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Frühes Scheitern von Zverev, Medwedew und Tsitsipas: Die Ära im Tennis, die nie begonnen hat
Sie galten als die Nachfolger von Federer, Nadal und Djokovic. Doch auch in Wimbledon wird deutlich: Zverev, Tsitsipas und Medwedew fehlt es bei weitem an ähnlicher Klasse.
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Muss man sich Sorgen um Alexander Zverev machen? Ein bisschen vielleicht schon. Es sei derzeit schwierig für ihn, außerhalb des Platzes Freude zu empfinden, sagte er nach dem Wimbledon-Erstrundenaus gegen den Franzosen Arthur Rinderknech (6:7, 7:6, 3:6, 7:6, 4:6). Es bleibt die Hoffnung, dass Zverev vielleicht durch eine kleine Pause sein mentales Tief schnell überwindet.
Dass er auf dem Platz allzu große Freude empfindet, ist für Außenstehende allerdings auch nur schwer zu erkennen. Am Montag und Dienstag wirkte der 28-Jährige angestrengt, gequält. Zermürbend war der starke Auftritt seines Gegners. Es machte sich aber das Gefühl breit, dass bei Zverev die letzte Emotion, das Feuer fehlte. Der Deutsche spielte grundsolides Tennis, mehr war es aber nicht.
„Die Leute vergessen, dass ich immer noch die Nummer drei bin“, hatte er vor dem Turnier gesagt. Sie werden das nun auch nach Wimbledon nicht wieder in Erinnerung rufen – abgesehen davon, dass er in der Weltrangliste Plätze einbüßen dürfte.
Apropos: Dasselbe Schicksal wird auch Daniil Medwedew (29 Jahre alt) und Stefanos Tsitsipas (26) treffen. Medwedew verlor sein Erstrundenmatch in London gegen den Franzosen Benjamin Bonzi (6:7, 6:3, 6:7, 2:6), Tsitsipas musste gegen Valentin Royer (ebenfalls Frankreich) nach zwei verlorenen Sätzen verletzungsbedingt aufgeben.
Zverev, Medwedew und Tsitsipas eint nicht nur das frühe Ausscheiden, die drei Spieler galten vor gar nicht mal so langer Zeit als die potenziellen Nachfolger von Roger Federer, Rafael Nadal und Novak Djokovic. Drei große Spieler, die auf drei große Spieler folgten.
Da war Medwedew, der Mann mit der wohl höchsten Spielintelligenz auf der Tour; dann Zverev, der gebürtige Hamburger mit seiner phänomenalen Rückhand und dem harten Aufschlag; Tsitsipas galt als der kompletteste Spieler von den dreien. Der Grieche ist für seine Größe sehr beweglich, seine Vorhand ist eine der besten überhaupt im Tennis.
Wir können die nächsten großen drei werden.
Stefanos Tsitsipas im Jahr 2021 im Interview mit der „Sport Bild“.
„Wir können die nächsten großen drei werden“, hatte Tsitsipas noch vor vier Jahren im Interview mit der „Sport Bild“ gesagt. Überheblich hatte es damals nicht geklungen.
Medwedew sollte unmittelbar nach Erscheinen des Interviews das Finale der US Open gegen Novak Djokovic gewinnen, wenig später führte er für kurze Zeit die Weltrangliste an. Tsitsipas hatte wenige Monate zuvor im Finale der French Open gestanden, in der Weltrangliste war er im Jahr 2021 zeitweise auf Rang drei platziert.
Und Zverev? Der Deutsche hatte schon zweimal das ATP-Finale gewonnen, 2020 das Endspiel bei den US Open erreicht und bei Olympia 2021 in Tokio die Goldmedaille gewonnen.
Seitdem sind bei den Grand Slams exakt null Titel für die drei hochveranlagten Spieler hinzugekommen. Schlimmer noch: Tsitsipas ist seit geraumer Zeit nicht mehr unter den besten zehn Spielern in der Weltrangliste. Medwedews jüngster Turniererfolg datiert vom 31. Mai 2023, der Russe befindet sich seit Monaten in einer Krise. Seine größte Schwäche, seine Unkontrolliertheit, bekommt er weiter nicht in den Griff. Zverev schnitt von den Dreien zuletzt noch am besten ab. Doch je länger das Erreichen seines großen Ziels – der Gewinn eines Grand Slams – ausbleibt, desto unentspannter wirkt er.
Und es dürfte für ihn nicht leichter werden. Sein Problem – und auch das von Tsitsipas und Medwedew: Der Spanier Carlos Alcaraz und Jannik Sinner aus Italien dominieren derzeit die Tour. Beide sind Anfang 20 und im Gegensatz zu den genannten Dreien geht ihre Entwicklung immer weiter nach oben. Alcaraz und Sinner spielen mit mehr Power und mit mehr Leidenschaft. Und wenn sie mal schwächeln, gibt es immer noch Novak Djokovic, der mit seinen 38 Jahren meist ein höheres Niveau hält als Medwedew, Tsitsipas oder Zverev.
Nicht zu vergessen sind weitere aufstrebende Talente wie der US-Amerikaner Ben Shelton oder Jack Draper aus England. Sie alle haben großes Potenzial und – so macht es den Eindruck – im Moment mehr Freude am Tennis.
Die Zeit der großen Drei nach Federer, Nadal und Djokovic – sie ist nie richtig angebrochen. Und vieles spricht dafür, dass das auch so bleiben wird.
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