
© AFP/Marco Bertorello
Deutsches Radteam Red Bull-Bora-hansgrohe: Nur Pleiten, Pech und Pannen bei der Tour de France
Der Gesamtsieg, zumindest aber das Siegerpodest, war das Ziel der Mannschaft um Primoz Roglic. Es wurde krachend verfehlt. Allein mit Pech ist das nicht zu erklären.
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Bei der Teampräsentation im Januar sagte Primoz Roglic: „Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir die Tour gewinnen.“ Seinerzeit trug die Mannschaft noch den Namen Bora-hansgrohe, mit dem Start der Frankreich-Rundfahrt firmierte sie unter der sperrigen Bezeichnung Red Bull-Bora-hansgrohe. Mit dem Einstieg des Brausegiganten wurde die Zielstellung ausgegeben, das beste Team der Welt zu werden. Klotzen statt kleckern.
Nach dem Ende der Tour de France lässt sich festhalten: Die Mannschaft um Manager Ralph Denk und dem Sportlichen Leiter Rolf Aldag hinkt ihrem Anspruch um Längen hinterher. In der Teamwertung landete sie auf Platz acht und mit dem Toursieg hatte Roglic zu keinem Zeitpunkt wirklich etwas zu tun.
Das lag natürlich in erster Linie daran, dass der 34 Jahre alte Slowene das Rennen nach zwei Stürzen schon nach der 12. Etappe aufgeben musste. Zu diesem Zeitpunkt lag er auf Platz vier im Gesamtklassement. Viel mehr wäre es aber wohl auch nicht geworden, wenn Roglic es bis nach Nizza geschafft hätte. Die Konkurrenz um Tadej Pogacar und Jonas Vingegaard ließ den Giro-Gewinner von 2023 und dreifachen Vuelta-Sieger einige Male ziemlich alt aussehen.
Und so ist die Bora-Bilanz ernüchternd. Um Etappensiege fuhr sie schon vor dem Roglic-Pech nicht wirklich mit und danach gab es auch keinen wirklichen Plan B, diese Tour de France noch irgendwie zu retten. „Wenn sich beim Fußball einer verletzt, dann kommt halt der nächste aufs Feld und man hofft, dass der ähnlich gut ist. Wenn wir im Radsport den Kapitän verlieren, dann ist er weg und es gibt keinen Ersatz“, sagte Denk noch während der Rundfahrt im FAZ-Interview. So weit, sein Team als „Scherbenhaufen“ zu bezeichnen, wollte er aber nicht gehen.
Die Fakten sehen dennoch einigermaßen trostlos aus. Laut ARD-Sportschau hat Bora seit dem Aufstieg in die World Tour 2017 nie schlechter abgeschnitten als diesmal in Frankreich. Es gab gerade einmal 16.710 Euro an Prämien – keine Mannschaft hatte bei der Tour weniger Einnahmen. Zum Vergleich: das siegreiche UAE-Team um Tadej Pogacar kam auf über 800.000 Euro an Preisgeldern.
Anders als in früheren Jahren konnte Bora mit der deutschen Karte nicht einmal auf dem Heimatmarkt besondere Aufmerksamkeit erzielen. Was auch daran lag, dass mit Nico Denz überhaupt nur ein deutscher Fahrer in der acht Mann starken Equipe dabei war, der in den drei Wochen allerdings nicht weiter auffiel.
Natürlich: Mit Lennard Kämna fehlte Bora der aktuell vielleicht beste deutsche Rundfahrer nach seinem Horror-Unfall im Frühjahr. Allerdings war er für die Tour de France ohnehin nicht zwingend eingeplant. Maximilian Schachmann wurde für das wichtigste Radrennen der Welt gar nicht erst nominiert und mit Emanuel Buchmann, 2019 immerhin Vierter der Tour, ist das Tischtuch nach einem Streit völlig zerschnitten.
Alle drei Fahrer werden die Mannschaft nach der Saison verlassen, Bora wird sich mit dem 51-prozentigen Mehrheitseigentümer Red Bull künftig wohl noch globaler ausrichten. Dann allerdings müssen auf große Ankündigungen auch große Leistungen folgen. In dieser Hinsicht liegt viel Arbeit vor Denk und seinen Mitstreitern, das hat diese Tour de France 2024 nur zu deutlich gemacht.
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