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Norwegens Ada Hegerberg (in weiß) erzielte kurz nach der Pause den Ausgleichstreffer.

© IMAGO/Sports Press Photo

Fanmarsch, Gänsehaut und starker Fußball: Schweiz beeindruckt trotz EM-Auftaktniederlage

Das Schweizer Team hat internen Unruhen getrotzt und gegen Topteam Norwegen eine mutige Vorstellung abgeliefert. Mit ihren Fans im Rücken dürfte es bald auch für einen Sieg reichen.

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Wie war das noch? Schlechte Stimmung innerhalb des Teams, Streit mit der Trainerin, angeschlagene oder gar verletzt fehlende Leistungsträgerinnen? Die Vorzeichen auf eine erfolgreiche Fußball-Europameisterschaft standen für den Gastgeber Schweiz alles andere als gut in den Tagen vor dem offiziellen Eröffnungsspiel.

Am Mittwochabend zeigten die Schweizer Nationalspielerinnen in Basel allerdings, dass die jüngsten Negativschlagzeilen sich doch nicht auf ihre Leistung auf dem Platz auswirken – entgegen aller Vermutungen. Letztlich verlor das Team von Pia Sundhage unglücklich mit 1:2 (1:0), kann aber auf eine starke Leistung im ersten Gruppenspiel zurückblicken. Das hat einerseits mit dem überraschend mutigen Auftritt auf dem Rasen zu tun und andererseits mit den stimmungsvollen Schweizer Fans, die für den erhofften Heimvorteil sorgten.

Die lautstarke Unterstützung begann bereits mit dem Fanmarsch zum St. Jakob Park. Zahlreiche Menschen kamen in rot-weißen Trikots und sorgten bereits drei Stunden vor Anpfiff für das erste Highlight des Tages. Irgendwann machte sich unter ihnen die Nachricht breit, dass Kapitänin Lia Wälti rechtzeitig wieder fit geworden war und die Vorfreude wuchs nochmal an.

In Basel sorgten die Fans für einen neuen Zuschauerrekord.

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Als Torhüterin Livia Peng als erste Startelfspielerin den Platz nach dem Warmmachen verließ, welches aufgrund der Eröffnungszeremonie bereits zwanzig Minuten vor Anpfiff endete, schrie jemand von der Tribüne „Auf geht’s Livia“, woraufhin die 23-Jährige kurz zusammenzuckte, dann aber zustimmend die Faust reckte. Auch das Schweizer Team schien bereit für dieses Spiel zu sein. „Die Atmosphäre war mega, ich hatte schon beim Aufwärmen Gänsehaut“, sagte etwa Géraldine Reuteler.

Nach der kurzen, aber beeindruckenden Eröffnungsfeier, die unter dem Motto „Gemeinsam neue Höhen erreichen“ stand und insbesondere Vielfalt und Zusammenhalt der 16 teilnehmenden Nationen demonstrieren sollte, kam es zum nächsten emotionalen Höhepunkt. Erst gab Astrid S, einer der größten Popstars Norwegens und international bekannt, die Hymne ihrer Nation zum Besten. Dann folgte unter frenetischem Applaus der Schweizer Schlagerstar Beatrice Egli mit der Schweizer Nationalhymne.

Anschließend waren die ersten lauten „Hopp Schwiiz“-Rufe zu hören. „Es war mega schön, zu sehen, wie viele Leute gekommen sind. Die Stimmung war unglaublich und sie hat uns getragen“, sagte die Schweizerin Nadine Riesen. Die 34.063 Fans stellten einen neuen Rekord bei einem Frauenfußballspiel in der Schweiz auf.

Die Eröffnungszeremonie stand unter dem Motto „Gemeinsam neue Höhen erreichen“.

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Sie und ihre Mitspielerinnen starteten sichtlich motiviert in das Spiel. Im Stadion herrschte zu diesem Zeitpunkt noch immer eine drückende Hitze. Davon zeigte sich Sundhages Mannschaft aber völlig unbeeindruckt und spielte munter nach vorne.

Trainerin Sundhage überraschte mit offensiver Ausrichtung

In der jüngsten Vergangenheit war der schwedischen Trainerin noch fehlender Mut und eine extrem defensiv ausgerichtete Spielweise vorgeworfen worden – das änderte sich zumindest am Mittwochabend. Zwar spielte die Schweiz auf dem Papier aus der gewohnten Fünferkette heraus, die Außenverteidigerinnen rückten im eigenen Ballbesitz aber extrem weit hoch und schufen damit eine Überzahl in der vordersten Linie.

Auf diese Weise kam vor allem die erst 18-jährige Iman Beney rechts und Nadine Riesen auf der linken Seite zum Zuge. Die Spielerin von Eintracht Frankfurt initiierte immer wieder Angriffe und harmonierte mit Reuteler (ebenfalls Eintracht Frankfurt). Auch Kapitänin Wälti vom FC Arsenal präsentierte sich in Topform und war Dreh- und Angelpunkt im zentralen Mittelfeld.

Reuteler war es, die nach 25 Minuten erst nur die Latte traf, ehe ihre Teamkollegin Riesen kurz darauf den verdienten Führungstreffer erzielte und das Publikum damit zum Toben brachte. Fahnen wurden geschwenkt und immer wieder war eine Kuhglocke zu hören. Dass die Schweiz hier als absoluter Underdog gegen ein mit internationalen Topstars besetztes Norwegen spielte, war nicht zu erkennen. Die Schweiz spielt nicht nur auf Augenhöhe, sondern deutlich besser als Norwegen.

Nadine Riesen (Nummer acht) erzielte den Führungstreffer für die Schweiz.

© IMAGO/Anadolu Agency

Dass das Spiel noch kippen würde und ein Doppelschlag kurz nach der Pause zum Sieg des Teams von Trainerin Gemma Grainger führen sollte, war zu diesem Zeitpunkt nicht abzusehen. Nach einer Ecke war es die einstige Weltfußballerin Ada Hegerberg, die am höchsten stieg und unbedrängt einköpfen konnte, ehe Julia Stierli eine Hereingabe von Barcelona-Spielerin Caroline Graham Hansen ins eigene Tor klärte.

Zwar brandete auf Schweizer Seite nochmals Jubel auf, als Hegerberg einen Handelfmeter verschoss. Der im direkten Gegenzug gepfiffene Elfmeter für die Schweiz wurde nach Ansicht der Videobilder und einer Abseitsposition allerdings zurückgenommen, sodass es letztlich bei der Auftaktniederlage für die Gastgeberinnen blieb.

„Wenn man sieht, dass man die beiden Gegentore hätte vermeiden können und wir so gut gespielt haben, vor allem in der ersten Halbzeit, dann ist es einfach enttäuschend“, sagte Torschützin Riesen. Im zweiten Gruppenspiel gegen Island soll es dann endlich für einen Sieg reichen.

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