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Frederik Tiffels über besten Freund Leon Draisaitl: „Wenn er jetzt gewinnt, gibt es einen Push“
Der Stürmer der Eisbären Berlin ist mit dem deutschen Eishockeystar aufgewachsen, der zum ersten Mal den Titel in der nordamerikanische NHL gewinnen will. Im Interview spricht er über ihr spezielles Verhältnis.
Stand:
Herr Tiffels, Ihr bester Freund Leon Draisaitl hat die Edmonton Oilers im ersten Spiel um den Stanley Cup in der NHL mit zwei Treffern zum Sieg geführt. Wie haben Sie das Spiel verfolgt?
Zunächst mal muss ich zugeben, dass ich während der Saison eher wenig geschaut habe. Aber wenn ich aufwache, geht mein erster Blick aufs Handy, um mir anzuschauen, wie Leon gespielt hat. So war es auch diesmal. Ich bin nach Rom geflogen. Ich wäre zu platt gewesen, wenn ich das live verfolgt hätte. Wenn es sich bei den nächsten Spielen noch ergibt, werde ich aber versuchen, noch live ein Spiel zu sehen.
Wie nehmen Sie seine Gefühlslage in diesen besonderen Tagen wahr?
Er wirkt eigentlich wie immer. Ich habe das Gefühl, dass er und überhaupt das ganze Team noch etwas reifer wirken im Vergleich zum letzten Jahr, als sie das schon mal erlebt haben. Ich bin sehr gespannt, wie es in dieser Serie weitergeht und drücke natürlich beide Daumen für Leon, dass es so weitergeht.
Im vergangenen Jahr lag Edmonton gegen denselben Gegner mit 0:3 hinten, glich aus und verlor dann trotzdem das entscheidende siebte Spiel. Diese Niederlage gegen die Florida Panthers war bitter.
Ja, total, das Comeback vor dieser entscheidenden Niederlage war echt unglaublich. Ich selbst habe so etwas Ähnliches auch schon erlebt, als ich damals mit München gegen die Eisbären im Finale unterlegen war. Da gab es dann einige Veränderungen im Team und es war ein ganz anderes Gefühl. 2023 sind wir dann Meister geworden.
Connor McDavid (Kapitän der Edmonton Oilers; d. Red.) hatte ja nach dem Einzug ins Finale gesagt, dass es komisch klingt, aber dass es sich jetzt fast schon normal anfühlt, um einen Titel zu spielen. Beim ersten Mal überwiegt die Euphorie, endlich mal dabei zu sein in einem so wichtigen Spiel. Beim zweiten Mal weiß man dann eben, dass es eben noch mehr braucht, um den Schritt zur Meisterschaft zu gehen.
Sie haben bereits drei Deutsche Meisterschaften gewonnen. Wie verändert sich ein Finale, wenn man endlich den Pokal gewonnen hat?
Man versteht, dass es eigentlich ein Spiel wie jedes andere auch ist. Während man beim ersten Anlauf alles Mögliche versucht, wobei einiges nach hinten losgehen kann, weil man auch verkrampft, weiß man nach einem Titel, wie toll es sich anfühlt und will das unbedingt noch mal erleben. Aber man weiß eben, dass man besser spielt, wenn man in der Mitte bleibt.
Leon gilt schon als Jahren als bester deutscher Eishockeyprofi aller Zeiten, auch in Nordamerika ist er ein Topstar. Aber doch wird man am Ende oft über Trophäen und Titel im Spitzensport definiert. In gewisser Weise ist der Titel jetzt auch Pflicht.
Sowohl bei Leon als auch bei McDavid mache ich mir keine Sorgen, dass sie nicht als herausragende Eishockeyspieler wahrgenommen werden. Ihre Leistungen über die letzten Jahre sprechen für sich. Und es ist fast schon Wahnsinn, wenn man sieht, dass sie sich von Jahr zu Jahr immer weiter steigern. Aber natürlich gehst du jeden Tag aufs Eis, um einen Titel zu gewinnen.
Wenn Leon jetzt gewinnt, kann ich mir schon vorstellen, dass es gerade medial einen Push gibt.
Frederik Tiffels
2011 gewann Dirk Nowitzki in der NBA den Titel mit den Dallas Mavericks. Das hat in Deutschland für große Aufmerksamkeit gesorgt. Leon ist hierzulande längst nicht so bekannt. Woran liegt das Ihrer Meinung nach?
Basketball kann man einfacher ausprobieren. Jeder kann sich einen Ball nehmen und ein bisschen zocken. Beim Eishockey ist das schwieriger, weil man mehr Ausrüstung braucht. Auf der anderen Seite ist die Begeisterung fürs Eishockey in Deutschland sehr groß geworden, wir haben phänomenale Zuschauerzahlen. Als Nowitzki den Titel holte, war ich noch recht jung und habe das nicht so wahrgenommen. Wenn Leon jetzt gewinnt, kann ich mir schon vorstellen, dass es gerade medial einen Push gibt.
Mit Nico Sturm spielt noch ein zweiter deutscher Profi im Finale, auch wenn er im ersten Finalspiel nicht zum Line-up gehörte. Drücken Sie Ihrem Nationalmannschaftskollegen denn auch die Daumen?
Das Schöne ist, dass ich mich zurücklehnen und in Ruhe zuschauen kann, wer gewinnt. Aber ich bin ganz ehrlich: Ich würde mich schon freuen, wenn Leon gewinnt. Gleichzeitig wünsche ich Nico alles Gute. Er hatte das Glück, den Titel schon mal zu gewinnen mit den Colorado Avalanche.
Während einer Finalserie sind Eishockeyprofis sehr fokussiert und versuchen, sich möglichst durch nichts ablenken zu lassen. Wie intensiv ist Ihr Austausch in diesen Tagen?
Jeden Tag ist das schwierig. Das liegt allein schon an der Zeitverschiebung zwischen Edmonton und Deutschland. Wenn ich morgens aufstehe und auf dem Weg zum Training telefonieren könnte, schläft er. Wenn ich mit dem Training fertig bin, ist er immer noch am Schlafen. Wenn ich dann nachmittags einen Kaffee trinke, wacht er gerade auf und geht selbst zum Training. Aber wir schreiben uns regelmäßig und manchmal klappt es dann auch, via Facetime zu quatschen.
Leon und Sie haben in der Jugend zusammengespielt. Sie haben dreimal den Titel in der DEL und die Silbermedaille mit dem Nationalteam gewonnen. Ihrem Freund fehlt das alles. Aber dennoch gilt es als das Größte überhaupt, in der NHL zu spielen. Fehlt Ihnen das?
Ich hätte nichts dagegen gehabt, auch mal in der NHL zu spielen. Aber gleichzeitig bin ich superglücklich mit meinem Leben. Ich bin superfroh, zurzeit in Berlin zu sein, ich habe tolle Mitspieler, eine tolle Umgebung. Ich habe nichts dagegen, wenn es noch mehr Titel werden (lacht).
Es besteht die Möglichkeit, dass Sie und Leon im kommenden Jahr für die deutsche Nationalmannschaft bei Olympia spielen. Was würde Ihnen das bedeuten?
Das wäre eine riesengroße Sache und ist das Ziel überhaupt, dort dabei zu sein. Ich gehe mal davon aus, dass dort die beste deutsche Nationalmannschaft spielen wird, die es jemals gab, weil wir so viele gute Spieler in der NHL haben. Gegen die Besten der Welt zu spielen, ist natürlich eine unglaublich spannende Perspektive.
Ich hatte das Glück, schon bei den Olympischen Spielen 2022 im Team gewesen zu sein, aber das war natürlich sehr getrübt durch Corona, das fehlende Deutsche Haus und dass man keinen Kontakt zu anderen Sportlern haben durfte. In Italien wäre die Familie dabei, mein bester Freund, viele andere gute Freunde im Team.
Bei Leon verbinden sich Familie und Sport ja sogar gewissermaßen. Draisaitls Mutter ist Ihre Patentante.
Genau, unsere Mütter sind schon gemeinsam zur Schule gegangen. Dementsprechend kennen wir uns eigentlich schon, seitdem er auf die Welt kam. In der Jugend hatten wir dann viel Zeit miteinander verbracht, mal hat er bei mir geschlafen, mal habe ich bei ihm geschlafen. Und Hockey war immer unsere gemeinsame Leidenschaft. Wir sind Eishockey-Fanatiker, schon damals drehte sich alles um die Scheibe. Jetzt hoffe ich einfach, dass er diesen Titel holt, dann würde auch Edmonton explodieren.
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