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Da strahlen sie in Dortmund. Keine 30 Millionen Euro Ablöse für ein neues Top-Talent.

© dpa

Jude Bellingham wechselt zu Borussia Dortmund: Der ganz normale Wahnsinn des Profifußballs

Fast 30 Millionen Euro gibt der BVB für einen 17-Jährigen aus. Nach einem Umdenken des Profifußballs in Krisenzeiten klingt das nicht. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Tilman Schröter

Borussia Dortmund hat am Montag die Verpflichtung des britischen Top-Talents Jude Bellingham bestätigt, ihn zieht es vom Zweitligisten Birmingham City ins Ruhrgebiet. Es ist ein auf den ersten Blick völlig normaler Vorgang im Profifußball. Wer will, kann darin allerdings auch den ganz normalen Wahnsinn entdecken.

Denn während der Erzrivale FC Schalke 04 eine Gehaltsobergrenze für seine Profis einführen will, leistet sich der BVB für kolportierte 26,5 Millionen Euro einen 17-Jährigen, der noch nicht ein einziges Erstliga-Spiel absolviert hat. Und das in Corona-Zeiten, in denen Vereine an die Insolvenz-Grenze kommen und Spieler auf Gehälter verzichten.

[Eine Stadt, zwei Bundesligisten: Alle Entwicklungen rund um den 1. FC Union und Hertha BSC finden Sie bei uns in jeweils eigenen Newsblogs.]

Wie viel Geld ist ein Fußballspieler wert? Darüber wurde zuletzt sogar beim FC Bayern diskutiert. Thomas Müller traute sich, eine hohe Millionenablösesumme für Leverkusens Jungstar Kai Havertz nicht nur in Frage zu stellen, sondern dies mit der Corona-Krise zu verbinden, die auch vor dem Fußball nicht halt gemacht hat. Nach dem Motto: Wie kann das eine mit dem anderen zusammenpassen? Müller wurde von seinem Klub zurückgepfiffen, das Thema bleibt aber relevant.

Womit wir wieder bei Jude Bellingham wären. Unbestritten ist, dass der Engländer enormes Potenzial mitbringt. Bereits mit 14 Jahren spielte er in der U18-Mannschaft von Birmingham, mit 15 in der U23, er kommt in seinen jungen Jahren auf 40 Zweitliga-Spiele.

Doch genau hier liegt das Problem: Er ist ein Talent. Wie selbstverständlich wird ein hohes finanzielles Risiko für einen 17-Jährigen eingegangen, um dann zu schauen, wie der sich entwickelt. Zwar hat der BVB mit Bellinghams Landsmann Jadon Sancho bereits gute Erfahrungen gemacht. Aber der war mit "nur" acht Millionen Euro deutlich günstiger – und das passierte vor Corona.

Bellingham wurde von vielen europäischen Topklubs umworben

Gut möglich, dass Bellingham einschlägt, gut möglich, dass er das Dortmunder Spiel mitprägen kann. Und doch zeigt sich auch bei diesem Transfer die Absurdität des Wettbewerbs um junge Talente. Viele europäische Top-Klubs hatten um Bellingham geworben. Es ist ein Wettbewerb um junge Männer, ja ältere Jugendliche, für die immer höhere Summen gezahlt werden, um sie möglichst früh der Konkurrenz wegzuschnappen.

Ob sich diese dann zu dem Spieler entwickeln, für die die Vereine so viel Geld gezahlt haben, ist ein bisschen wie Lotto. Gegenbeispiele gibt es genug. Die Erwartungshaltung verbunden mit den hohen Summen setzen die jungen Spieler unter enormen Druck.

Aber das alles ist ein Teil des Systems, im dem die Akteure offenbar auch weiterhin keinen Grund sehen, das eigene Handeln zu hinterfragen. Warum auch? Denn wenn Jude Bellingham nicht zu Borussia Dortmund wechseln würde, hätte ein anderer Klub zugeschlagen und Millionen Euro ausgegeben. All das verbunden mit der Hoffnung, dass sich die Investition irgendwann auszahlt. Sportlich und vor allem geschäftlich.

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