zum Hauptinhalt
Polizei-Großaufgebot beim Derby 1. FC Köln gegen Borussia Mönchengladbach. Köln, 14.09.2019 *** Police large contingent at the Derby 1 FC Cologne against Borussia Mönchengladbach Cologne, 14 09 2019 Foto:xC.xHardtx/xFuturexImage

© imago images/Future Image/Christoph Hardt

Fußballfans kritisieren Politik: „Wir sind keine Versuchskaninchen für wildgewordene Sicherheitsfanatiker“

Knapp zwei Wochen vor der Bundestagswahl hat der Dachverband der Fanhilfen einen Forderungskatalog an die Politik vorgestellt.

Stand:

Oliver Wiebe hat ein bisschen gerechnet. Nichts Kompliziertes, nur einfache Prozentrechnung. Das Ergebnis fand er einigermaßen beeindruckend. Nach seiner Rechnung liegt das Risiko, als Besucher eines Fußballspiels verletzt zu werden, bei 0,0046 Prozent.

Ein Ausflug zum Oktoberfest nach München, so seine Folgerung, sei da schon deutlich gefährlicher. Wiebe ist Sprecher des Dachverbandes der Fanhilfen, nach eigenen Angaben eine der größten Interessenvertretungen von Fußballfans in Deutschland. Die Zahlen aber, die er für seine Rechnung zu Rate gezogen hat, stammen aus Statistiken der Polizei.

Ganz konkret sind es die aus der Saison 2023/24, in der 28,65 Millionen Menschen die Spiele der Ersten bis Dritten Liga sowie des DFB-Pokals besucht haben. Dabei verzeichnete die Polizeistatistik insgesamt 1338 Verletzte.

„Wir haben keine bürgerkriegsähnlichen Zustände, wie es gerne schwadroniert wird“, sagte Wiebe bei einer Pressekonferenz des Dachverbands. Trotzdem werde „die große Repressionskeule gegen Fans“ geschwungen. „Fußballfans sind keine Versuchskaninchen für wildgewordene Sicherheitsfanatiker“, heißt es in einer Erklärung der Fanhilfen.

Die Forderungen sind nicht neu

Zwölf Tage vor der Bundestagswahl stellte ihr Dachverband am Dienstag ihre Forderungen an die Politik auf. Insgesamt sieben sind es, viele von ihnen nicht neu. Aber die Ausgangslage ist und bleibt eben schwierig. Die inzwischen gescheiterte Ampel sei zwar mit zahlreichen Versprechungen an die Fans in die Regierung gestartet, erklärte Wiebe, eine signifikante Verbesserung hat es aus Sicht des Dachverbands jedoch nicht gegeben.

Im Gegenteil. Das Konfliktverhalten zwischen Fans und Polizei, so die Diagnose der Fanhilfen, sei nach wie vor sehr angespannt. Fans erlebten einen massiven Anstieg der Härte. „Es ist krass und unbeschreiblich, mit welchen Rechtsbrüchen Fußballfans zu kämpfen haben“, sagte Wiebe. Die Forderungen der Politik nach weiteren Maßnahmen und Repressionen bezeichnete er als „blanke Form von Populismus“.

Im Einzelnen fordern die Fanhilfen:

  1. Chatkontrolle verhindern
  2. Ein Zeugnisverweigerungsrecht für Sozialarbeiter
    Hintergrund ist der Fall dreier Mitarbeiter des Fanprojekts in Karlsruhe, die zu einer Geldstrafe verurteilt worden sind, weil sie die Aussage verweigert haben.
  3. Den Bundespolizeibeauftragten stärken
    Der Beauftragte sei bisher ein ziemlich zahmer Tiger und müsse zu einer Beschwerdestelle mit Ermittlungsbefugnissen umgebaut werden.
  4. Keine erweiterten Befugnisse für Polizeibehörden
    Dabei lehnt der Dachverbund vor allem den Einsatz künstlicher Intelligenz ab.
  5. Datei „Gewalttäter Sport“ abschaffen
    Die Datei sei „stigmatisierend, intransparent und vollkommen willkürlich“. Eine Reform sei zwar versprochen, jedoch nicht umgesetzt worden.
  6. Paragraf 114 „Tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamte“ streichen
  7. Kennzeichnungspflicht für die Bundespolizei

Der Dachverband beklagte, dass er bisher keine Möglichkeit habe, etwa an Arbeitsgruppen des Deutschen Fußball-Bundes zu Fanbelangen teilzunehmen. „Wir sind schlichtweg nicht vorgesehen“, sagte Linda Röttig, Vorstandsmitglied des Dachverbands. Dabei sei man dialogbereit, allerdings nicht, „wenn das Ergebnis schon feststeht“.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })