zum Hauptinhalt
Fechten in Berlin – das gibt es als Hobby oder wie hier auf höchstem Niveau beim Turnier um den Weißen Bären.

© imago/Sebastian Wells/imago sportfotodienst

Eleganz, Präzision und Leidenschaft: Fechten ist in Berlin ganz anders als in Hollywood

Fechten ist eine der ältesten Sportarten der Welt. In Filmen sieht es immer ganz leicht aus. Wer sehen möchte, wie es wirklich funktioniert, hat in zahlreichen Vereinen der Stadt die Chance dazu.

Stand:

Ob Fluch der Karibik, Zorro oder Die drei Musketiere – selten kommt ein Abenteuerfilm ohne eine Szene aus, in der Klingen elegant und geschmeidig geführt werden und jeder Hieb den Adrenalinspiegel steigen lässt. Fechten ist ein Sport, der das Flair von Hollywood und historischen Kampfgeist in die Gegenwart bringt.

Fechten, eine der ältesten Sport-Disziplinen der Welt, ist eine Mischung aus Taktik, Schnelligkeit und Eleganz. Ob mit Degen, Florett oder Säbel – Ziel ist es, Treffer zu setzen.

Was so leicht klingt und in Hollywoodfilmen auch meist leicht aussieht, beruht jedoch auf hartem Training. Das bestätigt Marian Moldenhauer, ehemaliger Präsident des Fecht-Clubs Grunewald Berlin, aktuell im Vorstand als Referent für Organisatorisches tätig und seit 28 Jahren aktiver Fechter.

„Man muss lange trainieren, bis die Bewegungen als Reflex funktionieren. Außerdem braucht man eine gute Ausdauer, um Turniere durchzustehen, die sich über einen Tag ziehen. Dazu kommen Schnellkraft und Kraftausdauer, die man unter anderem durch Steigerungs- oder Intervallläufe trainiert“, sagt Moldenhauer.

Manche bezeichnen Fechten als „Schach mit Muskeln“. Ganz aus der Luft gegriffen ist das nicht, denn das Konzentrationslevel und die psychische Anspannung sind enorm hoch. Beim Duell starten die Fechter aus der klassischen Ausgangsposition, genannt En Garde. Ein elektronisches System zeigt die Treffer an.

„Vieles von dem, was man im Fernsehen oder Filmen sieht, ist im Sport selbst nicht umsetzbar. Auch fehlt der dramatische Effekt, auf den Fechtszenen in Filmen setzen. Dramatik ist im Sport eher dann angesagt, wenn man den letzten Treffer gewinnt – oder gerade nicht“, sagt Moldenhauer.

Rund 1500 aktive Fechterinnen und Fechter gibt es in Berlin über alle Vereine hinweg, erzählt Moldenhauer. „Natürlich ist es eine Randsportart. Während der Pubertät oder auch nach dem Schulabschluss, wenn sie in andere Städte gehen, steigen viele aus. Ansonsten sind die Leute treu, wechseln gelegentlich auch von der aktiven Mitgliedschaft in die Vorstände.“

Vieles von dem, was man im Fernsehen oder Filmen sieht, ist im Sport selbst nicht umsetzbar.

Marian Moldenhauer, Vorstandsmitglied beim Fecht-Club Grunewald Berlin

Trainingsmöglichkeiten für Anfänger, Fortgeschrittene und Wettkampfbegeisterte gibt es trotzdem ausreichend. So bieten der Fecht-Club Grunewald oder der Fechtclub Berlin Südwest regelmäßige Schnupperkurse an. Der Fechtclub Königs Wusterhausen ist bekannt für seine familiäre Atmosphäre und die intensive Förderung des Nachwuchses, während der SC Berlin Heimat für viele Wettkampfsportler ist. Zahlreiche Berliner Meister und Deutsche Meister haben hier trainiert.

Der Fecht-Club Grunewald organisiert 2025 ein fünf Vereine übergreifendes Trainingslager in den Osterferien. Schon am 11./12. Januar findet im Horst-Korber-Sportzentrum das Traditionsturnier Weißer Bär von Berlin statt, das erstmals 1960 ausgetragen wurde.

Bei Turnieren treten Männer und Frauen getrennt an, trainiert wird gemischt. Auch Inklusion ist ein Thema. Es gibt einen Inklusionsbeauftragten beim Berliner Fechterbund und einige Vereine bieten Rollstuhlfechten an. Bis vor einigen Jahren gab es auch Fechten für Menschen mit Parkinson, was während der Pandemie jedoch eingeschlafen ist.


Das Thema Sicherheit steht an erster Stelle

Sicherheit steht beim Fechten an erster Stelle. Es werden Masken, Handschuhe, Schutzwesten und spezielle Kevlar-verstärkte Anzüge getragen. Die Waffen sind aus einem besonderen Stahl (Maraging), sodass schwere Verletzungen ausgeschlossen sind.

Trotzdem sind blaue Flecken besonders am Anfang nicht zu vermeiden. Davon weiß auch Moldenhauer zu berichten und fügt an: „Aus diesen Fehlern lernt man. Gerade zu Beginn verliert man oft und das schult. Aber nicht nur Niederlagen trainieren den Sportsgeist, auch Siege können wichtige Lektionen sein. Nicht abzuheben, sondern bodenständig zu bleiben, wenn man gewinnt, ist auch Teil der Übung.“

Viele Vereine in Berlin stellen die Ausrüstung für Anfänger zur Verfügung, sodass Anschaffungskosten als Einstiegshürde wegfallen. „Wer dabeibleibt, wird sich sicher Stück für Stück ein paar Sachen kaufen. Erst die Maske, später Hose und Jacke, auch Klingen gehen regelmäßig kaputt“, sagt Moldenhauer.

1500
aktive Fechterinnen und Fechter gibt es ungefähr in Berlin.

Ein ideales Eintrittsalter sieht Moldenhauer nicht, eher ein Mindestalter: „Meiner Ansicht nach sollte man frühestens mit sieben oder acht Jahren einsteigen, dann in der U11, also mit neun und zehn Jahren die ersten Turniere fechten. Da zahlt man zwar das größte Lehrgeld, lernt aber auch am meisten. Zum Beispiel, nicht zu zucken, wenn jemand auf einen zugeht.“ Denn anders als beim Hollywood-Fechten „nimmt man beim athletischen Fechten in Kauf, dass man getroffen wird“.

Doch auch im höheren Alter sei der Einstieg noch möglich. „Das Training ist dann nicht mehr so explosiv wie im Jugendalter“, sagt Moldenhauer. „Ich denke, man kommt noch gut rein, aber wie weit man kommt, hängt stark davon ab, wie intensiv man trainiert. Wir bieten bei uns natürlich auch Anfängerkurse für Ältere an.“

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Fechten eine äußerst ästhetische Sportart ist, die Tradition und Moderne verbindet. Wer den Fechtsport für sich entdeckt, lernt nicht nur eine Sportart, sondern auch eine Philosophie kennen, die Körper und Geist fordert und fördert.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })