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Die komplizierte Vorbereitung von Hertha BSC: Trainer Stefan Leitl probiert sich als Improvisationskünstler
Herthas Trainer hatte für die Vorbereitung einen klaren Plan. Leider hält sich die Wirklichkeit nicht daran, sodass Stefan Leitl zum Improvisieren gezwungen ist.
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Als alles vorbei war, ging es für gut die Hälfte des Kaders von Hertha BSC erst richtig los. Die Spieler, die am Sonntagnachmittag im Test gegen Bröndby IF gar nicht oder nur wenige Minuten zum Einsatz gekommen waren, absolvierten im Stadion von Kitzbühel auf dem Nebenplatz noch eine rund vierzigminütige, durchaus intensive Trainingseinheit.
Trainer Stefan Leitl ließ auf halbem Feld fünf gegen fünf spielen – um möglichst wirklichkeitsnah das zu kompensieren, was angesichts der Personalsituation nicht möglich gewesen war. Denn eigentlich hätte der Berliner Fußball-Zweitligist am Sonntag nach der 0:1-Niederlage gegen Bröndby noch einen zweiten Test bestreiten sollen. Doch den musste Hertha kurzfristig absagen, weil Leitl keine zweite Elf zur Verfügung hatte.
Wir haben uns auf die Fahne geschrieben: Wir wollen die fitteste Mannschaft der Liga sein.
Herthas Trainer Stefan Leitl
„Natürlich ist das alles andere als gut zum jetzigen Zeitpunkt“, sagte Herthas Trainer. „Das Trainingslager ist für uns eigentlich die wichtigste Woche.“ Aber weil die Realität sich im Moment nicht an den Plan des Berliner Trainerstabs hält, muss sich Leitl verstärkt als Improvisationskünstler versuchen. Sowohl bei der Trainingsgestaltung als auch bei der Mannschaftsaufstellung.
Deshalb ließ er gegen Bröndby vor der Pause Linksfuß Marton Dardai auf der rechten Position in der Dreierkette spielen. Und als der Ungar nach der Pause auf seinen angestammten Platz nach links zurückkehrte, musste Julian Eitschberger, der eigentlich als Außenverteidiger die Linie rauf- und runterrennen soll, rechts in der Dreierkette aushelfen.
„Das sind Themen, die uns beschäftigen“, sagte Leitl. „Natürlich ist das nicht gut.“ Eitschberger ist erst in diesem Sommer von seiner Leihe zum Drittligisten Rot-Weiss Essen zurückgekehrt. Die Vorbereitung soll ihm helfen, sich an das höhere Niveau zu gewöhnen und sich als Außenverteidiger einzuspielen. Aber er ist nicht der Einzige, der derzeit Kompromisse eingehen muss.
Weil Deyovaiso Zeefuik, mutmaßlich die Stammbesetzung für die Position auf der rechten Schiene, seit mehr als zwei Wochen nicht mit der Mannschaft trainiert, hat sich auf der Position zuletzt auch Mittelfeldspieler Kevin Sessa probieren dürfen. Tatsächlich hat Sessa als rechter Verteidiger beim 1. FC Heidenheim sein Debüt als Profi gefeiert. Aber das ist schon ein paar Jahre her.
Zeefuik, Neuzugang Paul Seguin und Linus Gechter, der sich im Testspiel gegen Havelse eine schmerzhafte Fußprellung zugezogen hat, trainierten am Montag wieder teilweise mit der Mannschaft. Ab Dienstag sollen sie dann wieder das komplette Programm absolvieren. Körperlich aber müssen sie noch einiges aufholen, sodass es für Hertha keine Option war, als Ersatz für den ausgefallenen Test gegen Basaksehir noch ein weiteres Vorbereitungsspiel anzusetzen.
„Wir werden versuchen, die Trainingsbelastung noch mal zu erhöhen, um diese fehlende Spielzeit aufzufangen“, sagte Leitl. „Wir haben uns auf die Fahne geschrieben: Wir wollen die fitteste Mannschaft der Liga sein. Deswegen müssen wir arbeiten.“
Am Montag kehrte Reese ins Training zurück
Andererseits braucht das Team auch die nötige Frische, um den Fußball spielen zu können, der Leitl vorschwebt. „Momentan sind wir noch nicht in der Lage, ein hohes Pressing zu spielen, weil wir diese Körner noch nicht zur Verfügung haben“, sagte er nach dem 0:1 gegen Bröndby, der ersten Niederlage seiner Mannschaft in der Vorbereitung.
Gegen den Vorjahresdritten der ersten dänischen Liga mussten die Berliner kurzfristig auch auf Fabian Reese verzichten, der sich einen Magen-Darm-Infekt eingefangen und am Tag vor dem Spiel über Fieber geklagt hatte. „Fabi ist natürlich untröstlich, der wollte unbedingt spielen“, berichtete Leitl. Am Montagvormittag trainierte Reese immerhin schon wieder mit dem Team.
Durch Reeses Ausfall musste Herthas Trainer in der Offensive ebenfalls improvisieren. Wie in der vergangenen Saison will Leitl auch in der kommenden Spielzeit mit zwei Stürmern spielen lassen. In den Tests ist das derzeit allerdings nicht möglich. Deshalb bot er gegen Bröndby nach der Pause und bis zur Einwechslung des 17 Jahre alten Niklas Hildebrandt den offensiven Mittelfeldspieler Maurice Krattenmacher als Sturmspitze auf.
„Es trübt natürlich im ersten Moment die Stimmung. Aber wir können das nicht auf Strecke mit uns schleppen. Das muss weg“, sagte Stefan Leitl über die komplizierte Gemengelage, mit der er im Moment zurechtkommen muss. „Wir müssen Energien sammeln.“ Und sie nicht vergeuden in Kämpfen, die sich sowieso nicht gewinnen lassen.
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