zum Hauptinhalt
Gesetz der Serie. Marco Richter hat jetzt in drei Spielen nacheinander für Hertha BSC getroffen. Damit ist er zugleich bester Torschütze der Berliner in dieser Saison.

© imago images/Revierfoto

Der neue Stürmer kommt in Schwung: Es läuft für Marco Richter bei Hertha BSC

Wie für Hertha BSC hat auch für Neuzugang Marco Richter die Saison recht zäh begonnen. Inzwischen geht es aufwärts – für beide.

Winston Churchill wird das Zitat zugeschrieben, man solle keiner Statistik trauen, die man nicht selbst gefälscht habe. Ob dieser Satz wirklich von ihm stammt, ist zweifelhaft. Und ob die Aussage an sich stimmt, sei auch mal dahingestellt. Man muss eine Statistik gar nicht fälschen; man muss sie nur wohlwollend für die eigenen Zwecke interpretieren.

Fredi Bobic, der Sportgeschäftsführer von Hertha BSC, hat das in der vergangenen Woche erfahren, als er auf die Neuverpflichtungen dieses Sommers angesprochen wurde. Von den zwölf Toren, die Hertha bis dahin erzielt hatte, gingen acht auf das Konto der von Bobic verpflichteten Spieler. Macht 66,6 Prozent. Eine sehr ordentliche Quote also.

Wenn Sie aktuelle Nachrichten aus Berlin, Deutschland und der Welt live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können]

Nun kann man die Zahl auch ein wenig anders deuten: Weil bei Hertha in der Offensive fast kein alter Spieler mehr da ist, liegt es auf der Hand, dass die Tore vor allem von neuen Spielern erzielt werden. Und wichtiger als die Quote ist ohnehin die absolute Zahl. Dass Hertha in elf Pflichtspielen inklusive der Pokalpartien gegen einen Dritt- und einen Viertligisten 15 Treffer erzielt hat, ist jedenfalls kein Grund, vor Freude gleich auszuflippen.

Und trotzdem: Die Dinge scheinen sich bei Hertha gerade in die richtige Richtung zu entwickeln. Unter der Woche, beim 3:1 im Pokal gegen Preußen Münster, waren es die drei Neuen Stevan Jovetic, Ishak Belfodil und Marco Richter, die alle drei Tore erzielten. Für eine erste Bilanz der Transferpolitik „ist es vielleicht noch ein bisschen zu früh“, findet Arne Friedrich, der Sportdirektor des Berliner Fußball-Bundesligisten. Was Friedrich aber sagen kann: „Alle Transfers wurden aus Überzeugung getätigt. Und wir freuen uns natürlich, dass es immer weiter aufgeht.“

Das gilt im Moment vor allem für den früheren U-21-Nationalspieler Marco Richter, den Hertha im August für sieben Millionen Euro vom FC Augsburg verpflichtet hat. „Er kommt immer besser in Schuss“, sagt Friedrich. An Herthas aktuellem Aufschwung mit drei Siegen nacheinander war Richter nicht ganz unbeteiligt. Bei jedem der drei Siege hat er getroffen: in Frankfurt und gegen Gladbach jeweils zum 1:0 und in Münster – nach seiner Einwechslung – zum 3:1-Endstand.

„Er hat einen guten Lauf“, sagt Trainer Pal Dardai. „Aber einen guten Lauf hat man nur, wenn man auch gut trainiert.“ Richters Entwicklung steht stellvertretend für Herthas Entwicklung im Allgemeinen und die Transferpolitik im Besonderen. Es hat zu Beginn noch gehakt und brauchte ein bisschen Fantasie, aber jetzt fügen sich die Dinge immer besser.

Richter hat keine körperlichen Probleme mehr

Richter, 23 Jahre alt, gilt schon länger als Spieler mit guter bis glänzender Perspektive. Vor ziemlich genau vier Jahren, im Oktober 2017, hat er in Sinsheim sein erstes von inzwischen 106 Bundesligaspielen bestritten, also genau dort, wo Hertha an diesem Freitag (20.30 Uhr/Dazn) zum Auftakt des zehnten Spieltags auf die TSG Hoffenheim trifft. „Er war bei vielen Bundesligisten auf dem Zettel“, sagt Sportchef Fredi Bobic. Dass Richter letztlich bei Hertha BSC gelandet ist, liegt auch daran, dass seine Entwicklung nicht linear immer nur nach oben verlaufen ist.

Auch damit besitzt Richter unter Herthas Neuen kein Alleinstellungsmerkmal. Ob Myziane Maolida, Stevan Jovetic, Ishak Belfodil oder Kevin-Prince Boateng – bei vielen der Spieler, die sich Hertha im Sommer leisten konnte, gab es gewissermaßen noch einen Zusatz im Kleingedruckten. Auch Richter hatte mit körperlichen Problemen zu kämpfen; bei ihm war es der Oberschenkel.

Dardai war sauer auf Richter

Die GPS-Daten, die bei Hertha im Training erhoben werden, haben gezeigt, dass er nach 20 Minuten kaum noch zu einem Sprint ansetzte. Für Trainer Dardai war es unter diesen Voraussetzungen nahezu unmöglich, verlässlich mit Richter zu planen. An den ersten sechs Spieltagen kam er zwar immer zum Einsatz, nur einmal aber spielte er von Anfang an. Und wenn Richter in der Startelf stand, wurde er immer schon früh wieder ausgewechselt.

Dardai erzählt, dass ihm das mit der körperlichen Einschränkung nicht gefallen und dass er Richter das auch so gesagt habe. Inzwischen aber gibt es keine Beschwerden mehr. Nicht mit dem Oberschenkel und folglich auch nicht von Herthas Trainer. „Ich bin sehr zufrieden mit ihm“, sagt Dardai.

Marco Richter hat seine Unbekümmertheit wiedergefunden. „Der Junge macht unheimlich viel Spaß, weil er immer wieder draufgeht und sehr fleißig ist“, sagt Fredi Bobic. Vor einer Woche gegen Gladbach erzielte Richter per Seitfallzieher den Siegtreffer für seine Mannschaft. Glück? Zufall? Eher nicht, sagt Dardai. An solchen Dingen versuche sich Richter auch im Training immer wieder. „Er ist ein schöner, frecher Junge“, sagt Herthas Trainer. „Solche Typen mag ich. Die brauchst du auch in der Kabine.“

Unerschrocken, mutig, frech, dadurch unberechenbar und für den Gegner schwer zu packen: So hat sich Richter zuletzt präsentiert. Es gebe nicht viele Stürmer, die nach drei erfolglosen Dribblings nicht aufgeben und es auch noch ein viertes, fünftes oder sechstes Mal versuchten, erklärt Pal Dardai. Marco Richter aber tue genau das. „Diesen Willen, diese Energie muss er behalten.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false