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Große Bühne, kleiner Etat: Wie ernst meint es der FC Bayern mit dem Frauenfußball?
Trotz sportlicher Dominanz bleiben Fragen offen: Verträge mit Topspielerinnen laufen aus, die Stadionfrage ist ungelöst. Das Duell mit Arsenal wird auch ein Gradmesser für die Ambitionen des Klubs.
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Die Fußballerinnen des FC Bayern bekommen am Mittwochabend die ganz große Bühne. Zum zweiten Mal in dieser Saison spielen sie in der großen Münchner Arena – diesmal in der Champions League gegen den FC Arsenal (18.45 Uhr, Dazn). Wenn der aktuelle Bundesliga-Spitzenreiter im Münchner Norden die Titelverteidigerinnen unter Flutlicht empfängt, werden tausende Menschen erwartet.
Das Team von Trainer José Barcala scheint für dieses Duell mehr als bereit zu sein. In der Liga dominiert es nach Belieben und schloss die englische Woche mit neun Punkten aus drei Spielen sowie einem Torverhältnis von 14:1 ab. Und auch das Zuschauerinteresse ist konstant groß – der FC-Bayern-Campus ist bei Heimspielen immer bis auf den letzten der 2500 Plätze gefüllt. Dass es für solch ein Highlightspiel nun erneut in die Arena geht, ist also die logische Konsequenz.
Trotzdem könnten sich bei Bianca Rech, der Sportlichen Leiterin der Frauenabteilung, Sorgenfalten auf der Stirn bilden. Denn der letzte Stand an verkauften Tickets lag am Donnerstag nur bei etwas über Zehntausend – die Münchner Arena bietet indes eine Kapazität von 75.000. Zum einen kann selbst bei einer Anzahl von 20.000 Menschen nur wenig Stimmung aufkommen, zum anderen handelt es sich um ein Verlustgeschäft. Um die laufenden Kosten zu decken, müssten laut Rech rund 25.000 Tickets verkauft werden.
Der FC Bayern investiert nur sehr zurückhaltend
Für das Topspiel im Europapokal den Campus zu verlassen, ist ein Ausdruck des „Equal Plays“ und notwendig, nachdem in der vergangenen Saison kein einziges Spiel im großen Stadion stattgefunden hatte. Das geringe Zuschauerinteresse dürfte die Verantwortlichen des FC Bayern aber auch in ihrem Plan bestärken, künftig wieder nur so viel auszugeben, wie man einnimmt. Bayerns CEO Jan-Christian Dreesen machte auf der Jahreshauptversammlung vor eineinhalb Wochen deutlich, dass er am vergleichsweise niedrigen Budget von rund vier Millionen Euro festhalten will.
Der Frauenfußball boomt so sehr. Es wäre schön, wenn man in Zukunft noch mehr Zuschauern die Möglichkeit geben könnte, das live zu verfolgen.
Giulia Gwinn, Spielerin des FC Bayern
Aus wirtschaftlicher Sicht ist diese Einstellung vernünftig. Blickt man sich allerdings in der Bundesliga oder in England beim FC Arsenal und Co um, wird klar, dass die aktuelle Entwicklung zu langsam voranschreitet, um langfristig auf allerhöchstem Niveau mitzuhalten. Dabei ist man auch in der Frauenabteilung des Klubs mittlerweile bei einer Situation angelangt, in der der Erfolg der Münchnerinnen an ihrem Abschneiden in der Champions League bemessen wird.
Dass sich der FC Bayern derzeit Medienberichten zufolge um den Kauf des Sportparks Unterhaching bemüht, ist ein positives Signal. „Wir fühlen uns superwohl hier auf dem Campus, haben hier in allen Spielen ein ausverkauftes Haus und große Erfolge gefeiert. Aber der Frauenfußball boomt so sehr“, sagte Bayerns Giulia Gwinn. „Da wäre es natürlich schön, wenn man in Zukunft noch mehr Zuschauern die Möglichkeit geben könnte, das live zu verfolgen.“ Der 26-Jährigen schwebt dabei „irgendwas zwischen den 2500 vom Campus und den 75.000 in der Allianz Arena“ vor, „gerne so 10.000 bis 15.000“.

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In München gibt es neben dem Sportpark Unterhaching noch das Grünwalder Stadion, das 15.000 Plätze bietet, aber auch die Heimspielstätte von Erzrivale 1860 München ist und generell mit den Amateuren des FCB sowie Wacker und Türkgücü München mehr als ausgelastet scheint. Unterhaching wäre zwar deutlich weiter weg, doch auch dort stehen rund 15.000 Plätze zur Verfügung. Aktuell wird es zunehmend wahrscheinlicher, dass die Bayern die 7,5 Millionen Euro für den Kauf dieses Stadions ausgeben wollen.
Im Sommer laufen zahlreiche Verträge von Topspielerinnen aus
Abseits der Stadionfrage läuft es sportlich rund bei den Bayern. Zwar geriet man beim 1:7 in Barcelona am ersten Spieltag der Champions League ziemlich unter die Räder, die jüngsten Ergebnisse und vor allem die Art und Weise, Fußball zu spielen, überzeugte aber. „Wir haben uns in einen wirklich guten Flow gespielt“, sagt Gwinn und erinnert dabei an das 5:2 ihres Teams gegen den Londoner Klub im Gruppenspiel der vergangenen Saison. „Da haben wir einen sehr starken Auftritt hingelegt vor einer coolen Kulisse hier im Campus“, sagt sie. „Arsenal kommt bestimmt nicht gerade gerne in die Allianz Arena und denkt sich, das wird leicht gegen Bayern.“
Der Kader der Münchnerinnen ist trotz der vielen Verletzungen hochkarätig besetzt. Zur Realität gehört allerdings auch, dass 13 Verträge im Sommer auslaufen – darunter die zahlreicher Topspielerinnen wie Georgia Stanway, Lea Schüller, Pernille Harder oder Kapitänin Glodis Viggosdottir. Kommt es tatsächlich zu derart vielen Abgängen, wäre das für den FC Bayern kaum aufzufangen und angesichts der zurückhaltenden Investitionen der Vereinsführung dürfte ein kompletter Umbruch unvermeidbar sein. Die Forderung, finanziell in Vorleistung zu gehen, erscheint angesichts der aktuellen Möglichkeiten schlicht unrealistisch.
Das Ziel bleibt trotzdem, in der Champions League künftig eine größere Rolle zu spielen. „Wir können die Champions League früher oder später gewinnen“, meint etwa Trainer José Barcala. „Wir haben nicht ohne Grund so einen starken Kader zusammengestellt. Wir wollen wirklich international angreifen, das ist das nächste große Ziel“, sagt auch Gwinn.
Und dennoch scheinen der internationale Anspruch und die finanzielle Realität beim amtierenden Deutschen Meister nicht ganz zusammenzupassen. Wie ernst es der FC Bayern mit dem Frauenfußball wirklich meint, wird sich in den kommenden Wochen entscheiden.
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