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Lukas Ullrich bekam nach seinem Startelfdebüt in der Bundesliga eine Menge Lob ab.

© IMAGO/Uwe Kraft

Die Reise kann beginnen : Lukas Ullrich startet nach langem Anlauf durch

Vor knapp anderthalb Jahren ist Lukas Ullrich von Hertha BSC zu Borussia Mönchengladbach gewechselt. Jetzt hat der 20-Jährige sein Startelfdebüt in der Bundesliga gefeiert.

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Andreas „Zecke“ Neuendorf klang ein wenig sarkastisch. Aber das war genauso gewollt. Der Direktor Akademie und Lizenzspielerbereich von Hertha BSC stand bei der Mitgliederversammlung des Vereins auf dem Podium und sprach über Lukas Ullrich, ein Talent aus dem eigenen Nachwuchs, das sich für einen Wechsel zu Borussia Mönchengladbach und damit gegen Hertha entschieden hatte. „Wir wünschen ihm eine gute Reise“, sagte Neuendorf. „Ich bin gespannt, ob er sich gegen Luca Netz durchsetzt.“

Im Mai 2023 war das, vor ziemlich genau anderthalb Jahren also. Seitdem durfte Neuendorf sich in seiner Skepsis in Bezug auf Ullrichs Perspektive in Gladbach durchaus bestätigt fühlen. An seinem internen Konkurrenten Luca Netz, auch ein Zögling aus Herthas Akademie, ist der Linksverteidiger tatsächlich nicht vorbeigekommen.

Wenn Netz fit war, hat Netz gespielt. Im Moment aber ist der U-21-Nationalspieler nicht fit. Wegen einer nicht näher spezifizierten Fußverletzung steht Netz den Gladbachern mehrere Wochen nicht zur Verfügung. Die große Chance also für Lukas Ullrich?

Im Prinzip ja. „Lukas hat sich in seinem ersten Jahr bei uns enorm verbessert, offensiv, defensiv und in den Zweikämpfen viel dazugelernt. Er ist auf einem richtig guten Weg“, hat Borussias Trainer Gerardo Seoane im September über den deutschen U-20-Nationalspieler gesagt. Und dann im Ernstfall doch nicht auf ihn gesetzt.

In den ersten beiden Begegnungen ohne Netz entschied sich Seoane dafür, den Rechtsverteidiger Joe Scally auf die linke Seite zu verschieben und Routinier Stefan Lainer, 32, neu in die Mannschaft zu nehmen. Der Schweizer nährte damit die latente Skepsis, dass Ullrich, inzwischen 20 Jahre alt, nicht die nötige Schwere für die Fußball-Bundesliga mitbringt.

Richtig nachweisen konnte er seine Tauglichkeit jedenfalls lange nicht. Nach seinem ablösefreien Wechsel von Hertha an den Niederrhein feierte Ullrich zwar schon am zweiten Spieltag der vergangenen Saison sein Bundesligadebüt. Seitdem aber sind nur drei weitere Kurzeinsätze für die Profis hinzugekommen – was auch daran lag, dass Ullrich zwischenzeitlich wegen einer Schulterverletzung zwei Monate ausgefallen war.

Er hat zweimal sehr konstant gespielt.

Gerardo Seoane, Trainer von Borussia Mönchengladbach, über Lukas Ullrich

In der Regel ist der Linksverteidiger in der viertklassigen Regionalliga für die U 23 der Gladbacher aufgelaufen. In 25 Spielen erzielte er zwei Tore und bereitete fünf vor. „Es war einfach wichtig, dass wir in den letzten anderthalb Jahren sehr intensiv mit ihm gearbeitet haben“, sagte Seoane am Sonntagabend, nachdem Ullrich gegen Werder Bremen sein Startelfdebüt in der Bundesliga gefeiert hatte. „Er hat viele Spiele gemacht unten, damit wir ihm immer wieder Feedback geben konnten.“

Acht Jahre, von 2015 bis 2023, hat Ullrich (hier ziwschen Suat Serdar (l.) und Davie Selke) für Hertha BSC gespielt.

© IMAGO/Matthias Koch

Gladbachs Schweizer Trainer steht bei den eigenen Fans schon länger in der Kritik. Er braucht positive Ergebnisse. Vielleicht hält sich seine Experimentierfreude auch deshalb in Grenzen.

Ullrich empfiehlt sich für mehr

Als exzessiver Förderer junger Spieler ist Seoane bisher jedenfalls nicht aufgefallen. Auch Innenverteidiger Fabio Chiarodia, den die Borussen vor einem Jahr für immerhin zwei Millionen Euro von Werder Bremen verpflichtet haben, musste sich bisher vor allem mit Kurzeinsätzen begnügen.

„Am Ende des Tages hätte er vielleicht bei uns sogar schon die eine oder andere Minute mehr sammeln können als in Gladbach“, hat Werders Trainer Ole Werner vor einem Jahr über Chiarodia gesagt. Am Sonntag, bei Bremens 1:4-Niederlage im Borussia-Park, wurde der 19-Jährige gegen seinen Ex-Klub immerhin schon eine Viertelstunde vor Schluss eingewechselt – für Lukas Ullrich.

Der gebürtige Berliner hatte schon vier Tage zuvor, im DFB-Pokalspiel bei Eintracht Frankfurt, sein Startelfdebüt für die Gladbacher Profis gefeiert – und war bei der ernüchternden 1:2-Niederlage einer der wenigen Lichtblicke seiner Mannschaft. Ullrich provozierte unter anderem den frühen Platzverweis des Frankfurters Arthur Theate. „Lukas war ein absolut belebendes Element“, sagte Gladbachs Sportdirektor Roland Virkus. „Von ihm wird noch viel kommen, da sind wir uns sicher.“

Auch gegen Bremen hinterließ Ullrich einen guten Eindruck. Er bereitete eine Chance von Mittelstürmer Tim Kleindienst vor und erledigte seine Defensivaufgaben überaus seriös. Von seinem Gegenspieler Mitchell Weiser war insgesamt wenig zu sehen. Dass Luca Netz nach seiner Genesung seinen Stammplatz zurückerhält, sehen viele Fans nach Ullrichs bisherigen Auftritten jedenfalls nicht zwingend gegeben an.

„Er hat zweimal sehr konstant gespielt“, sagte Gerardo Seoane. „Es freut uns, dass ein Spieler ein gewisses Niveau sicher abrufen kann, wenn er seine Chance bekommt.“

Gefreut hat sich auch Lukas Ullrich. Am Tag nach dem Sieg gegen Werder postete er auf seinem Instagram-Account ein Foto, das ihn lachend im Kabinengang des Borussia-Parks zeigt. „Mit einem Lächeln in die neue Woche“, schrieb er dazu.

Dazu hatte Lukas Ullrich allen Grund. In seinem sechsten Einsatz für Gladbachs Profis ist er am Sonntagabend zum ersten Mal nicht als Verlierer vom Platz gegangen.

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