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Einschwören auf den Abstiegskampf. Für Hertha BSC steht in Braunschweig eine Menge auf dem Spiel.

© imago/Matthias Koch/IMAGO/Sebastian Räppold/Matthias Koch

Das Psychospiel: Für Hertha BSC geht es in Braunschweig um extrem viel

Ein Abstieg in die Dritte Liga hätte für Hertha existenzielle Folgen. Das Duell mit dem Tabellen-16. Eintracht Braunschweig ist daher eines der wichtigsten Spiele der jüngeren Vereinsgeschichte.

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Fabian Reese ist in Kiel geboren und aufgewachsen. Nach Bad Segeberg, dem Schauplatz der Karl-May-Festspiele, sind es von dort nur rund 50 Kilometer. Vielleicht kennt Reese sich deshalb so gut aus mit Winnetou. Anfang der Woche, beim Training von Hertha BSC, kommentierte der Stürmer des Berliner Fußball-Zweitligisten die Bemühungen seiner Kollegen mit dem Spruch: „Wie Old Shatterhand: Jeder Schuss ein Treffer!“

Im Training funktioniert also, was im Spiel zuletzt nicht funktioniert hat. Bei der 1:2-Niederlage gegen Schalke 04 vor einer Woche war bei Hertha – fast – jeder Schuss ein Rohrkrepierer. Die Berliner ließen reihenweise beste Chancen ungenutzt, weswegen sich der Klub vor dem 26. Spieltag der Zweiten Liga nun in einer äußerst misslichen Lage wiederfindet.

An diesem Sonntag (13.30 Uhr, Sky) tritt Hertha bei Eintracht Braunschweig an. Es ist – nach den Samstagsspielen in der Zweiten Liga – das Duell des Vierzehnten gegen den Sechzehnten. Und weil die Braunschweiger nur drei Punkte Rückstand haben, könnten sie mit einem Sieg im heimischen Stadion zu Hertha aufschließen – und die Berliner endgültig an den Rand des Abgrunds zerren.

Die Partie an der Hamburger Straße in Braunschweig ist für Hertha daher eines der wichtigsten Spiele der jüngeren Vereinsgeschichte. Was nicht heißt, dass es im Falle einer Niederlage in den Wochen danach nicht noch deutlich wichtigere Spiele geben könnte. Ein Abstieg in die Dritte Liga hätte für Hertha BSC geradezu existenzielle Folgen.

Angesichts dieser Ausgangslage ist die Begegnung am Sonntag auch ein Psychospiel. Das weltberühmte Momentum trägt zurzeit eher die Braunschweiger Vereinsfarben Blau und Gelb statt Blau-Weiß. In der sogenannten Formtabelle liegt Hertha mit nur einem Punkt aus den jüngsten fünf Spielen auf dem letzten Platz. Die Braunschweiger hingegen haben sich in der Rückrunde deutlich stabilisiert. In der Formtabelle sind sie derzeit mit nur einer Niederlage und acht Punkten immerhin Achter.

Wir haben nicht den Druck, dieses Spiel gewinnen zu müssen.

Herthas Trainer Stefan Leitl vor dem Spiel bei Eintracht Braunschweig

Das Ziel der Eintracht wird es am Sonntag sein, sich die Verunsicherung der Berliner möglichst zunutze zu machen. „Ich weiß, wie schwierig es ist, wenn du in so einem Strudel, in so einem Negativlauf drin bist“, sagt Braunschweigs Trainer Daniel Scherning.

Bei Arminia Bielefeld hat er das selbst schon einmal erlebt. In der Saison 2022/23 übernahm Scherning den Bundesligaabsteiger nach vier Spieltagen. Ein halbes Jahr später wurde er wieder entlassen, weil die Mannschaft immer noch im Tabellenkeller feststeckte. Am Saisonende stieg Bielefeld erneut ab.

Herthas Trainer Stefan Leitl hat in dieser Woche im Training viel von dem zu simulieren versucht, worauf es im Abstiegskampf ankommen wird: Intensität, Zweikämpfe und vor allem Torabschlüsse. Der Druck aber, der in einer solchen Situation auf den Spielern lastet, der lässt sich nicht simulieren.

Der Druck lässt sich nicht simulieren

„Ich glaube schon, dass sie viel Druck haben“, sagt Braunschweigs Trainer Scherning über die Berliner. Herthas Trainer Leitl entgegnet: „Ich glaube, dass der Druck eher auf Braunschweiger Seite liegt.“

Aus seiner Sicht wird es am Sonntag so sein, dass Hertha kann, während Braunschweig muss. „Wir sind in der Situation, dass wir drei Punkte vor sind und dass wir gewarnt sind“, sagt er. „Aber wir haben nicht den Druck, dieses Spiel gewinnen zu müssen.“

Das ist eher bei den Braunschweigern so, die sich vor dem Spiel gegen Hertha auch schon entsprechend geäußert haben. Nach Leitls Empfinden haben sie sich diesen Druck sogar selbst aufgebaut.

„Mit den Aussagen, dass sie das Heimspiel gewinnen wollen, haben sie auch eine Verpflichtung, vielleicht ein bisschen offener zu sein und uns mehr unter Druck zu setzen“, mutmaßt Herthas Trainer. „Das gibt uns eventuell Räume.“

Trotzdem wird Leitl seine Mannschaft in Braunschweig nicht mauern und allein auf Konter lauern lassen. „Wir sollten schon bei uns bleiben und versuchen, uns nicht komplett zu verändern“, sagt er.

Aktiv sein und nicht nur reagieren, die Intensität der Zweiten Liga annehmen, an die eigenen Stärken glauben. Wenn das gelinge, „dann bin ich überzeugt, dass wir in Braunschweig was holen werden“, sagt Stefan Leitl. „Dann werden es am Ende auch drei Punkte sein.“

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