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Maodo Lo drehte in der Schlussphase gegen Portugal auf.

© IMAGO/ABACA

Er tänzelt wieder: Maodo Lô ist der X-Faktor der deutschen Basketballer

Das DBB-Team tut sich lange schwer gegen Außenseiter Portugal, doch dann dreht Maodo Lô auf. Nach zwei schwierigen Turnieren hat der Berliner seine Leichtigkeit wiedergefunden.

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Plötzlich trat das ein, wovor viele Experten gewarnt hatten. Durch die Vorrunde der Europameisterschaft waren die deutschen Basketballer mit beeindruckender Leichtigkeit gerauscht, doch lief es im finnischen Tampere vielleicht zu glatt, fehlte die Reibung?

Am Samstag beim ersten Spiel in der Finalrunde in Riga fielen die Würfe lange nicht, Portugal machte es dem DBB-Team mit einem guten Gameplan schwer und auf einmal waren sie da, die leichten Zweifel. Zur Halbzeit führte der krasse Außenseiter, kurz vor Ende des dritten Viertels war es immer noch eine enge Angelegenheit.

Doch dann kam Maodo Lô.

Nachdem die deutsche Mannschaft, die im bisherigen Turnier sehr treffsicher aus der Distanz gewesen war, nur einen von 24 Dreiern versenkt hatte, erlöste der 32 Jahre alte Guard den Weltmeister. Lô blieb in der entscheidenden Phase des Spiels knapp zwölf Minuten auf dem Feld, traf alle seine vier Dreier, dazu lieferte er drei Assists, holte zwei Rebounds und einen Steal.

Aus 44:42 zum Zeitpunkt seiner Einwechslung wurde 77:58, als er das Spielfeld wieder verließ. Am Ende gewann Deutschland 85:58 und steht im Viertelfinale. „Maodo war heute definitiv Man of the match“, sagte Dennis Schröder.

Der DBB-Kapitän und NBA-Star Franz Wagner sind die klaren Anführer im deutschen Team, doch gerade Spieler wie Maodo Lô machen den Unterschied zu vielen Konkurrenten aus. Nikola Jokić ist wahrscheinlich der beste Basketballer der Welt und erzielte am Samstag 33 Punkte für Serbien, hatte mit Nikola Jović aber nur einen echten Helfer an seiner Seite. Serbien schied sensationell gegen Finnland aus.

Das deutsche Team hat nicht nur zwei Stars, sondern dahinter auch viele Rollenspieler mit dem Potenzial, eine Begegnung zu übernehmen. Isaac Bonga ist vielseitig wie ein Schweizer Taschenmesser, mal dominiert Daniel Theis in der Zone, mal läuft Andreas Obst aus der Distanz heiß, mal zeigt Tristan da Silva seine Fähigkeiten. Oder Maodo Lô beginnt zu tänzeln.

Bei aller Qualität im deutschen Basketball gibt es nichts, was so ästhetisch ist. Wenn es der 1,91 Meter große Guard aus Berlin-Charlottenburg fühlt, wenn er in einen Flow kommt, ist er nicht zu stoppen. Dann wird der Sohn der Künstlerin Elvira Bach selbst zum Künstler. Mit seinen geschmeidigen Bewegungen und mehreren Körpertäuschungen legt er sich den Gegenspieler zurecht – um dann mit seinem wunderschönen Step-Back-Dreier zuzuschlagen.

Ich war echt kaputt, mental und physisch. Es gab Momente, in denen ich überlegt habe, ob ich überhaupt spiele.

Maodo Lô

Um in diesen Rhythmus zu kommen, muss bei Lô allerdings vieles stimmen. Wie er kürzlich im Podcast „Kannst du so nicht sagen“ von NBA-Profi Moritz Wagner und DBB-Athletiktrainer Arne Greskowiak erzählt hat, ist er ein sehr sensibler Spieler. Wenn etwas in seinem Körper nicht stimmt, merkt er das sofort – und in seiner Karriere war das leider schon häufig der Fall.

Bei Olympia kam Lô kaum zum Einsatz

Schon in seiner Zeit bei Alba fiel er immer mal wieder verletzt aus, auch vor dieser EM fühlte er sich nicht gut. „Ich war echt kaputt, mental und physisch“, erzählte Lô im Podcast. „Es gab Momente, in denen ich überlegt habe, ob ich überhaupt spiele.“

In der Vorbereitung verzichtete er auf die ersten Testspiele, um seinen Körper langsam in Turnierform zu bringen. Bei der triumphalen WM vor zwei Jahren wurde seine Rolle in der entscheidenden Phase immer kleiner, bei Olympia kam er teilweise gar nicht mehr zum Einsatz. Doch jetzt ist Lô wieder voll da und ein wichtiger Baustein auf dem Weg zum ersehnten Titel.

Es gab Alba, es gab TuS Lichterfelde, da waren die Besten. Ich habe nie zu irgendeiner Auswahl gehört, ich habe einfach nur gezockt, beim DBV Charlottenburg, wo meine Freunde waren.

Maodo Lô über seine Jugend

Der Guard kann Schröder und Franz Wagner entlasten und ist neben den zwei Stars vielleicht der einzige Spieler im Kader, der sich in fast jeder Situation einen eigenen Wurf kreieren kann. Dabei lässt sich Lô nur sehr schwer in eine feste Struktur stecken. Er braucht seine Freiheit – und das dafür nötige Vertrauen hat er sich in der Nationalmannschaft über Jahre erarbeitet.

Das war nicht immer so. Während fast alle seine Kollegen die Jugendmannschaften des DBB ab der U 16 durchlaufen haben, flog Lô lange unter dem Radar. „Ich habe gespielt, gespielt, gespielt. Ohne Anerkennung! Es gab Alba, es gab TuS Lichterfelde, da waren die Großen, da waren die Besten. Ich habe nie zu irgendeiner Auswahl gehört, ich habe einfach nur gezockt, beim DBV Charlottenburg, wo meine Freunde waren“, hat Lô einmal im Interview mit dem Tagesspiegel erzählt.

Erst am College in den USA wurde sein besonderes Talent erkannt. Anschließend reifte er in Bamberg, München, Berlin, Mailand und Paris zu einem angesehenen Euroleague-Spieler. In der kommenden Saison wird er für Žalgiris Kaunas auflaufen. Erst mal stehen bei der EM aber noch drei Partien auf dem Programm – wenn es nach Maodo Lô und dem DBB-Team geht.

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