
© imago/HMB-Media
Es kann nur einen geben: Die Entscheidung in der Torhüterfrage bei Hertha BSC ist gefallen
Tjark Ernst oder Marius Gersbeck: Wer steht für Hertha gegen Jahn Regensburg im Tor und damit vermutlich auch für den Rest der Saison? Trainer Cristian Fiél hat seine Wahl getroffen.
Stand:
Auf die Frage, wer denn im nächsten Spiel im Tor stehen werde – der bisherige Stammkeeper oder doch sein Vertreter –, hat Cheftrainer Cristian Fiél bewusst vage geantwortet. Nur so viel gab er preis: „Es wird ein Torhüter im Tor stehen, ich muss keinen Feldspieler reinstellen.“
Ziemlich genau ein Jahr ist das jetzt her. Fiél war noch als Trainer beim Fußball-Zweitligisten 1. FC Nürnberg angestellt, und gleich nach der Winterpause musste er sich mit der Frage beschäftigen, ob künftig die bisherige Nummer eins, Christian Mathenia, wieder zwischen den Pfosten stehen würde oder doch Carl Klaus, der am Ende der Hinrunde den Platz des verletzten Mathenia eingenommen hatte.
Vor einer ähnlichen Frage steht Fiél jetzt auch bei seinem aktuellen Arbeitgeber Hertha BSC. Tjark Ernst, 21, war bisher die Nummer eins, und dass beim Rückrundenstart in Paderborn Marius Gersbeck, 29, spielte, schien an der grundsätzlichen Rangfolge erst einmal nichts zu verändern. Ernst fehlte in Paderborn wegen muskulärer Probleme.
Eine Woche später, im Spiel gegen den Hamburger SV, sah es dann schon anders aus. Gersbeck stand erneut in der Startelf – obwohl Ernst wieder fit war und sogar dem Kader angehörte. „Ich finde, er hat’s in Paderborn ordentlich gemacht“, sagte Fiél über Gersbeck. „Und deshalb habe ich nicht den Grund gesehen, wieder zu wechseln.“
Nach dieser Logik müsste Gersbeck am Samstag, bei Herthas Auswärtsspiel gegen den Tabellenletzten Jahn Regensburg (13 Uhr, live bei Sky), erneut im Tor stehen. Weil er es gegen den HSV erneut ordentlich gemacht hat. Mehr aber auch nicht.
Ob es wirklich so kommen wird? Fiél hat sich bereits entschieden. Die Entscheidung, „sie ist gefallen“, sagte er. Aber kommuniziert hat Herthas Trainer sie noch nicht. Nicht den beiden Torhütern und der interessierten Öffentlichkeit natürlich erst recht nicht.
Am Freitag will Herthas Trainer die beiden Beteiligten informieren, und wenn alle dichthalten, erfährt das Publikum dann am Samstag, kurz vor dem Anpfiff in Regensburg, wer künftig die Nummer eins bei den Berlinern ist. Denn die Festlegung gilt nicht nur für das nächste Spiel, sondern bis auf Weiteres. Das zumindest hat Fiél schon zu verstehen gegeben.
Natürlich kann im Fußball immer was dazwischenkommen: eine schwere Verletzung, eine Sperre, eine gravierende Formschwäche. Aber wenn alles einigermaßen normal verläuft, „wird es nicht so sein, dass wir die Situation jede Woche neu bewerten“, sagt Fiél.
Torhüter gelten als sensible Wesen; Wechsel sind auf dieser Position daher eher die Ausnahme als die Regel. Für ein schlechtes Spiel wird ein Torwart nicht gleich auf die Bank verbannt. Dafür muss schon mehr als eine nur punktuelle Unzufriedenheit vorliegen.

© imago/Matthias Koch/imago/Matthias Koch
Vor einem Jahr in Nürnberg hat sich Fiél gegen den etablierten Torhüter Mathenia entschieden und in der gesamten Rückrunde Klaus spielen lassen. Auf die Situation in Berlin bezogen hieße dies: Ernst ist seinen Stammplatz wohl erst einmal los.
Der U-21-Nationalspieler zählt unbestritten zu den größten deutschen Torhütertalenten seiner Generation, aber insgesamt war er in dieser Saison nicht so stabil, wie er es hätte sein können. Bereits im Herbst soll bei Hertha daher intern über seine Position diskutiert worden sein. Und wenn Gersbeck in jener Phase nicht mit einer Verletzung am Sprunggelenk ausgefallen wäre, hätte es den Wechsel vielleicht schon viel früher gegeben.
Die Erfahrung spricht für Gersbeck
Immerhin war Gersbeck im Sommer 2023 mit der Perspektive auf einen Stammplatz zu Hertha zurückgekehrt. Bei seinem vorherigen Verein, dem Karlsruher SC, galt er als einer der besten Keeper der Zweiten Liga. Letztlich aber kam ihm seine eigene Unbeherrschtheit dazwischen, das daraus resultierende Gerichtverfahren wegen schwerer Körperverletzung – und die Selbstverständlichkeit, mit der Ernst trotz seines jugendlichen Alters die Rolle als Nummer eins ausfüllte.
Erst dessen Formschwankungen haben Gersbeck eine neue Chance auf den Stammplatz im Tor eröffnet. „Was hat für Marius gesprochen? Einfach die Erfahrung“, sagt Fiél über den Wechsel. „Das ist hundertprozentig so.“
Herthas tabellarische Konstellation ist kompliziert, der Druck – angesichts des Abstands nach oben – so hoch, dass sich die Mannschaft eigentlich keine Patzer mehr erlauben darf: Da schadet es womöglich nicht, jemanden im Tor zu haben, der Ruhe ausstrahlt und seinen Job möglichst unaufgeregt erledigt.
Trotzdem ist Fiél mit dem Wechsel auf der Torhüterposition ein Wagnis eingegangen. Viele fragen sich, ob seine Entscheidung nicht das Gegenteil dessen bewirkt, was eigentlich intendiert ist, und nur weitere Unruhe auslöst.
Ernsts Berater jedenfalls hat die Degradierung seines Klienten öffentlich scharf kritisiert. „Das ist nicht in Ordnung. Die Nummer ist einfach zu hart“, sagte Jürgen Schwab der „Bild“-Zeitung. „Wir können nicht einfach zur Tagesordnung übergehen, das hat Tjark nicht verdient.“ Ernst müsse spielen, weil er die U-21-EM im Sommer als festes Ziel vor Augen habe.
Cristian Fiél hat die Aussagen registriert. Mehr aber auch nicht. „Stellen Sie sich vor, ich müsste mich noch um die Berater kümmern. Nee, da habe ich auch gar keine Lust drauf“, sagte Herthas Trainer. „Ich spreche mit dem Jungen, wenn’s was zu besprechen gibt.“
Das gibt es.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: