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Sport: Ein echter Traum

Mit seinem Siegtor kommt Ballack in England an

Stand:

„Herr we go“ – dieses leicht verquere Wortspiel wird in englischen Zeitungen immer gern gebracht. Denn schließlich meinen viele Engländer immer noch, dass sich im autoritären Deutschland selbst gute Freunde mit „Herr“ anreden und überall dauernd „Achtung!“ und „Verboten!“ gebrüllt wird. „Herr we go, boys“, stand gestern in dicken Buchstaben über dem Spielbericht der „Sun“. Herr Ballack hatte am Abend zuvor mit einem schönen Schuss aus der Drehung das Tor zum 2:1 gegen den FC Porto erzielt. Damit brachte er den FC Chelsea – here we go, boys! – ins Viertelfinale der Champions League.

Deshalb wurde gestern in England ein Deutscher gefeiert – Michael Ballack, der von der Presse stets hart kritisiert worden war. Der Star aus Deutschland, so der Tenor, habe wenig Gegenleistung für seine angeblichen 200 000 Euro Wochenlohn erbracht. Doch dann das: „Deutschlands Kapitän ging mit geschwellter Brust als Letzter vom Platz“, schrieb der ansonsten wenig deutschlandfreundliche „Daily Telegraph“. Und auf der Titelseite des konservativen Blatts stand: „Ballack ist der Chelsea-Held.“

Ballacks Siegtor fiel zwölf Minuten vor Schluss. Lange war Chelsea sogar einem Rückstand hinterhergelaufen. Erst kurz nach der Halbzeitpause glich Arjen Robben das frühe Tor von Ricardo Quaresma aus. „Es ist einfach traumhaft, in einem Champions-League-Spiel so ein Tor zu machen“, sagte Ballack nach dem Schlusspfiff dem Sender „Premiere“. Dann lobte er seinen ebenfalls umstrittenen Trainer José Mourinho: „Wenn man in ein neues Land kommt, ist es sehr wichtig, dass der Trainer hinter einem steht. Das Gefühl habe ich absolut.“

Mourinho wird kritisiert, weil er mit Chelsea in dieser Saison kaum noch Englischer Meister werden kann – trotz der Stareinkäufe Ballack und Schewtschenko. Nach dem Spiel gegen Porto sagte Mourinho, dass ihn die Kritik an Ballack nie interessiert habe. „Dieses Tor ist gut für ihn, denn es ist das Tor, das uns ins Viertelfinale gebracht hat.“ Ansonsten habe Ballack gespielt wie das ganze Team: „Er war nicht gut in der ersten Halbzeit, aber er war stark in der zweiten.“ Die „Sun“ fasste Mourinhos Worte so zusammen: „Jose: I gave ’em all a Ballacking“, in etwa zu übersetzen mit: Ich habe ihnen allen mit Ballack eins übergebraten.

Herr Ballack als neuer Held auf der Insel – ist das der Beginn einer wunderbaren deutsch-englischen Fußballfreundschaft? Wohl kaum. Den Krieg muss man da gar nicht erwähnen, es reicht schon die gemeinsame Sportgeschichte: „Herr we go“ war einst auch schon im wichtigsten Konkurrenzblatt der „Sun“ zu lesen. Der „Daily Mirror“ schrieb dies 1990 nach dem WM-Halbfinalspiel zwischen Deutschland und England. Die Deutschen gewannen im Elfmeterschießen – die englischen Jungs mussten gehen.

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