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Sport: Hobbyspieler nerven große Handballteams

Favoriten-Ärger über chancenlose WM-Gegner

Berlin - Alfred Gislason, der Trainer der isländischen Nationalmannschaft, ist bisher selten als Diplomat aufgetreten. Aber jetzt geht es um Australien, am 20. Januar in Magdeburg erster Gruppengegner Islands bei der Handball-Weltmeisterschaft, und in diesem Fall will Gislason nicht arrogant erscheinen. Deshalb formuliert er es so: „Die vertreten auch ein Land.“ Gislason sagt nicht: „Was zum Teufel haben solche Amateure, die kaum einen Ball fangen können, bloß bei einer WM zu suchen? Und wer ist dafür verantwortlich?“ So ungefähr äußerte sich sein Vorgänger Gudmundur Gudmundsson bei der WM 2003 in Portugal, als Island die Australier 55:15 besiegte, das war Rekord in der WM-Geschichte. Gudmundsson war genervt: „Dieses Spiel war nicht gut für uns, nicht gut für den Gegner und vor allem nicht gut für eine WM.“

Viel hat sich in Australien, das selbst gegen Grönland schon verloren hat, seitdem nicht getan. Damals hatte der australische Handballverband rund 150 Mitglieder, heute sind es 370 – selbst der Deutsche Tipp-Kick-Verband hat mehr. Wenn es stimmt, was im Sonderheft der „Handballwoche“ steht, dass nämlich der australische Kapitän Lee Schofield „niedergeschlagen“ sein wird, sollte sein Team „nicht einen oder zwei Siege aus den drei Partien mitnehmen“, dann ist an Schofield, der gleichzeitig Generalsekretär des Handballverbandes ist, ein großer Komiker verloren gegangen.

Auch Heiner Brand sieht die Teilnahme Australiens kritisch. „Gegen solche Teams zu spielen, macht im Prinzip keinen Spaß“, sagt der Bundestrainer, „es sei denn, man nutzt das zur Regeneration. Bei der WM 2003 in Portugal hatten wir drei solche Gegner – Grönland, Katar und Australien – das war zu viel.“ Allerdings habe der Weltverband auch eine Verantwortung, sagt Brand und verweist auf die Fortschritte beim einstigen Außenseiter und jetzigen WM-Geheimfavoriten Tunesien. Der deutsche Gruppengegner Brasilien hat mit Bruno Souza (HSV) und Renato Rui (Wilhelmshaven) sogar zwei Bundesliga-Profis herausgebracht.

Als Problem erkannte der Welthandballverband IHF den Fall Australien schon bei der WM 2003: „Es hat einfach keinen Zweck, dass die Australier hier sind“, sagte Kjartan Steinbach, ein hoher IHF-Funktionär. Er wusste freilich, dass die Verbände mit schwächeren Teams auf ihre Kontinentalkontingente beharren würden. Und dass der ägyptische IHF-Präsident Hassan Mustafa sich bei diesen Ländern nicht unbeliebt machen will, die seit einiger Zeit die Mehrheit im Weltverband stellen – seitdem Mustafa möglichst viele Mitglieder aufgenommen hat, um seinen Einfluss zu stärken. 2003 stellten Panamerika, Afrika und Asien (jeweils drei Plätze) und Ozeanien (ein Platz) zehn von 24 WM-Teilnehmern. „Ich will dafür sorgen, dass Afrika, Amerika und Asien nur noch zwei Plätze bekommen“, kündigte Steinbach damals an, auch der Ozeanien-Platz sollte diskutiert werden. Nun haben die Afrikaner wegen der Spielstärke Tunesiens sogar einen Platz dazugewonnen.

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