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Es war einmal ein Spitzenspiel: Die Lücke zwischen Alba Berlin und Bayern München ist groß wie nie zuvor
Im Juni lieferte Alba dem Favoriten aus dem Süden im BBL-Finale einen großen Kampf. An diesem Sonntag treffen jedoch zwei Welten aufeinander – sportlich, atmosphärisch und strukturell.
Stand:
Mitte Juni fehlte nicht viel. Nach einer schwierigen Saison hatte sich Alba Berlin in den Play-offs immer weiter gesteigert und lieferte Bayern München in der Finalserie um die deutsche Meisterschaft einen großen Kampf. Wäre Sterling Browns Wurf acht Sekunden vor Ende des vierten Spiels nicht auf den Ring geklatscht, hätten die Berliner die Sensation womöglich noch geschafft.
Sechseinhalb Monate später sind Titelträume für Alba so weit entfernt wie noch nie in der glorreichen Vereinsgeschichte. Wenn die Berliner am Sonntag (15 Uhr) in Friedrichshain den großen Rivalen aus München empfangen, treffen Welten aufeinander. Hier Frust, Krise und Ratlosigkeit. Dort der Reiz des Neuen, Euphorie und große Ziele. Die Lücke zwischen Alba und den Bayern wirkt momentan unüberbrückbar – und das auf drei Ebenen.
Die sportliche Bilanz

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Der sportliche Erfolg ist die objektivste, denn er ist messbar. In der Basketball-Bundesliga stehen die Münchner auf Rang eins. Der Doublesieger der Vorsaison glänzt national zwar selten, das ist beim engen Spielplan eines Euroleague-Teilnehmers aber auch nicht der Maßstab. Die Bayern haben neun ihrer zwölf Spiele gewonnen, gehen als großer Favorit in die Pokalendrunde und liegen voll auf Kurs.
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International stehen sie sogar deutlich besser da, als vor der Saison erwartet worden war. Mit elf Siegen aus 19 Spielen befindet sich das Team auf Play-off-Kurs und besonders in eigener Halle ist die Bilanz überragend.
Albas bisherige Saison lässt sich hingegen schnell zusammenfassen: In der Euroleague sind die Berliner wie prognostiziert klar Tabellenletzter, aus dem Pokal sind sie so früh ausgeschieden wie seit 2012 nicht mehr und in der BBL spielt der elfmalige Deutsche Meister historisch schlecht. Dass die Play-offs zum ersten Mal seit Vereinsgründung ohne Alba stattfinden, ist nicht mehr unvorstellbar. Wettbewerbsübergreifend haben die Berliner 25 von 33 Spielen verloren.
Die Stimmung

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Das wirkt sich natürlich auch auf die Stimmung aus. In Berlin ist diese – vorsichtig formuliert – bescheiden. Spieler, Verantwortliche und Trainer verweisen immer wieder auf den schwierigen Spielplan und die zahlreichen Verletzten im Laufe der bisherigen Saison.
Dass weiter jegliche Konstanz fehlt und jeder noch so kleine Hoffnungsschimmer im nächsten Spiel zuverlässig wieder erlischt, verstärkt die Verunsicherung. Die Beteiligten wirken zunehmend ratlos und die Fans schwanken zwischen Galgenhumor, Forderungen nach einer Entlassung von Trainer Israel Gonzalez und Fatalismus.
In München ist hingegen eine Basketballeuphorie entstanden, wie es sie in der Fußballstadt bisher wohl noch nie gegeben hat. Grund sind einerseits die guten Ergebnisse und die spektakulären Geschichten, die das Team liefert.
Weltmeistertrainer Gordon Herbert ist es seit seiner Amtsübernahme im Spätsommer erstaunlich schnell gelungen, der Mannschaft ein neues Gesicht zu verpassen. Carsen Edwards ist aktuell zweitbester Scorer der Euroleague, Andreas Obst hat mit elf Dreiern in einem Spiel einen Fabelrekord aufgestellt und nach zwei schwierigen international enttäuschenden Saisons unter Andrea Trinchieri und Pablo Laso läuft es bei Bayern wieder.
Die Infrastruktur

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Das hat neben Trainer Herbert auch wesentlich mit der neuen Halle zu tun. Der Garden auf dem Olympiagelände wurde im September eröffnet, fasst 11.500 Zuschauende und soll die modernste Arena Europas sein. Der FC Bayern teilt sich die Spielstätte mit den Kollegen vom Eishockey und nutzt sie in dieser Saison ausschließlich für die Euroleague – und das mit durchschlagendem Erfolg.
Die ersten acht Heimspiele haben die Münchner alle gewonnen, die erste Niederlage gab es vor einer guten Woche gegen Titelverteidiger Panathinaikos Athen. In der Halle sind regelmäßig mehr als 10.000 Fans und Manager Marko Pesic war sich in einem Tagesspiegel-Interview im Mai bereits sicher, dass der Garden den Verein „auf eine neue Stufe heben wird“. Infrastrukturell, atmosphärisch und wirtschaftlich.
Bayern München hält seine Finanzkennzahlen im Gegensatz zu großen Teilen der Bundesliga zwar geheim, das Gesamtbudget der Basketballabteilung dürfte aber mindestens zehn Millionen höher liegen als jenes von Alba. Die Berliner arbeiten in dieser Saison mit 14,7 Millionen Euro, davon 8,1 für den Profibereich.
Während München mit der neuen Arena deutliche Mehreinnahmen generieren wird, ist die Hallenthematik in Berlin schon länger ein wunder Punkt. Um in der Friedrichshainer Arena zu bleiben, muss Alba immer mehr Miete zahlen, auch die Wildcard für die Euroleague soll rund eine Million Euro gekostet haben.
Die Schere zwischen den zwei erfolgreichsten deutschen Klubs der vergangenen Jahre wird immer größer – vielleicht waren die Finals 2024 für längere Zeit Albas letzte Chance auf eine Meisterschaft.
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