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Eine verschworene Einheit. Die Berliner verteidigen gemeinsam. Das ist die Basis des Erfolgs.

© dpa/Andreas Gora

„Das macht was mit der Mannschaft“: Hertha BSC und die neue Selbstverständlichkeit des Siegens

Gegen Braunschweig haben die Berliner Glück, dass sie nicht in Rückstand geraten. Ihr aktueller Erfolg aber ist keineswegs nur einer Laune des Schicksals geschuldet.

Stand:

Ein paar Wochen ist es jetzt her, dass Fabian Reese angekündigt hat, von nun an regelmäßig ein Update über die Erfolgsserie von Hertha BSC zu geben. Ohne darauf angesprochen zu werden, hat er seitdem in der Mixed Zone nach jedem Spiel seiner Mannschaft die neuen, aktualisierten Zahlen vorgetragen. „Vier Siege aus den letzten sechs Spielen“, sagte er dann. Oder: „Letzte acht Spiele, sechs Siege.“

Am Freitagabend aber, nach dem 1:0 des Berliner Fußball-Bundesligisten gegen Eintracht Braunschweig, geriet Reese ins Straucheln. „Sieben aus acht, oder?“, fragte er die Journalisten. Die Länderspielpause hatte Herthas Kapitän aus dem Rhythmus gebracht.

So ähnlich war es zuvor auf dem Platz auch Herthas Mannschaft ergangen. Vor der Länderspielpause, so sagte es Sportdirektor Benjamin Weber, „waren wir einfach in einem guten Rhythmus, aber heute sind wir nicht so gut reingekommen“.

Hertha hatte in der ersten Hälfte arg zu kämpfen. Und das gegen einen Gegner, der in der Zweiten Liga gegen den Abstieg spielt, der vor der Partie im Olympiastadion dreimal nacheinander verloren und in den jüngsten sieben Spielen sechs Niederlagen kassiert hatte. Der also im Moment das genaue Gegenteil von Hertha BSC ist.

Wenn du Spiele gewinnst, steigt dein Selbstvertrauen. Dann hast du vielleicht auch mal dieses Quäntchen Glück.

Herthas Sportdirektor Benjamin Weber

Bei den Berlinern stimmte vor der Pause einiges nicht: die Positionierung und die Staffelung der Mannschaft zum Beispiel. Mitte der ersten Hälfte lief Michael Cuisance die Braunschweiger Innenverteidiger hoch an. Er flitzte hin und her wie der Hase im ungleichen Wettkampf mit den Igeln. Die Braunschweiger jedenfalls hatten keine Mühe, den Franzosen ins Leere laufen zu lassen und einen eigenen Angriff aufzubauen.

Cuisance drehte sich um – aber da war niemand. Er breitete seine Arme aus, als Zeichen seines Protestes. Sämtliche Kollegen standen hinter der Mittellinie. So kann Pressing nicht funktionieren.

Auch im Spiel nach vorne haperte es, weil Hertha laut der Analyse von Trainer Stefan Leitl „kein Personal in den Halbräumen“ hatte. „Das war das Problem, warum wir nicht durchgekommen sind.“

Zur Pause behob Herthas Trainer die Mängel. Er zog gewissermaßen eine Zwischendecke ein, indem er die beiden Sechser Diego Demme und Paul Seguin, die zuvor zu sehr auf einer Linie gespielt hatten, besser positionierte. „Wir haben im Mittelfeld zwei Ebenen geschaffen“, sagte er. Dadurch, so erklärte es Fabian Reese, habe man mit dem Ball „die Achterräume besser gefunden und von da aus dann in die Räume gespielt, die torgefährlich werden“.

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Pflichtspiele ist Hertha jetzt schon ohne Gegentor

Exemplarisch zu beobachten war das vor dem einzigen Tor des Abends nur zehn Minuten nach Beginn der zweiten Halbzeit. Mit zwei linienbrechenden Pässen landete der Ball aus der eigenen Defensive bei Reese im Angriffsdrittel. Seine Flanke köpfte Marten Winkler zum 1:0 ein.

Insgesamt bescheinigte Trainer Leitl seiner Mannschaft in der zweiten Hälfte deutlich mehr Präsenz und eine fantastische Intensität. Sie sei geduldig geblieben, habe das Tor gemacht und zum Schluss noch mal alles wegverteidigt. „Der Teamspirit war da“, sagte er, „und momentan verdienst du dir dann einfach über dieses Engagement, über diesen Spirit die Siege.“

Inzwischen sind es fünf nacheinander – und fünf ohne Gegentor. „Das ist das Ziel“, sagte Torhüter Tjark Ernst. „Und aktuell machen wir es einfach extrem gut als gesamtes Team: wie wir gegen den Ball arbeiten und dann nach vorne spielen. Das sieht auch von hinten schon gut aus.“

Hertha behält auch in kritischen Momenten die Kontrolle

Dass Hertha nach einer eher durchwachsenen ersten Hälfte nicht zurücklag und das Spiel am Ende gewann, konnte man angesichts einiger guter Gelegenheiten der Braunschweiger als Laune des Schicksals und glückliche Fügung deuten. Man kann es aber auch als Ausdruck einer neuen Stärke verstehen.

„Das ist, glaube ich, die neue Qualität“, sagte Sportdirektor Benjamin Weber. „Wenn du Spiele gewinnst, steigt dein Selbstvertrauen, und dann hast du vielleicht auch mal dieses Quäntchen Glück. Natürlich macht das was mit einer Mannschaft.“

Es stärkt die Überzeugung und das Selbstvertrauen. Hertha wird nicht panisch, wenn die Dinge nicht auf Anhieb funktionieren. Die Mannschaft verliert nicht mehr vorschnell die Kontrolle wie noch zu Saisonbeginn. Sie bleibt bei sich, auch in kritischen Momenten.

„Es spricht für uns, dass wir in so einem Spiel mit 0:0 in die Halbzeit gehen“, sagte Torhüter Ernst. „Wir haben dann einfach das Mindset, dass wir wissen: Solange es 0:0 steht, haben wir genug Qualität, um ein Tor zu schießen.“

Wie schon im letzten Spiel vor der Länderspielpause, beim 1:0 gegen den 1. FC Kaiserslautern, so reichte Hertha auch im ersten Spiel nach der Länderspielpause dieses eine Tor zum Sieg. „Man kann nicht immer furios spielen, aber wichtig ist, dass man kontinuierlich punktet“, sagte Fabian Reese. „Das gelingt uns gerade.“

Am Freitagabend gegen Braunschweig zum achten Mal in den vergangenen zehn Spielen.

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