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Sport: Immer gut drauf

Nach der Katalonien-Rundfahrt verbreitet Jan Ullrich mal wieder viel Zuversicht für die Tour

Berlin - Für die Berge reicht es einfach noch nicht. Sieben Tage lang ist Jan Ullrich bei der Katalonien-Rundfahrt mitgerollt, die gestern zu Ende ging. „Ich habe gesehen, dass ich gut drauf bin – und dass auch noch etwas fehlt“, sagte Ullrich, nachdem er bei zwei Bergetappen ein Stück hinter den Besten hinterher gefahren war. In der Gesamtwertung belegte er bei dem Vorbereitungsrennen, bei dem er von seinem Team T-Mobile nur den Auftrag hatte, „auf sich acht zu geben“, den 18. Platz. Das Rennen in Spanien war eine Trainingseinheit unter Wettbewerbsbedingungen. In sechs Wochen beginnt die Tour de France, und spätestens jetzt beginnt auch die Zeit, in der jedes Rennergebnis und jedes Niesen des 31-jährigen Radprofis zu bedeutungsschwangeren Ereignissen werden.

Nach den ersten Flachetappen bei der Katalonien-Rundfahrt ist Ullrich abends noch „auf der Rolle“, dem Profi-Hometrainer, ein paar zusätzliche Kilometer gefahren. „Klar bin ich heiß und habe auch mehr trainiert“, sagte Ullrich der „Frankfurter Rundschau“. Ein Beweis für mehr Ehrgeiz? Wie wirkt es sich aus, dass Ullrich in dieser Saison bislang von Krankheiten verschont geblieben ist und auch über Weihnachten in Südafrika trainiert hat? Stimmt es, wenn er sagt, dass er so gut drauf ist wie bei seinem bislang einzigen Sieg bei der Frankreich-Rundfahrt 1997?

Die Antworten auf diese Fragen werden im Moment der Übersicht halber noch in Zahlen angegeben. „Etwa 30 Prozent fehlen vielleicht noch“, sagt Ullrichs persönlicher Betreuer Rudy Pevenage. „Das erinnert ihn wenigstens daran, dass er weiter hart arbeiten muss bis zu seiner Idealform.“ Ullrich selbst verbreitet Zuversicht. Wenn er in den Vorjahren zum gleichen Zeitpunkt der Saison offensichtliche Probleme mit seiner Form hatte, hat er das genauso getan.

Es gehört zum Geschäft, zum professionellen Umgang mit den Erwartungshaltungen der Fans und auch zur eigenen mentalen Vorbereitung, vor dem Showdown in Frankreich keine eigenen Schwächen einzugestehen und damit den großen Gegner Lance Armstrong vor dessen letzter Tour de France noch ein wenig größer zu machen. Von dem Amerikaner ist derzeit wenig zu hören, er trainiert im spanischen Gerona. Vor der Tour werden Armstrong und Ullrich nicht mehr bei einem Rennen aufeinander treffen.

In diesem Jahr hört es sich überzeugender an als sonst, wenn Ullrich sagt, dass er seiner Form wie in vielen Jahren zuvor nicht hinterherlaufe. „Ich habe gesehen, dass das harte Training in der Toskana sehr effektiv gewesen ist“, sagt Ullrich. „Deshalb bin ich auch für die nächsten Wochen sehr zuversichtlich gestimmt.“ Die schon länger feststehende Trennung von seiner Frau werde ihn bei der Tour nicht belasten, sagt Rudy Pevenage. Und Ullrichs Gewicht und die Probleme damit halten sich in diesem Jahr in Grenzen, in den kommenden Wochen geht es vor allem darum, noch Kraft für die Berge zu gewinnen.

Dennoch verlor er am Freitag beim 17 Kilometer langen Bergzeitfahren in Andorra-Arcalis fast drei Minuten auf den Tagessieger Inigio Cuesta. Genau an diesem Ort hatte er sich 1997 das Gelbe Trikot bei der Tour de France geholt. „Ich hätte kämpfen und mich durchbeißen müssen, um besser zu fahren“, sagte Ullrich, der aber lieber Kraft sparen wollte. „Die Zeit für den roten Bereich kommt noch.“ Am Samstag ließ sich Ullrich kurz in einer Ausreißergruppe blicken, die aber vor dem Ziel wieder eingeholt wurde. Durchwachsen, ordentlich, gut mitgehalten: Die Expertenmeinungen über die derzeitigen Leistungen Ullrichs deckten sich nicht mit seiner eigenen positiven Einschätzung.

Die Katalonien-Rundfahrt war nach der Sarthe-Rundfahrt und der Aragon-Rundfahrt im April der dritte ernsthafte Formtest. Jetzt wird Ullrich wieder in der Toskana trainieren und noch einige Bergetappen der Tour in den Alpen und den Pyrenäen in Augenschein nehmen. Anfang Juni startet er dann bei den Eintagesrennen „Grand Prix Schwarzwald-Triberg“ und „Grand Prix Kanton Aargau“, ehe er ab 11. Juni an der Tour de Suisse teilnimmt, dort „spielt die Gesamtwertung keine Rolle“. Bei seinem letzten Rennen vor dem Start der Tour de France am 2. Juli will Ullrich „den Reiz für die Tour setzen und die schweren Etappen am Anschlag fahren“.

Im vergangenen Jahr gewann er die Rundfahrt in der Schweiz, die Form für die Tour de France und die Chancen auf den zweiten Sieg schienen nicht besser sein zu können. Ullrich wurde Vierter.

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