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Stefan Kraft offenbart bei dieser Vierschanzentournee sein außergewöhnliches Fluggefühl.

© Imago/Revierfoto

Favorit auf Sieg bei der Vierschanzentournee: „Stefan Kraft ist ein Phänomen“

Zehn Jahren nach seinem ersten Triumph könnte der Österreicher erneut ganz oben stehen. Experten staunen, wie sich Kraft über Jahre immer wieder neu erfunden hat.

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Am 6. Januar 2015 war ein gerade mal 21 Jahre alter Skispringer bereits am Ziel seiner Träume angekommen. Stefan Kraft kürte sich in Bischofshofen zum Sieger der Vierschanzentournee. „Es muss so viel zusammenpassen. Jeder muss das Beste geben und es gehört so viel Glück dazu. Dass das jetzt wahr wird, ist so schön einfach“, sagte der schüchtern wirkende Champion damals.

Zum siebten Mal in Serie hatte vor zehn Jahren ein Österreicher bei der Tournee triumphiert, mit diesem Supertalent an der Spitze schien es fast zwangsläufig, dass diese Erfolgswelle über Jahre hinweg anhält.

Allerdings kam es dann anders. Ausnahmespringer wie der Pole Kamil Stoch oder der Japaner Ryoyu Kobayashi beherrschten mit jeweils drei Gesamtsiegen den Skisprung-Jahreshöhepunkt im folgenden Jahrzehnt. Regelmäßig landeten deutsche Springer knapp dahinter, aber das Team Österreich kam seitdem über zwei dritte Plätze nicht hinaus.

Kraft landete im Vorjahr auf Platz drei

Einen davon belegte Kraft im vergangenen Jahr, als er bereits andeutete, dass er noch immer zu den besten Skispringern gehört. „Ich habe mich auch gefragt, was ich nach der erfolgreichen vergangenen Saison noch verändern kann“, sagt er über seine starken Auftritte.

Obwohl er 2022 Olympiasieger mit dem Team in Peking wurde und in seiner Karriere zahlreiche WM-Medaillen gesammelt hatte, schien die Konkurrenz dennoch so stark, dass Kraft nicht unbedingt als Topfavorit auf den Tourneesieg galt.

Über Generationen hinweg hat er es immer wieder geschafft, gewisse Regeländerungen wettzumachen, das ist für mich ein Phänomen.

Sven Hannawald, der letzte deutsche Sieger bei der Vierschanzentournee

Dass er nun vor dem letzten Wettkampf am Montag aus einem extrem starken österreichischen Team herausragt und als Führender in Bischofshofen springt (16.30 Uhr, ZDF und Eurosport), ist für Sven Hannawald dennoch keine Überraschung. Der bis dato letzte deutsche Tournee-Gesamtsieger aus dem Jahr 2002 hatte Kraft schon vor dem ersten Tournee-Springen im Tagesspiegel für seine Professionalität gelobt.

„Über Generationen hinweg hat er es immer wieder geschafft, gewisse Regeländerungen wettzumachen, das ist für mich ein Phänomen“, sagte Hannawald, der TV-Experte für die ARD ist, über Kraft. „Obwohl er nicht die großen Erfolge in diesem Winter hatte, hat er immer gezeigt, dass er ganz oben ist, wenn alles zusammenpasst.“

0,6
Punkte beträgt der Vorsprung Krafts auf Jan Hörl.

Martin Schmitt, der in seiner aktiven Karriere oft als Favorit angereist war, aber nach vier Springen nie ganz oben stand, ist regelrecht fasziniert von der Coolness des Routiniers. „Kraft ist unglaublich, er findet immer eine Antwort“, sagte Schmitt als Eurosport-Experte. Obwohl er „so aggressiv vom Schanzentisch“ wegspringe, komme er immer in ein System und habe Luft unter dem Ski.

Die Statistik spricht für Stefan Kraft

Krafts großer Vorteil ist seine Erfahrung. Rund um die Paul-Außerleitner-Schanze wird es brodeln angesichts der österreichischen Auftritte. Jan Hörl liegt zwar nur 0,6 Punkte dahinter, 0,7 weitere Punkte trennen Daniel Tschofenig als Drittplatzierten des österreichischen Spitzentrios von Gesamtplatz eins. Zumindest Hörl musste nach dem Springen auf der Bergiselschanze am Sonnabend eingestehen, dass er gehörig mit seinen Nerven zu kämpfen hatte.

Die Statistik spricht jedenfalls auch für den Routinier der dominierenden Österreicher: In den vergangenen 25 Jahren hat nur der Norweger Daniel Andre Tande 2016/17 als Führender nach Innsbruck noch den Gesamtsieg verpasst.

Und auch die Grundstimmung im deutschen Team hat sich in den kommenden Jahren kaum verändert. Nach Krafts Tourneesieg 2015 hatte ein angefressener Severin Freund als geschlagener Mitfavorit gesagt: „Ich weiß, dass ich mehr drauf habe. Es ist nicht beglückend, wenn man bei der Tournee mal wieder nicht das zeigen konnte, was man kann.“

Ähnliches dürfte nach dem letzten Springen am Montag vermutlich wieder zu hören sein. Nicht nur Pius Paschke, der als Gesamtführender im Weltcup angereist war, sondern auch Karl Geiger und Andreas Wellinger konnten bei Weitem nicht ihr Topniveau abrufen. Ganz anders als der Dauerbrenner Stefan Kraft.

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