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Um Worte nie verlegen. Mannheims Trainer Dallas Eakins.

© IMAGO/Nordphoto

Herz über Punkte : Wie ein Trainer die Perspektive verändert

Dallas Eakins ist in der Deutschen Eishockey-Liga eine Ausnahme, weil der Trainer der Adler Mannheim weiter denkt als von Spiel zu Spiel und den Blick auch für das Wesentliche neben dem Spiel schärft.

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Das letzte Tor in der Uber Arena war kaum gefallen, als Dallas Eakins das rhetorisch Erwartbare umkringelte. Der Trainer der Adler Mannheim hätte darüber räsonieren können, dass die 3:4-Niederlage seines Teams unglücklich zustande gekommen war.

Aber das war ihm „nicht so wichtig“ im Vergleich zu einer Geschichte aus dem Leben. „Wichtiger als das Spiel ist, wie es Tobi Eder geht. Ein inspirierender junger Mensch, den wir unbedingt unterstützen wollen. Das macht das Spiel ganz schön zur Nebensache“, sprach Eakins.

Vor dem Spiel waren alle Profis der Adler mit Trikots mit der Nummer 22 aufgelaufen, mit Schriftzug „Tobi“ als Namen. Der Berliner Angreifer ist an Krebs erkrankt. Die Einlauftrikots werden nun für einen guten Zweck versteigert. Die Aktion der Mannheimer fand auch Berlins Trainer Serge Aubin „große Klasse“. Womöglich hinterließ sie tiefen Eindruck bei den Spielern der Eisbären, das Duell am Freitagabend verlief eher friedlich. Da hat man schon anderes zwischen Berlin und Mannheim im Eishockey erlebt.

Es war eine bemerkenswerte Aktion der Mannheimer. Bemerkenswert war zudem, wie sie vom Trainer der Gäste im Nachhinein moderiert wurde: Eakins ist einer der erfahrensten Trainer in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL), vielleicht einer der besseren, womöglich der bestbezahlte, aber sicher der beste Unterhalter in der Liga. 

Die „Spiel-ist-nicht-so-wichtig-Nummer“ hat Eakins am Freitagabend nicht zum ersten Mal gebracht auf einer Pressekonferenz. Als jüngst der ex-Mannheimer-Profi Dennis Reul mit seinem neuen Arbeitgeber Augsburg in Mannheims Arena auftauchte, war das Eakins wichtiger, über die Größe der Fans zu philosophieren, die Reul mit viel Applaus empfingen, als sich mit der Analyse eines banalen Erfolges aufzuhalten.

Vor Mannheim hat Eakins 18 Jahre im Umfeld der NHL gearbeitet

Eakins ist nah am Volk gebaut, die Mannheimer SAP-Arena hat für den gebürtigen US-Amerikaner eine „unglaubliche Energie“, die Fans der Adler hält wer, natürlich, für die besten Fans der Liga. Sie haben ihren Cheftrainer kürzlich auch mal aufs Eis gebeten und gefeiert. Eigentlich mache er so etwas ja nicht, aber für diese Fans – so hat sich Eakins in etwa danach geäußert.

Eakins ist noch nicht lange in der DEL und die war früher auch nicht seine Traumstation, aber er macht eine traumhafte Station für sich daraus: Seit 18 Jahren hatte er entweder in der besten Eishockeyliga der Welt oder in der deren Umfeld gearbeitet, bis 2023 war er noch Coach der Anaheim Ducks in der NHL. Nun könnte er die DEL als eine Sackgasse seiner Karriere sehen, doch Eakins lebt auch diese Liga.

Als kürzlich die Fachzeitung „Eishockey-News“ Funktionäre der Liga fragte, ob das neue Einbürgerungsgesetz die Zukunft in Deutschland ausgebildeter Spieler gefährden könne, stanzten sich die meisten Kollegen vorsichtig durch die Frage. Nicht so Eakins. Er sehe die möglichen Konsequenzen des neuen Gesetzes als eine Gefahr für den deutschen Nachwuchs, sagte er.

Eakins, vor elf Monaten in die DEL gekommen, hat genau das Profil der Gegnerschaft im Sinn, wenn er etwas sagt. Im Regelfall lobt er Einzelne. Am Freitagabend in Berlin war von den Eisbären Stéphane Richer dran. Der Sportdirektor der Berliner, sei ein „Hell of a Manager“, sagte Eakins. So ist redet er halt, der 57 Jahre alte großgewachsene Mann mit der etwas sympathisch verhuschten Frisur.

„Wenn ich ein Bier zur Hand hätte, würde ich es jetzt auf ex trinken.“

Dallas Eakins nach einer klaren Niederlage seines Teams

Man darf sich aber nicht täuschen lassen, Eakins ist trotz all seiner schönen Worte und gutem Verhältnis zu den Mannheimer Gesellschaftern Dietmar und Daniel Hopp an einer Berufsstation gelandet, in der es immensen Erfolgsdruck gibt. Vergangene Saison hatte er noch Schonzeit, das Viertelfinalaus gegen den späteren Meister Eisbären wurde wohlwollend gesehen, doch diesmal wollen sie in der selbsternannten Eishockeystadt, in der sie sehr oft trotz teurem Kader dem Erfolg hinterherlaufen, mehr. Nach neun Spielen hat Eakins mit dem Team 15 Punkte auf dem Konto. Das ist in Ordnung, aber auch nicht zu viel.

Eakins ist Mannheims Cheftrainer und Sportdirektor in Personalunion. Er kann sich also alles so basteln, wie er das für richtig hält. Wo auch immer die Adler am Ende der Saison landen, ihr Trainer hat in jedem Fall der Liga etwas an Profil verschafft. Und Humor hat er auch. Als er im Januar mit seinem Team 0:4 beim ERC Ingolstadt untergegangen war, sagte Dallas Eakins nach dem Spiel: „Wenn ich ein Bier zur Hand hätte, würde ich es jetzt auf ex trinken.“

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