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„Ich halte den Vergleich mit Russland für blanken Hohn“ : Israel fürchtet, aus der Sportwelt getilgt zu werden
Immer mehr Länder plädieren für einen Ausschluss Israels von diversen Sportveranstaltungen. Makkabis Präsident Alon Meyer zeigt sich im Gespräch mit dem Tagesspiegel fassungslos ob der Entwicklungen.
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Alon Meyer braucht am Montagmorgen nicht lange, um in Fahrt zu kommen. Er sei „entsetzt, dass darüber diskutiert wird, Israel und überhaupt Menschen, die den Davidstern tragen, vom Spiel- und Trainingsbetrieb auszuschließen“, sagt er dem Tagesspiegel. Und es mache ihn fassungslos, wenn er höre, dass es solche Diskussionen im deutschen, vor allem aber im internationalen Sport gebe.
Der Präsident von Makkabi Deutschland, dem Dachverband des jüdischen Sports in Deutschland, ist der Ansicht, „dass man dadurch auch diejenigen Menschen in Gesamthaftung nimmt, die der Regierung Israels kritisch gegenüberstehen“.
Sport habe nichts mit Politik zu tun. Das behaupten führende Sportfunktionäre seit Jahrzehnten – und werden Jahr für Jahr widerlegt. Wie stark die Weltpolitik den Sport beeinflusst, zeigt sich in diesen Wochen und Monaten besonders eindrücklich.
Im Fokus steht Israel, das als Folge des Überfalls der Hamas im Oktober 2023 Gaza bekämpft. Weltweit mehren sich die Stimmen, die das Vorgehen Israels verurteilen. Der Sport bleibt davon nicht unberührt.
Schon seit den ersten Angriffen Israels in Gaza gibt es nicht nur Forderungen, das Land auf sportpolitischer Bühne zu bestrafen, sondern auch konkrete Maßnahmen. Israelische Fußballklubs etwa müssen auf europäischer Ebene ihre Heimspiele im Ausland austragen. Neben dem Fußball sind auch zahlreiche andere Sportarten betroffen. Spiele werden abgesagt oder boykottiert. Und immer mehr Länder schließen sich den Ausschluss-Forderungen an.
Warum wurde Russland nach dem Einmarsch in die Ukraine ausgeschlossen, Israel aber nicht nach dem Einmarsch in Gaza?
Pedro Sánchez, Ministerpräsident von Spanien
Israel fürchtet, aus der Sportwelt schlicht getilgt zu werden. Eine aktuelle Meldung verstärkte diese Sorgen: Demnach könnte der engste Zirkel der Uefa in den nächsten Tagen über einen möglichen Ausschluss Israels vom europäischen Fußball abstimmen. Laut mehreren Medien ist ein Großteil der Uefa-Exekutive dafür. Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) hingegen ist dagegen und will eine solche Entscheidung abwenden.
Die Befürworter von Ausschlüssen und Boykotten gegenüber Israel und seinen Sportlerinnen und Sportlern argumentieren mit der humanitären Lage in Gaza – und auch damit, dass Russland für seinen Krieg in der Ukraine ebenfalls von der Sportwelt sanktioniert worden sei. „Warum wurde Russland nach dem Einmarsch in die Ukraine ausgeschlossen, Israel aber nicht nach dem Einmarsch in Gaza?“, fragte vor wenigen Wochen der spanische Ministerpräsident Pedro Sánchez.
Makkabi-Präsident Alon Meyer machen solche Aussagen wütend. „Ich halte den Vergleich zwischen Israel mit Russland für blanken Hohn.“ Beim Krieg in der Ukraine handele es sich um einen Überfall, in Gaza würden Terroristen bekämpft. „Natürlich kann man das Vorgehen Israels, besonders die humanitäre Lage in Gaza, kritisch sehen. Man sollte aber keinesfalls das Täter/Opfer-Motiv umkehren, weswegen der Vergleich schlicht falsch ist.“
Unterstützung bekommen die Israelis von US-Präsident Donald Trump. Die USA sind neben Mexiko und Kanada im nächsten Jahr Ausrichter der Fußball-Weltmeisterschaft. Was Trump von der Unabhängigkeit des Sports hält, machte er in den vergangenen Wochen deutlich.
Er kündigte unter anderem an, Austragungsstätten wie etwa dem demokratisch geführten San Francisco oder Seattle die Spiele wieder zu entziehen, sollten sie bestimmte Sicherheitsstandards nicht umsetzen. Außerdem belegte Trump mehrere Länder mit einer Einreisesperre, darunter den Iran, der sich ebenfalls für die WM qualifiziert hat. Geht es nach Trump, dürfen iranische Fußballfans, die bereits Tickets erworben haben, im nächsten Jahr nicht ins Land einreisen.
Trump will die Fußball-WM zu seiner Show machen. Das heißt auch: Die Gästeliste möchte er maßgeblich mitbestimmen. Für Israel wiederum sind das gute Nachrichten.
Die Trump-Administration setzt sich für Israel ein. Ein Sprecher des für die Außenpolitik zuständigen Ministeriums von Marco Rubio sagte vor wenigen Tagen dem britischen Sender Sky News: „Wir werden uns mit aller Kraft dafür einsetzen, alle Versuche, Israels Fußball-Nationalteam von der WM auszuschließen, vollständig zu unterbinden.“
Ähnliche Stimmen sind auch vom DFB zu vernehmen. „Ich freue mich über die Haltung der deutschen Sportverbände, die einen klaren Standpunkt in dieser Frage einnehmen, Israel den Rücken stärken“, sagt Alon Meyer. Das gebe ihm die Kraft, in seinem Amt als Präsident von Makkabi Deutschland weiterzumachen.
Ob er glaube, dass die Isolation Israels in der Sportwelt nicht weiter fortschreitet? „Ich hoffe, dass sich der gesunde Menschenverstand auch in der Sportpolitik durchsetzt“, sagt Meyer. „Auch wenn es schwer wird.“
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