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Auf dem Weg: Jens Lehmann (links) ist einer der vier Assistenten von Augsburgs Cheftrainer Manuel Baum (rechts).

© Carmen Jaspersen/dpa

FC Augsburg im DFB-Pokal: Jens Lehmann und der Imagewandel

Seit zwei Monaten ist Jens Lehmann Co-Trainer in Augsburg und verhält sich bislang auffällig unauffällig. Auch vor dem DFB-Pokal-Viertelfinale gegen Leipzig.

Das Staunen war groß, an diesem Dienstag Ende Januar: Der FC Augsburg hatte gerade verkündet, dass Jens Lehmann von nun an als Assistenzcoach den Trainerstab des Bundesligisten ergänzen würde. Jens Lehmann? Der ehemalige Nationaltorhüter? Der mit Schalke den Uefa-Pokal und mit Dortmund und Arsenal Meistertitel gewann? Der aber auch Gegen- wie Mitspieler provozierte, sich mit dem Hubschrauber zum Training fliegen ließ, als TV-Experte fragwürdige Aussagen über Homosexualität im Fußball traf und zuletzt gar ins Visier der Steuerfahndung geriet? Genau der.

An diesem Dienstag (20.45 Uhr/ARD und Sky) empfängt der FC Augsburg im Viertelfinale des DFB-Pokals RB Leipzig, und man tut dem Verein wohl kaum Unrecht, wenn man ihn als eine graue Maus der Bundesliga bezeichnet. Klein, ruhig, bodenständig, das sind Attribute, die man in Augsburg selbst zu hören bekommt. Eine schillernde Persönlichkeit mit großem Namen wie Jens Lehmann kann da schon Verwunderung auslösen.

Vom Exzentriker zum Arbeiter

Entsprechend groß war der Rummel bei seiner Vorstellung, der FCA hatte eigens eine Pressekonferenz zur Präsentation des neuen Assistenztrainers anberaumt. Schnell machten Gerüchte die Runde, Geschäftsführer Stefan Reuter habe seinen alten Teamkollegen aus Dortmunder Tagen nur deshalb geholt, damit Lehmann bald schon Manuel Baum als Cheftrainer ablösen könne. Das dementierten die Augsburger natürlich sogleich, und Lehmann gab bei seiner Vorstellung den demütigen, lernwilligen Neuling. „Ich bin dankbar dafür, dass ich die Möglichkeit bekommen habe, hier mitzuarbeiten“, sagte er artig. „Ich finde es mutig, dass man jemanden wie mich genommen hat, der zwar einen großen Namen hat, viel mehr aber auch nicht in Sachen Trainererfahrung.“ Vor allem aber glaube er, „dass Trainer nicht zu viel reden sollten, Co-Trainer schon gar nicht.“

Und tatsächlich: Seitdem ist es ruhig geworden um Jens Lehmann. Interviewanfragen blockt er ab, öffentliche Auftritte oder Statements gab es keine mehr. Bei seinem Debüt als Co-Trainer nahm er absichtlich erst nach dem Anpfiff auf der Bank Platz, um dem Medientrubel zu entgehen. Im Trainingsalltag der Augsburger fällt er unter seinen Kollegen kaum auf – eine Übungsleitung hier, ein Einzelgespräch da, besonders um die Defensive soll er sich kümmern. „Es geht viel um Detailarbeit und Erfahrung, die er auf dem Platz gemacht hat“, sagt Reuter.

Lehmann soll vor der Mannschaft mit seinem Standing eine andere Wirkung entfalten als Cheftrainer Baum, der als ruhiger, gutmütiger Typ gilt. In der Kabine soll Lehmann Dinge deutlicher ansprechen, so die Hoffnung. Umgekehrt bietet sich für den 49-Jährigen die Chance, das Trainerhandwerk im Bundesliga-Alltag zu erlernen. Zwar ist er im Besitz einer internationalen Fußballlehrerlizenz, abgesehen von einem Jahr als Assistent unter Arsène Wenger beim FC Arsenal geht ihm aber jegliche Trainererfahrung ab.

Und so wirkt es, als arbeite Lehmann an einer Neuorientierung und einem Imagewandel – weg vom großspurigen Exzentriker, der die Öffentlichkeit auf sich zieht, hin zum sachlichen Arbeiter, der auch im Hintergrund wirken kann. Das Augsburger Umfeld scheint dabei wie für ihn gemacht: mit Spezi Reuter an der Seite, einer geringeren medialen Aufmerksamkeit und nur einer Stunde Entfernung zum Wohnort am Starnberger See. Einer Autostunde, wohlgemerkt; Helikopter überflüssig.

Leonard Brandbeck

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