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Folgt Fabian Reese auf Michael Cuisance?: Hertha BSC hofft auf den Dominoeffekt
Hier bricht nichts auseinander: Die Vertragsverlängerung des Franzosen Cuisance soll auch ein Signal an die Mannschaft sein – vor allem aber an Fabian Reese.
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Man kann Jan Siewert nicht vorwerfen, dass er mit der Logik des Profifußballs auf die Welt blickt. Siewert ist als Trainer des Zweitligisten Greuther Fürth selbst Teil des Profifußballs. Er arbeitet für einen Verein, der viele Talente hervorgebracht hat und sie nicht dauerhaft halten konnte, weil sie den sportlichen (und finanziellen) Erfolg lieber andernorts gesucht haben.
Insofern war es nicht ungewöhnlich, dass Siewert nach der 0:1-Niederlage seiner Mannschaft bei Hertha BSC mit der Logik des Profifußballs die Personalie Fabian Reese bewertete. Reese hatte das einzige Tor des Nachmittags erzielt, den Berlinern den nächsten Sieg beschert und nicht zuletzt mal wieder seine Ausnahmestellung in der Zweiten Liga nachgewiesen. Reese sei ein Spieler, „der mit Sicherheit einiges an Geld wert sein wird“, sagte Siewert.
Nach der Logik des Profifußballs ist es schlichtweg ausgeschlossen, dass ein Spieler von der Qualität Reeses sich auch in der kommenden Saison weiterhin in den Niederungen der Zweiten Liga wird verdingen müssen. Für das breite Publikum ist es daher nicht die Frage, ob der Stürmer der Berliner nach der Saison in die Bundesliga wechseln wird. Die Frage ist allenfalls: Zu welchem Verein wird Reese wechseln?
Bei Hertha und um Hertha herum aber sind sie sich da gar nicht mehr so sicher. Wenn man sich ein bisschen umhört, meint man zumindest eine latente Hoffnung zu vernehmen, dass es anders kommt. Zumindest ist man sich ziemlich sicher, dass man Reese nicht an einen Wald-und-Wiesen-Verein verlieren wird – selbst wenn der in der Ersten Liga spielt.
Die Zuversicht, dass der Offensivspieler über den Sommer hinaus bleibt, ist am Wochenende noch dadurch befeuert worden, dass Michael Cuisance seinen Vertrag bei Hertha bis 2029 verlängert hat. Der Franzose, von seinen Anlagen her ebenfalls deutlich überqualifiziert für die Zweite Liga, ist zuletzt auch immer genannt worden, wenn es um mögliche Abgänge bei den Berlinern geht. So wie Fabian Reese oder Ibrahim Maza, der tatsächlich zu Bayer Leverkusen in die Bundesliga und die Champions League wechselt.
Herthas Sportdirektor Benjamin Weber ist daher nach dem Spiel gegen Fürth gefragt worden, ob die Vertragsverlängerung mit Cuisance auch ein Signal nach innen gewesen sei. „Ganz klar“, antwortete er. Reese selbst sagte im Interview bei Sky: „Es gibt mir ein gutes Gefühl, dass Schlüsselspieler gehalten werden. Alles andere wird die Zukunft zeigen.“
Die Verlängerung mit Cuisance war eine Botschaft an alle potenziell Wechselwilligen im Kader: Hier bricht nichts zusammen, wir werden auch in der nächsten Saison eine wettbewerbsfähige Mannschaft an den Start bringen. „Da sind wir alle ein bisschen gefordert“, sagte Weber.
Ob sich Fabian Reese, der seinen Vertrag zu Saisonbeginn bis 2028 verlängert hat, tatsächlich von diesem Signal beeinflussen lässt? „Diese Frage kann nur Fabi beantworten“, sagte Trainer Stefan Leitl. Aber er sei super happy darüber, was Sportdirektor Weber mit der Vertragsverlängerung von Michael Cuisance gelungen sei. „Ich glaube schon, dass es ein Zeichen ist, nicht nur nach innen, sondern auch nach außen.“

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Herthas Trainer könnte in Reeses Entscheidungsprozess eine nicht unwesentliche Rolle spielen. Beide schätzen sich, seitdem sie bei Greuther Fürth erstmals zusammengearbeitet haben. Reese hat Leitl zuletzt sogar als seinen Lieblingstrainer bezeichnet. Und dass es für Hertha unter dem neuen Trainer zuletzt deutlich nach oben ging, ist auch ein wichtiger Faktor.
Torhüter Tjark Ernst jedenfalls hat in den vergangenen Wochen „schon irgendwo“ eine Aufbruchstimmung wahrgenommen. Das 1:0 gegen Fürth war für die Berliner bereits das siebte Spiel nacheinander ohne Niederlage. 18 Punkte hat die Mannschaft in den zehn Spielen unter Leitl geholt; in diesem Zeitraum ist sie die beste der Zweiten Liga. Leitls Punkteschnitt von 1,8 ist sogar besser als der des Hamburger SV, der gerade das Gesamtklassement anführt und diesmal wohl wirklich aufsteigen wird.
Auch Reese, der Ende des Jahres 28 wird, will möglichst schnell in der Bundesliga spielen. Vor kurzem sah es nicht so aus, als könnte ihm Hertha diese Perspektive bieten. Inzwischen aber arbeitet der Klub mit Hochdruck daran, dass das Szenario Bundesliga zumindest ab dem Sommer 2026 möglich erscheint. Den Eindruck, nicht ausreichend ambitioniert zu sein, will Hertha jedenfalls kein zweites Mal aufkommen lassen.
Hertha braucht Fabian Reese
„Fabi weiß schon, was er an Berlin hat“, sagte Michael Cuisance. „Er hat auch ein paar Ziele, die er erreichen will. Hoffentlich bleibt er.“
Die Krux ist, dass Hertha für das Erreichen ambitionierter Ziele wohl vor allem auf Fabian Reese angewiesen ist. Der Aufschwung der Mannschaft ist nicht nur auf Trainer Leitl zurückzuführen, sondern auch der Qualität ihres besten Angreifers geschuldet. „Wir haben heute alle wieder gesehen, was Fabi für einen Impact auf das Spiel hatte“, sagte Sportdirektor Weber nach dem Sieg gegen Fürth.
Das 1:0 war das zehnte Saisontor Reeses. Er hat damit häufiger getroffen als in der vergangenen Saison – und das, obwohl er nahezu die komplette Vorrunde ausgefallen war. „Den Fuß komplett kaputt zu haben und dann so zurückzukommen, so eine tragende Rolle einzunehmen und so wichtig so sein, das spricht für sich“, sagte Torhüter Ernst. „Er war direkt wieder da, als wäre er nie weggewesen.“
Allerdings erhöhen die Leistungen der vergangenen Wochen auch die Wahrscheinlichkeit, dass Reese bald für immer weg sein könnte. „Das macht es natürlich nicht leichter“, sagt Ernst über einen möglichen Verbleib seines Kollegen in Berlin. Natürlich wisse Reese, „was er am Verein hat, an den Fans und auch an uns als Mannschaft. Aber ich kann auch verstehen, wenn er eine andere Entscheidung trifft.“ Es wäre nichts anderes als die Logik des Profifußballs.
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