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Dawid Kownacki und die große Freiheit. Der Düsseldorfer traf nach einem Freistoß nahezu unbedränft zur Führung für sein Team.

© imago/Eibner/IMAGO/Eibner-Pressefoto / Claudius Rauch

Das sollte kein Standard werden: Hertha BSC und die Probleme bei Ecken und Freistößen

Vier der acht Gegentore von Hertha BSC in der Liga resultierten aus Standards des Gegners. Das ist ein bedenklicher Wert und erfordert effektive Gegenmaßnahmen.

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Cristian Fiél ahnte bereits, worauf die Frage abzielte. „Mal ehrlich, Sie wollen jetzt bestimmt hören, nur Standards!“, antwortete der Trainer von Hertha BSC, nachdem er vor dem Auswärtsspiel seiner Mannschaft beim 1. FC Nürnberg (Samstag 13 Uhr, live bei Sky) zu den inhaltlichen Schwerpunkten der Trainingswoche befragt worden war.

Das Thema Standards beschäftigt Hertha schon länger. Richtig drängend aber ist es am vergangenen Wochenende geworden, als die Berliner in der zweiten Fußball-Bundesliga ihr Heimspiel gegen Fortuna Düsseldorf 0:2 verloren – durch zwei Tore im Anschluss an Freistöße für die Düsseldorfer.

Es war „das alte Problem, das wir jetzt schon ein paar Mal hatten“, sagte Herthas Mittelfeldspieler Diego Demme nach dem Spiel.

Tatsächlich ist dieses Problem bereits in der Vorbereitung erstmals aufgetreten: Selbst im Testspiel gegen den SV Babelsberg 03, einen Regionalligisten, offenbarte Hertha bei der Verteidigung von Standards deutliche Schwächen. Und in der Generalprobe vor dem Ligastart, gegen Cardiff City, kassierte das Team kurz vor Schluss im Anschluss an eine Ecke den Ausgleich zum 1:1-Endstand.

Im Ligaalltag resultierten bereits vier der acht Gegentore der Berliner aus Ecken oder Freistößen der Gegner. Das ist ein bedenklicher Wert. „Es darf nicht passieren“, sagt Trainer Fiél. „Es ist aber passiert, und es sollte uns nicht mehr passieren.“ Deshalb habe man sich des Themas unter der Woche noch einmal im Training angenommen.

Man erkennt immer wieder Dinge, die wir auch in den Spielen davor schon nicht gut gemacht haben.

Herthas Trainer Cristian Fiél über die Probleme seiner Mannschaft bei Standards.

Wenn man sich die beiden Treffer der Düsseldorfer vom vergangenen Wochenende genauer anschaut, dann unterscheiden sie sich in ihrer Entstehung doch sehr deutlich. Beim 1:0 kommt Fortunas Mittelstürmer Dawid Kownacki wenige Meter vor dem Tor frei zum Abschluss, nachdem er geschickt, aber auch gänzlich unbehelligt in den freien Raum gesprintet ist.

Das 2:0 entspringt zwar ebenfalls einem Freistoß. In diesem Fall aber liegt das Problem eher darin, dass Hertha den Ball gleich zweimal nicht aus der Gefahrenzone klären kann.

So ähnlich war es auch am Spieltag zuvor, als der Ball im Anschluss an eine Ecke durch Herthas Strafraum flipperte, ehe Philipp Klement mit einem Schuss aus halbrechter Position das zwischenzeitliche 1:1 für den 1. FC Kaiserslautern erzielte. Der Treffer des SC Paderborn am ersten Spieltag hingegen glich in seiner Entstehung dem 1:0 der Düsseldorfer vor einer Woche: Auch da kam der Torschütze, in diesem Fall Felix Götze, aus der Tiefe des Raumes angelaufen und auf diese Weise völlig frei zum Kopfball.

Marton Dardai verlängert bis 2028

„Man erkennt immer wieder Dinge, die wir auch in den Spielen davor schon nicht gut gemacht haben“, sagt Trainer Fiél. Es sind vor allem individuelle Aussetzer, kurze Momente der Unachtsamkeit, die gravierende Folgen haben können: die mangelnde Bereitschaft, das eigene Tor mit aller Macht zu verteidigen, seinen Gegenspieler zu stellen, Laufwege zu blockieren oder zumindest den zugeteilten Raum zu kontrollieren.

All das fehlte vor allem vor dem 1:0 der Düsseldorfer. „Wir stellen einen Block und dann lassen wir den Torschützen durch den Block durchlaufen“, sagt Fiél. Im gefährlichsten Raum, zentral vor dem Tor, sei der Abstand so groß gewesen, dass Kownacki den Ball letztlich unbedrängt einschießen konnte. „Das hat nichts mit Struktur zu tun“, findet Herthas Trainer.

In entscheidenden Momenten fehlt den Berliner oft die nötige Präsenz. Möglich, dass dies auch mit dem Weggang von Marc Kempf zusammenhängt, zu dessen Qualitäten eine ausgeprägte Kopfballstärke gehörte. Sein Nachfolger Marton Dardai, der am Freitag einen neuen Vertrag bis 2028 unterschrieben hat, weist in dieser Disziplin erkennbare Schwächen auf. Aber auch Torhüter Tjark Ernst könnte bei Flanken an oder in den Fünfmeterraum durchaus offensiver zu Werke gehen. Stattdessen bleibt er meistens auf der Linie.

„Wir werden weiter daran arbeiten und irgendwann die richtige Lösung finden“, sagt Mittelfeldspieler Diego Demme über das leidige Thema Standards. Die nächste Bewährungsprobe bietet sich an diesem Samstag, wenn die Berliner beim punktgleichen 1. FC Nürnberg antreten. Acht Tore hat die Mannschaft des früheren Weltklassestürmers Miroslav Klose an den ersten fünf Spieltagen erzielt, genauso viele wie Hertha BSC. Ein Standardtor war – abgesehen von einem verwandelten Elfmeter – noch nicht dabei.

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