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Ausverkauft, wenn auch anders. Beim Derby in der Bundesliga-Hinrunde durfte das Stadion an der Alten Försterei schon einmal komplett gefüllt werden. Damals verzichteten die Union-Ultras aber noch auf einen Besuch. Das wird am Freitag gegen Köln anders sein.

© imago images/Matthias Koch

Vor 22.012 Zuschauern gegen den 1. FC Köln: Der 1. FC Union will die Wucht des vollen Stadions nutzen

Gerade in der aktuellen Phase können die Berliner die Wucht der Zuschauer gebrauchen. Zum ersten Mal seit 761 Tagen ist das Stadion voll und die Ultras dabei.

Vor 761 Tagen war die Welt noch eine andere. Das wird schon daran überdeutlich, dass der größte Aufreger an diesem ersten Märzwochenende des Jahres 2020 ein paar beleidigende Plakate gegen einen Milliardär aus dem südwestdeutschen Dörfchen Hoffenheim sind. Im Stadion An der Alten Försterei wird das Spiel für eine gute Viertelstunde unterbrochen und es steht sogar kurz vor dem Abbruch. Am Ende sehen 22 012 Zuschauer ein 2:2 gegen den VfL Wolfsburg.

Wenig später breitet sich das Coronavirus hierzulande aus, die Heimstätte des 1. FC Union bleibt zwei Jahre und einen Monat meist leer oder nur spärlich gefüllt. Beim Derby gegen Hertha BSC im vergangenen Herbst ist das Stadion zwar schon einmal voll, doch wegen der 2G+-Regel boykottieren die Ultras das Spiel. An diesem Freitag (20.30 Uhr, live bei Dazn) endet das lange Warten der Berliner Anhänger, gegen den 1. FC Köln freuen sie sich auf ein echtes Heimspiel, mit vollem Stadion und organisierter Fanszene.

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„Ich hoffe, dass es sich wieder anfühlt wie früher“, sagt Unions Trainer Urs Fischer. In den vergangenen zwei Jahren habe die Mannschaft vieles erlebt – Geisterspiele, minimale Auslastung, halbvolle Stadion, dazwischen das Derby vor vollem Haus – deshalb brauche es auch ein bisschen Zeit, um sich wieder auf die alte Normalität einzustellen. „Wir haben uns aufgrund der Umstände an die anderen Bedingungen gewöhnt, aber wir freuen uns wieder auf volle Stadien“, sagt der Schweizer.

Da in Berlin die meisten pandemiebedingten Einschränkungen am Donnerstag ausgelaufen sind, „entfallen sowohl der Nachweis des Gesundheitsstatus als auch die Pflicht zum Tragen einer Maske“, teilte Union unter der Woche mit. Das gilt für die Stadionbesucher auch in Innenräumen. Analog zur Perspektive im Einzelhandel fühlen sich damit aufgrund der extrem hohen Infektionszahlen zwar bei Weitem nicht alle Fans wohl, doch bei den meisten überwiegt die Euphorie über einen weiteren Schritt zurück zu einer Normalität. „Die Menschen freuen sich drauf, und das ist ein gutes Zeichen“, sagt Unions Pressesprecher Christian Arbeit und spricht von einem merkbaren Anstieg der Ticketnachfrage in den vergangenen Wochen.

Unions Trainer Urs Fischer (links) und der frühere Union-Profi Steffen Baumgart schätzen sich schon seit Jahren.
Unions Trainer Urs Fischer (links) und der frühere Union-Profi Steffen Baumgart schätzen sich schon seit Jahren.

© Kay Nietfeld/dpa

Sportlich kommt den Berlinern die Unterstützung sehr gelegen. Zwar waren die Fans auch bei den vergangenen Heimspielen laut, doch ein vollbesetztes Stadion An der Alten Försterei mit Ultras hat noch mal eine andere Wucht, die Union aus der klaren Ergebnisdelle heraushelfen soll. Zwischen den spielfreien Wochenenden Ende Januar und Ende März hat die Mannschaft in sieben Ligaspielen nur einmal gewonnen, blieb aber fünf Mal ohne eigenen Treffer. „Das Thema Tore schießen haben wir schon einige Male angesprochen“, sagt Fischer. Positiv sei zumindest, dass sich die Mannschaft in den vergangenen Spielen genügend Chancen herausgespielt hätte. „Das ist die Voraussetzung, um Tore zu erzielen, und ich hoffe, dass uns das Publikum hilft, diese Barriere zu überwinden.“

Immerhin kommt mit den Kölnern so etwas wie der Lieblingsgegner nach Köpenick. Unter Fischer ist Union gegen den FC noch ungeschlagen, in sieben Spielen gab es fünf Siege. Darunter war mit dem 2:0 im Januar 2019 sogar ein absoluter Meilenstein auf dem Weg in die Bundesliga. Damals erzielte der Kölsche Jung Marcel Hartel nach nur 25 Sekunden mit einem atemberaubenden Fallrückzieher das 1:0 für Union, der Treffer wurde später zum „Tor des Jahres“ gewählt. Im Hinspiel der aktuellen Saison musste sich Union durch einen späten Treffer von Anthony Modeste mit einem Punkt begnügen.

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Trotz dieser positiven Bilanz hat Fischer vor den Kölnern großen Respekt. „Sie sind wirklich gut unterwegs“, sagt der Schweizer und lobt trotz überschaubarer Torausbeute in den vergangenen Spielen vor allem die Offensive. Mit dem früheren Unioner Sebastian Andersson und Modeste, dem bereits 15 Tore gelungen sind, habe Köln zwei klare Zielspieler und eine sehr hohe Präsenz im Strafraum. „Das musst du im Auge haben“, sagt Fischer. Mit 40 Punkten hat die Mannschaft von Steffen Baumgart, zu dem Unions Trainer eine „sehr kollegiale Verbindung“ pflegt, eine wichtige Wegmarke bereits erreicht, an der die Berliner in den vergangenen drei Spielen gescheitert sind.

Personell sieht es bei Union weitgehend gut aus. Mit dem erkrankten Anthony Ujah und Stammtorwart Andreas Luthe (muskuläre Probleme) fallen nur zwei Profis aus. Die fünf Nationalspieler sind gesund von ihren Länderspielreisen zurückgekehrt: Frederik Rönnow, Genki Haraguchi und Kapitän Christopher Trimmel dürften gegen Köln in der Startelf stehen.

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