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Erneut kam es zu einem Gewaltausbruch beim Amateurfußball.

© Imago/Maximilian Koch

Gewalt im Amateurfußball: Eine Aufsichtsperson durch einen Verein löst keine Probleme

Es gibt den Vorschlag, Gewalt beim Fußball durch eine Art Aufpasser am Spielfeldrand zu verhindern oder einzudämmen. Die Idee ist gut, aber nur in der Theorie. In der Praxis funktioniert sie nicht.

Stand:

Eine Woche nach dem tragischen Tod des 15-jährigen Berliner Jugendfußballers, gestorben durch die Schläge eines Gegenspielers, eine Woche nach Trauer, Entsetzen, Gedenkminute, eine Woche nach dem Satz von Bernd Schultz, dem Präsidenten des Berliner Fußball-Verbands: „Ich hoffe, die Leute kommen jetzt ins Nachdenken“, eine Woche später also gab es im Berliner Fußball wieder Spielabbrüche, Tritte gegen Kopf und Rippen, Polizeieinsatz.

Muss man mehr sagen über die nachhaltige Wirkung eines entsetzliches Vorfalls, der jeden Tag auf auf einem anderem Platz passieren kann?

Appell an Vereine und Forderung nach einem Art Aufsichtsperson

Mein Kollege Robert Klages appelliert völlig zu Recht an Vereine, auf Eltern, Spieler und Trainer präventiv einzuwirken, er bringt das Wort Vorbild ins Spiel – ebenfalls völlig zu Recht –, und er fordert einen Art Vereins-Aufpasser, der bei Problemen einschreiten und deeskalierend wirken soll.

Eine gute, eine hochgradig theoretische Idee. Sie wird in der Praxis nur nie funktionieren. Aus verschiedenen, gleichermaßen bedenklichen Gründen.

Den Vereinen fehlt das Personal

Erstens: Es fehlt schlicht das Personal. Viele Vereine sprechen verzweifelt völlig fachfremde Väter an, damit die als Trainer einspringen. Schon dies ist also ein Riesenproblem. An Wochenenden finden oft von vormittags bis spätnachmittags Spiele statt. Niemand stellt sich die ganze Zeit auf den Platz, um aufzupassen. Also benötigte man mindestens drei, vier Personen. Völlig undenkbar, die dauerhaft zu finden. Vor allem, wenn die wissen, dass sie möglicherweise mit hochaggressiven Szenen zu tun haben.

Zweitens: Selbst wenn es genügend Freiwillige gäbe – im Einsatz wäre jeweils nur ein Ehrenamtler –, wie soll der aggressive Väter oder Spieler zur Vernunft bringen? In der Regel tritt eine ganze Gruppe aggressiv auf, und die Gruppendynamik erzeugt immer mehr Täter. Soll sich ein Ehrenamtler drohender Prügel aussetzen? Abgesehen davon, würde in einer aufgeheizten Situation niemand auf ihn hören.

Es fehlen wirksame Sanktionsmöglichkeiten

Drittens: Welche Sanktionsmöglichkeiten hätte dieser Aufpasser denn? Er könnte auf das Hausrecht verweisen und Personen vom Gelände schicken. Aber wie viele Täter folgten der Aufforderung eines vielleicht 70-Jährigen Ehrenamtlers? Im Zweifelsfall müsste man die Polizei rufen, aber die wird bei Tätlichkeiten häufig ohnehin alarmiert.

Viertens: Viele verbale und körperliche Aggressionen finden knapp außerhalb des Vereinsgeländes statt. Spieler des FV Wannsee wurden bei einer Bushaltestelle neben dem Stadion von mindestens einem Spieler und von Anhängern eines bis vor wenigen Jahren in ganz Berlin berüchtigten türkischen Vereins bedroht und geschlagen.

Eltern haben den Aggressionen nur geschaut

Der Ehrenamtler hätte die Szenen gar nicht mitbekommen. Und wenn doch, dann wäre es doch sehr fraglich, ob er eingegriffen und sich selber in Gefahr gebracht hätte. Wohl eher nicht. Warum denn er allein? Daneben standen Eltern und haben nur zugeschaut.

Man kann nur hoffen und beten, dass es nie mehr wieder einen tödlichen Zwischen wie den von Frankfurt geben wird. Aber man kann sehr sicher sein, das schon am nächsten Spieltag wieder Schläge verteilt und Drohungen ausgestoßen werden.

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