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„Es liegt ein Fluch auf uns“: Alba Berlin setzt auf Play-off-Mentalität und göttlichen Beistand
Bei den Basketballern von Alba Berlin ist die Erleichterung groß nach dem emotionalen Sieg gegen Ulm. Die Situation bleibt aber ernst und das Team geht auf dem Zahnfleisch.
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Martin Hermannsson hat gewöhnlich auf alle Fragen eine Antwort, am Samstagabend war der Isländer aber ausnahmsweise ratlos. „Ich kann nicht erklären, woher wir diese Energie genommen haben“, sagte Alba Berlins Kapitän nach dem immens wichtigen 96:88-Sieg in der Basketball-Bundesliga gegen den bisherigen Tabellenführer aus Ulm.
Gegen alle Widerstände hatten sich die Berliner zum Sieg gekämpft. Mit dem letzten Aufgebot, mit letzter Kraft. Ein unbedarfter Zuschauer hätte das Spiel für ein entscheidendes Play-off-Duell gehalten, dabei handelte es sich erst um den siebten Spieltag der BBL.
Wir sind in der Tabelle sehr weit unten und das ist bei Alba nicht akzeptabel.
Martin Hermannsson
Was in anderen Jahren ein normaler Nachmittag mit überschaubarem sportlichen Wert gewesen wäre, ist aktuell richtungsweisend. „Jedes Spiel in der BBL ist momentan wie ein fünftes Spiel in den Play-offs für uns“, sagte Hermannsson. „Wir sind in der Tabelle sehr weit unten und das ist bei Alba nicht akzeptabel.“
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In den Tagen vor dem Spiel hatte der Kapitän Einzelgespräche mit einigen Spielern geführt und den Ernst der Lage betont. Der Sieg gegen Ulm war erst der Fünfte im 16. Saisonspiel – und bei Alba hoffen sie nun auf die Wende zum Positiven. Zumindest ein bisschen.
Denn während es für die dezimierte Mannschaft in der Euroleague auch am Dienstag (20 Uhr, Heimspiel gegen Mailand) und Donnerstag (20.30 Uhr, auswärts in München) sehr schwierig bleibt, soll es in der Bundesliga nun langsam aufwärtsgehen. „Natürlich wird es schwer sein, jedes Spiel so zu spielen. Aber wir haben genug Talent, um gegen jedes Team in der Liga zu gewinnen“, sagte Hermannsson.

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Während sich die Lage durch den Sieg gegen Ulm tabellarisch und mental verbessert hat, wächst das Berliner Lazarett unaufhörlich. Am Samstag knickte Will McDowell-White in der Schlussphase beim Zug zum Korb um und konnte das Spielfeld nur gestützt verlassen. Die nächste längere Pause droht. Zwei Tage zuvor hatte sich Malte Delow bei seinem Comeback ähnlich verletzt. Bei ihm wurde eine Bänderverletzung diagnostiziert. „Es ist nicht allzu schlimm, aber er wird wohl ein paar Wochen fehlen“, sagte Sportdirektor Himar Ojeda.
Während Matteo Spagnolo, der die vergangenen vier Spiele wegen einer Lungenentzündung verpasst hat, langsam wieder ins Training einsteigt, wird es bis zur Rückkehr von Matt Thomas und Yanni Wetzell noch ein paar Wochen dauern. Justin Bean fehlt mit gebrochenem Handgelenk etwa drei Monate und im Fall des suspendierten Khalifa Koumadje gibt es keine Neuigkeiten.
Gegen Ulm spielte Alba mit neun Profis, ohne McDowell-White wird die Lage noch brenzliger. Denn die hohe Belastung und die fehlenden Pausen lassen auch beim Rest des Teams das Verletzungsrisiko steigen.
Das zeigt das Beispiel Hermannsson eindrücklich. Am Donnerstag verpasste der Kapitän die letzten Minuten des Euroleague-Spiels in Belgrad wegen muskulärer Probleme, gegen Ulm zwickte es kurz vor Schluss erneut im Bereich der Achillessehne. „Ich spüre die vielen Reisen, die vielen Minuten. Es ist nichts Dramatisches, aber ich hätte gerne eine Woche Urlaub am Strand“, sagte Hermansson.
Darauf muss der Isländer allerdings noch ein paar Monate verzichten, denn Pausen sind im absurden Programm einer Euroleague-Mannschaft nicht vorgesehen. So bemühte Hermannsson Beistand von oben, um die Verletzungsmisere endlich zu lindern. „Es scheint ein Fluch auf uns zu liegen, wir sollten alle in die Kirche gehen und beten.“
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