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Inniges Verhältnis. Trainer Sandro Schwarz versteht es bisher, den oft wankelmütigen Lukebakio richtig anzupacken.

© IMAGO/Joachim Sielski

Der Gewinner der Vorbereitung: Dodi Lukebakio und sein letzter Versuch bei Hertha BSC

Dodi Lukebakio ist 2019 für 20 Millionen Euro zu Hertha BSC gekommen. Nachdem er die Erwartungen meist unterlaufen hat, gibt es jetzt positive Ansätze.

Sandro Schwarz ging weite Wege. Der Trainer von Hertha BSC verließ seinen Beobachterposten nahe der Mittellinie und begab sich im Laufschritt Richtung Eckfahne. Dort nahm er seinen Angreifer Dodi Lukebakio in Empfang, der sich von den Fans für sein Tor zum 4:3 im Pokalspiel gegen Eintracht Braunschweig hatte feiern lassen. Bevor der Belgier zurück aufs Feld lief, widmete ihm sein Trainer noch schnell ein paar Worte.

Glückwünsche zum wichtigen Tor? Ein besonderes Lob? Dank gar für den Treffer, mit dem die Berliner das Spiel scheinbar gedreht hatten? Nichts von alledem. „Arbeiten, arbeiten“, sagte Schwarz zu Lukebakio. „Weiter dranbleiben.“

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Seit rund sechs Wochen ist Sandro Schwarz Trainer bei Hertha BSC, aber wie Dodi Lukebakio, der belgische Nationalspieler, tickt, das wusste er wahrscheinlich schon, bevor er in Berlin angefangen hat. Stark in der Offensive, schnell, trickreich. Aber eben auch allzu unbedarft in taktischen Dingen und eher widerwillig bei der Verrichtung defensiver Aufträge.

All das hat dazu geführt, dass Lukebakio, 24, in seinen inzwischen drei Jahren bei Hertha nie die Bedeutung erlangt hat, die ihm einmal zugedacht war. 17 Tore hat er in nun 68 Pflichtspielen für die Berliner erzielt, die 2019 immerhin 20 Millionen Euro für ihn an den FC Watford überwiesen haben. Lukebakio war der erste von einigen höchst kostspieligen Transfers seit dem Einstieg des Investors Lars Windhorst. Von der Goldgräberstimmung jener Wochen und Monate aber ist nur ein schaler Nachgeschmack geblieben.

Doch wenn Hertha BSC an diesem Samstag (15.30 Uhr, live bei Sky) mit dem Derby beim 1. FC Union in die neue Saison der Fußball-Bundesliga startet, wird Lukebakio wie schon vor einer Woche gegen Braunschweig erneut in der Anfangsformation stehen, rechts in der offensiven Dreierreihe. Gemessen an den allgemeinen Erwartungen zu Beginn der Vorbereitung ist das durchaus überraschend.

Ginge es nach der öffentlichen Meinung wäre Lukebakio längst nicht mehr in Berlin. Bereits vor einem Jahr wechselte er auf Leihbasis zum VfL Wolfsburg. Doch auch dort war er bald das, was er bei Hertha viel zu oft war: ein Mitläufer. In 25 Pflichtspielen gelang ihm lediglich ein Tor für den VfL, der daraufhin von einer festen Verpflichtung absah.

Lukebakio galt im Sommer als Verkaufskandidat

Also kehrte Lukebakio zu Hertha zurück – und das eigentlich auch nur, um gleich wieder zu gehen. „Natürlich war er ein Kandidat, sich zu verändern“, gibt Sportgeschäftsführer Fredi Bobic zu. Aber in den Gesprächen mit Herthas sportlicher Führung hat Lukebakio sehr deutlich zu verstehen gegeben, dass er froh sei, wieder in Berlin zu sein, und er es bei Hertha schaffen wolle. „Er weiß natürlich auch, dass der Markt nicht so einfach ist, dass nicht jeder schreit: Hurra, den kann man verpflichten“, sagt Bobic.

Olympiakos Piräus, Klubs aus seiner Heimat, das waren die Interessenten, die gerüchteweise gehandelt wurden. Nicht gerade die erste Kategorie des europäischen Fußballs. „Weil du als Spieler auch was anbieten, was leisten musst“, wie Bobic sagt. „Das war in der vergangenen Saison für seine Ansprüche sicher zu wenig.“

Nun unternimmt Lukebakio einen weiteren, womöglich letzten Versuch, es doch noch bei Hertha zu schaffen. Die ersten Anzeichen sind durchaus vielversprechend – wobei es an Anzeichen bei Lukebakio ohnehin nie gemangelt hat. Eher an Konstanz.

Der Belgier muss Konstanz in sein Spiel bekommen

Dass er die jetzt in sein Spiel bekommen müsse, das haben sie ihm auch in diesem Sommer wieder gesagt, erzählt Bobic: „Es darf nicht nur ein Spiel sein, Dodi! Und dann machst du wieder drei Spiele Pause, gehst irgendwo einen Kaffee trinken. Das musst du jede Woche abliefern. Dann hast du eine richtig gute Zukunft bei Hertha BSC.“

Sandro Schwarz scheint in der Vorbereitung die richtige Herangehensweise gefunden zu haben. In der Arbeit mit Lukebakio ging nicht nur um Taktik und Defensive, es ging zunächst einmal um Verbesserungen in der Offensive: um mehr Tiefgang.

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Am Sonntag in Braunschweig war der Belgier der beste Spieler auf dem Feld. Er bereitete ein Tor vor, war viel unterwegs, stets eine Bedrohung für die Defensive des Zweitligisten. Und als Lukebakio gleich zu Beginn der zweiten Hälfte der Verlängerung das 4:3 erzielte, schien er auf dem besten Weg, der Spieler des Spiels zu werden.

Lukebakio saß schon auf der Bank, als das späte 4:4 fiel und Hertha im Elfmeterschießen an der Eintracht scheiterte. Trainer Schwarz bescheinigte ihm sehr gute Tiefenläufe, aber auch „im defensiven, taktischen Verständnis hat er sehr gut gearbeitet". Dennoch gebe es im Stellungsspiel, im Anlaufverhalten, im Nacharbeiten nach zweiten Bällen noch Verbesserungsmöglichkeiten. „Aber auch das ist normal bei einem Offensivspieler.“

Der Wandel bei Lukebakio ist augenfällig. Marvin Plattenhardt, Herthas neuer Kapitän, hat seinen Kollegen in den vergangenen Wochen „sehr, sehr fleißig und sehr, sehr positiv“ erlebt. Auch Sportchef Bobic sieht die größte Veränderung in Lukebakios Haltung. „Er ist vom ersten Tag an hundertprozentig mit dem Kopf dabei“, sagt er. Wer das nicht tue, der lasse sich irgendwann gehen und werde automatisch zum Verkaufskandidaten. „Bei Dodi habe ich nicht ansatzweise das Gefühl gehabt. Er hat sich absolut top verhalten.“

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