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Die deutschen Fußballerinnen möchten bei der EM in der Schweiz den Titel gewinnen.

© IMAGO/Laci Perenyi

Fußball-EM der Frauen beginnt heute: Bringt das Turnier dem Frauenfußball den nächsten Hype?

Nach dem großen Erfolg der EM 2022 stehen die Zeichen erneut auf Aufbruch. Kann die Endrunde in der Schweiz die Sichtbarkeit des Frauenfußballs weiter erhöhen? Drei Expertinnen antworten.

Von
  • Anouk Dekker
  • Claudia Neumann
  • Kathrin Längert

Stand:

Vor drei Jahren sorgte die Fußball-Europameisterschaft in England für riesiges Interesse – der Frauenfußball erlebte in Deutschland einen bislang beispiellosen Aufschwung. Die Bundesliga lockte zahlreiche Zuschauer in die Stadien oder vor die Fernseher, der Sport professionalisierte sich deutlich.

Nun richtet sich der Blick auf das nächste große Turnier: Am Mittwoch beginnt die EM in der Schweiz.

Kann die Endrunde erneut die Massen begeistern und den Frauenfußball weiter voranbringen? Ist dafür zwingend ein erfolgreiches Turnier des deutschen Teams nötig, und kann man die Entwicklungen überhaupt noch als Hype bezeichnen? Wir haben drei Stimmen aus der Fußballwelt gebeten, diese Frage in unserer Rubrik „3 auf 1“zu beantworten.


Kathrin Längert

Nein, die EM in der Schweiz wird nicht den nächsten Hype auslösen. Denn Hype bedeutet, dass etwas kurzzeitig große Aufmerksamkeit erhält und danach schnell wieder aus dem Blickfeld verschwindet. Die Frauen im Fußball haben es jedoch seit der EM 2022 geschafft, dass die Spiele der Bundesliga, Champions League und Nationalelf konstant mehr Fans in die Stadien und vor den Bildschirm locken.

Zudem wird auch öfter und regelmäßiger über sie berichtet. Weiterhin zu wenig, aber immerhin. Was diesjährige Veröffentlichungen vor allem zeigen, ist, dass Frauen schon seit über 100 Jahren erfolgreich gegen den Ball treten – nur wurde bisher eben der Mantel des Schweigens darüber gelegt.

Was das anstehende Turnier also bewirken kann, ist kein Hype, sondern die logische Anerkennung einer Gemeinde innerhalb der Fußballwelt, die viel zu lange hämisch beäugt oder ignoriert wurde. Wer die Geschlechterbrille ablegt, wird vor allem fantastischen Fußball sehen können und ein Turnier, das sich hoffentlich einreiht in die Tradition wunderbarer Fußball-Sommer – und zwar ganz unabhängig vom Geschlecht.


Anouk Dekker

Ein echter Hype entsteht nur, wenn auch nach der EM in Dinge wie Infrastruktur, Sichtbarkeit und Nachwuchsarbeit investiert wird. Sollte das Turnier gut laufen und viel Sichtbarkeit erhalten, darf man nicht denken, dass der Rest von allein kommt, damit positive Veränderungen nicht nur ein paar Wochen andauern.

Große Turniere sind eine super Chance, dem Frauenfußball neuen Schwung zu geben – in Deutschland und in ganz Europa. Bei den letzten Turnieren hat man gesehen, dass es viele Fans gibt, die für volle Stadien und viel Aufmerksamkeit im Fernsehen sorgen. Die Möglichkeiten sind da und müssen nun wirklich genutzt werden. Es hilft sehr, wenn das deutsche Team gut spielt und lange im Turnier bleibt. Erfolg macht das Ganze sichtbarer. Wichtig ist auch, dass die Vereine ihre Verantwortung wahrnehmen und den Frauenfußball ernsthaft unterstützen.

Hoffentlich werden viele Menschen aus Deutschland in die Schweiz reisen, dort für gute Stimmung sorgen und das Team unterstützen. Das macht einen riesigen Unterschied. Ich erinnere mich gut an die EM 2017 in den Niederlanden, wo die Fans unglaublich waren und uns wirklich getragen haben. So ein Support kann in einem Turnier total entscheidend sein.


Claudia Neumann

Es ist zu erwarten, dass die anstehende Endrunde in der Schweiz fußballerisch wieder neue Maßstäbe setzt. Rein sportlich war bereits die EM 2022 in England ein Quantensprung. Dort gab es besonders in der K.-o.-Runde attraktive, spannende Spiele zu sehen, die leistungstechnisch auf einem deutlich höheren Niveau waren als zuvor.

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Mal konnten die DFB-Frauen bereits den EM-Titel erringen. Damit sind sie Rekordeuropameister.

Der Frauenfußball erlangte viel Aufmerksamkeit in Deutschland nach einem dreijährigen Turnierloch aufgrund der Corona-Pandemie. Das merklich gestiegene Sehvergnügen, dazu die gut besuchten Stadien im Fußballland England und die zusätzlich begleitende Berichterstattung im gesellschaftsrelevanten Bereich, geprägt von den Protagonistinnen selbst, haben ein ganz neues, spannendes Gesamtbild ergeben.

„Hype“ ist für mich allerdings nicht der treffende Begriff, denn das klingt eher nach künstlich geschaffenem Teilzeitphänomen. Es geht um Entwicklung und Wachstum sowohl im qualitativ sportlichen Bereich als auch in Bezug auf Markenbildung.

Erfolgreiches Abschneiden der deutschen Mannschaft ist dabei der größte Treiber, um den Fuß weiter auf dem Gas zu halten. Die Nationalmannschaft kann im Falle eines Titelgewinns die angedachten Prozesse zur Weiterentwicklung der Bundesliga enorm beschleunigen. Die Euphorie eines Sommers bringt alle Entscheider unter Handlungsdruck. Eine sportliche Enttäuschung hingegen wird die Entwicklung sicher nicht aufhalten, aber möglicherweise deutlich entschleunigen.

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