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Weiter gemeinsam. Herthas Sportdirektor Benjamin Weber (links) stärkt Cheftrainer Cristian Fiél den Rücken.

© imago/Contrast/O.Behrendt

Das Grummeln wird lauter: Hertha BSC will der aufkommenden Krise trotzen

Nach der Niederlage beim Tabellenletzten Regensburg geht es für Hertha BSC gegen Kaiserslautern um Wiedergutmachung. Denn die Langmut des Anhangs ist offenbar endlich.

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Wer Fans von Hertha BSC ein Lachen entlocken will – wenn auch nur ein sarkastisches –, der muss lediglich erwähnen, wie gut die Mannschaft trainiert habe. Unter den Anhängern des Klubs ist das ein Running Gag, nachdem sie das in den vergangenen Jahren diverse Male von diversen Trainern gehört haben. Einen kausalen Zusammenhang zwischen den Leistungen im Training und dem Ertrag im Spiel gibt es aber offensichtlich nicht.

Im Gegenteil. Würde der Fußballweltverband Fifa eine Trainings-WM veranstalten, dann wäre Hertha vermutlich schon lange Rekordweltmeister. Im echten Leben aber spielen die Berliner inzwischen in der Zweiten Liga, und selbst dort sind sie im grausten Mittelmaß angekommen.

Cristian Fiél, der aktuelle Cheftrainer des Vereins, kann in der Regel auch nicht klagen über das, was ihm sein Team im Training anbietet. Seit dem Sommer arbeitet er für Hertha, und seitdem sind nach seiner Aussage nur sehr wenige Einheiten dabei gewesen, „wo ich sagen könnte: Heute wollten sie nicht“.

Der Satz „Die Mannschaft hat gut trainiert“ war von ihm in der Pressekonferenz vor dem Heimspiel am Samstag (20.30 Uhr) gegen den Tabellenvierten 1. FC Kaiserslautern trotzdem nicht zu hören. Vermutlich (siehe oben) aus gutem Grund. „Es geht um Samstag, 20.30 Uhr“, sagte Fiél, „und nicht um Dienstag, Mittwoch, Donnerstag im Training. Dafür gibt es keine Punkte.“

Das Trainerteam reißt sich den Arsch auf. Es ist an den Spielern, das ein Stück weit zurückzuzahlen.

Herthas Sportdirektor Benjamin Weber

Punkte braucht Hertha jetzt mehr denn je – auch wenn des Thema Aufstieg inzwischen keins mehr ist. Nach der Niederlage beim Tabellenletzten Jahn Regensburg am vergangenen Wochenende geht es zum einem um Wiedergutmachung und zum anderen darum, die Stimmung nicht gänzlich kippen zu lassen.

„Die Unterstützung, die wir von unseren Fans bekommen, ist nicht normal“, sagt Herthas Sportdirektor Benjamin Weber. Aber der Unmut wird lauter – gegen den Trainer, gegen die Mannschaft, gegen die grundsätzliche sportliche Ausrichtung des Klubs.

Angesichts des Grummelns im Umfeld sah sich Herthas Präsident Fabian Drescher in dieser Woche sogar bemüßigt, sich in einer Mail an die Mitglieder zu wenden. Er gab zu, dass der Klub gerade „eine sportlich und atmosphärisch sehr schwierige Phase“ durchmache, und rief die Fans zu Mäßigung in ihrer Kritik auf. „Hertha soll uns allen deutlich mehr Spaß machen als Energie rauben“, schrieb Drescher.

Unter den Fans, die in den vergangenen Jahren allem sportlichen Misserfolg zum Trotz erstaunliche Langmut gezeigt haben, macht sich inzwischen erkennbar Ernüchterung breit. Das schlägt sich nun auch erstmals im Publikumsinteresse nieder. Für die Partie gegen Kaiserslautern rechnet Hertha mit 45.000 Zuschauern. Es wäre seit dem Abstieg im Frühjahr 2023 das erste von dann sieben sogenannten Topspielen, bei dem die Berliner nicht die 50.000er-Marke übertreffen.

Das Zuschauerinteresse lässt nach

Die bisherige Minuskulisse an einem Samstagabend gab es am 30. März des vergangenen Jahres mit 51.981 Besuchern beim 3:3 gegen den 1. FC Nürnberg. Insgesamt liegt Herthas Topspiel-Schnitt bisher bei 62.500, in dieser Saison sogar bei 70.100 (zwei Spiele gegen Köln und Hamburg).

Durch die 0:2-Niederlage am Wochenende scheint die Enttäuschung der Anhängerschaft gewissermaßen eine andere Qualität bekommen zu haben. „In Regensburg haben wir versagt. Die Leistung war indiskutabel“, sagte Sportdirektor Weber Anfang der Woche in einer Medienrunde – und lenkte damit den Fokus vom Trainer auf die Mannschaft.

Fiél steht bei den Fans in der Kritik – bei Herthas Klubführung allerdings nicht zur Disposition. „Das Trainerteam reißt sich den Arsch auf. Es ist an den Spielern, das ein Stück weit zurückzuzahlen“, sagte Weber am Donnerstag. Der Verein habe sich für einen klaren Weg entschieden. „Insofern gibt es daran nichts zu diskutieren.“

Herthas Cheftrainer, der für das Spiel gegen Kaiserslautern sowohl über taktische als auch personelle Änderungen nachdenkt, lernt gerade die Schattenseiten seines Jobs kennen. Problematisch und belastend sei die öffentliche Kritik für ihn nur, „wenn die Kinder anfangen, sich Sorgen zu machen“. Sonst konzentriere er sich auf die Dinge, die er selbst beeinflussen könne.

Und trotzdem: „Es gab schon mal angenehmere Momente als Trainer“, sagt Christian Fiél. „Aber das gehört dazu.“

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