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Fragende Gesichter. Die deutschen Nationalspieler nach der Niederlage gegen Belgien.

© imago/Beautiful Sports/IMAGO/BEAUTIFUL SPORTS/Wunderl

Das Ende einer kurzen Siegesserie: Der Weg zurück ist für die Nationalmannschaft noch lang

Die Niederlage der deutschen Fußball-Nationalmannschaft weckt ungute Erinnerungen an die WM. Es reicht eben nicht, die meiste Zeit gut zu spielen.

Ein Kommentar von Stefan Hermanns

Ein Mittelstürmer – so heißt es – muss dahingehen, wo es weh tut. Und weil Niclas Füllkrug ein Mittelstürmer reinsten Wassers ist, tat er genau das. Nicht nur auf dem Feld, im Länderspiel der deutschen Fußball-Nationalmannschaft gegen Belgien, sondern auch danach, in der sogenannten Mixed-Zone des Kölner Stadions.

„Wir haben ein gutes Gesicht gezeigt“, sagte Füllkrug nach der 2:3-Niederlage gegen die Belgier. Und das nicht nur einmal, sondern gleich dreimal („Noch einmal…“, „Ich bleibe dabei…“) in nur drei Minuten.

Ja, das war mutig – weil man nach dem ungeschriebenen Gesetzbuch des deutschen Fußballs als Nationalspieler nach einer Niederlage der Nationalmannschaft gefälligst in Sack und Asche zu gehen hat. Aber Füllkrugs Analyse war eben, so paradox das klingen mag, auch nicht falsch.

Nach den ersten 30 Minuten, in denen sich die Nationalmannschaft übers Feld bewegt hatte wie der größte Trottel in einem Slapstickfilm, und nach einer offenen Operation des Bundestrainers Hansi Flick an seiner Aufstellung erlangten die Deutschen nicht nur schleichend die Kontrolle über das Geschehen, sie erspielten sich auch eine Dominanz, die nun wiederum die Belgier ins Taumeln brachte. Ein Unentschieden – nach 0:2- und 1:3-Rückstand – wäre tatsächlich möglich gewesen.

Wir haben ein gutes Gesicht gezeigt.

Niclas Füllkrug nach dem 2:3 gegen Belgien

Aber ein Fußballspiel dauert nun mal 90 Minuten und nicht 60. Und wenn das einer wissen sollte, dann sind es die Deutschen. Im Auftaktspiel der WM gegen Japan waren es schließlich auch nur ein paar Minuten der Unachtsamkeit, die letztlich das Vorrundenaus zur Folge hatten. Angesichts dieser Vorgeschichte hätte Füllkrug und seinen Kollegen am Dienstagabend ein bisschen mehr Zerknirschtheit gut zu Gesicht gestanden.

Auf den ersten Blick mag die Niederlage gegen Belgien keine Staatsaffäre sein. Immerhin dürfte der Bundestrainer ein paar wichtige Erkenntnisse gesammelt haben. Und überhaupt: Es war ja kein Pflichtspiel, sondern ein Testspiel!

Doch Joshua Kimmich, der neue Kapitän und emotionale Anführer der Nationalmannschaft, hat schon vor dem Neustart darauf hingewiesen, wie gefährlich eine solche Haltung sei. Gerade weil die Deutschen vor der Europameisterschaft im eigenen Land keine Pflichtspiele mehr zu bestreiten haben, dürften die Spiele für sie keine Test- oder Freundschaftsspiele sein.

„Das sind für mich wirklich Vorbereitungsspiele, die wir sehr, sehr ernst nehmen sollten und müssen“, hat Kimmich gesagt. Denn es gehe darum, „dass wir den Rhythmus finden. Dass wir in jedem Spiel Selbstvertrauen gewinnen – auch eine gewisse Kontinuität aufbauen“.

Unter anderem eine Kontinuität des Gewinnens – so wie es die Italiener vor der EM 2021 und die Argentinier vor der WM 2022 erlebt haben. Beide waren schon vor ihren Titelgewinnen eine kleine Ewigkeit ungeschlagen geblieben und mit einem Gefühl der Unbezwingbarkeit ins Turnier gegangen.

Dieses Gefühl fehlt den Deutschen jetzt schon seit geraumer Zeit. Ihre Siegesserie, die am Freitag mit einem 2:0 gegen Peru begonnen hatte, endete gleich bei der erstmöglichen Gelegenheit. Selbstverständlich ist für diese Nationalmannschaft noch lange nichts. Im Gegenteil. Nach drei missratenen Turnieren ist der Weg zurück länger als erhofft. Ein Sieg gegen Peru jedenfalls macht noch keinen Europameister.

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