sagte Weber. „Seht’s mir nach, dass ich nicht heute ein paar Minuten nach dem Spiel direkt was sagen werde.“
Herthas Sportdirektor wurde noch gefragt, ob es vor dem Spiel schon eine Entscheidung gegeben habe, was im Falle einer Niederlage passieren werde. Webers Antwort: „Kein Kommentar.“
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