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Protest gegen Boateng.

© imago/Michael Weber/IMAGO/Michael Weber IMAGEPOWER

Jérôme Boateng muss einen Rückzieher machen: Der FC Bayern hat seine Fans unterschätzt

Boateng wird doch nicht beim FC Bayern hospitieren. Offenbar dachte die Führungsriege, sie könnte die Proteste der eigenen Anhänger aussitzen – und lag damit gründlich daneben.

Inga Hofmann
Ein Kommentar von Inga Hofmann

Stand:

Für die Fans des FC Bayern München war es ein Skandal, für die Führungsriege keine große Sache: Die Rückkehr von Jérôme Boateng. Eigentlich sollte der ehemalige Nationalspieler bei Trainer Vincent Kompany hospitieren, um besser den Einstieg ins Trainergeschäft zu finden. Doch nun macht Boateng selbst einen Rückzieher.

„Nach den jüngsten Diskussionen um meine Person bin ich zu dem Entschluss gekommen, mich auf meine Themen – die A-Lizenz (…) zu konzentrieren“, schrieb er am Samstagabend auf Instagram, und bedankte sich bei seinem Kumpel Kompany, der Klubführung und den Fans für die Unterstützung.

Von „Diskussionen“ zu sprechen, ist stark untertrieben. Seit vor rund zwei Wochen bekannt wurde, dass Boateng beim FC Bayern hospitieren soll, reagierten die Fans mit massiven Protesten. Die Südkurve zeigte, was sie von der Rückkehr des Mannes hielt, der im vergangenen Jahr wegen vorsätzlicher Körperverletzung an einer Ex-Freundin schuldig gesprochen und verwarnt worden war.

Sie organisierte Banneraktionen und beim Champions-League-Spiel gegen Brügge hielten tausende Fans weiße Zettel mit der Botschaft: „Gegen Missbrauch und physische und psychische Gewalt in Beziehungen“. Eine entsprechende Petition wurde von fast 30.000 Menschen unterzeichnet.

Schon einmal protestierten die Fans gegen Boateng

Die Causa Boateng zeigt vor allem eines: Der FC Bayern hat seine eigenen Fans unterschätzt. Mit der Wucht der Proteste hatte die Führungsriege offenbar nicht gerechnet. Womöglich dachte sie, sie könne das Ganze herunterspielen und aussitzen. „Das Thema ist aus dem Nichts sehr groß“, hatte Sportvorstand Max Eberl gesagt, als er auf die Hospitation angesprochen wurde.

Doch damit lag er gründlich daneben. Bereits vor zwei Jahren, als Boateng beim Probetraining dabei war, hatten die Kurve lautstark protestiert und ein Banner mit der Aufschrift „Misogyne Gewalt ist keine Privatsache!“ gehalten. An ihrer Haltung hat sich auch zwei Jahre später nichts geändert, das hätte Eberl und Co. klar sein müssen.

Der gesamte Entscheidungsprozess rund um das Thema Boateng bleibt weiterhin intransparent.

Inga Hofmann

Trotzdem sah die Vereinsführung keinen Anlass, ihre Entscheidung zu erklären oder darzulegen, weshalb Boateng eine zweite Chance verdient habe. Dabei gibt sich ausgerechnet der FC Bayern als Vorreiter, wenn es um den Einsatz gegen Gewalt gegen Frauen geht. Im vergangenen November wurde die Münchner Arena orange angestrahlt, um diesbezüglich ein Zeichen zu setzen.

Der gesamte Entscheidungsprozess rund um das Thema Boateng bleibt völlig intransparent. Als Eberl nach dem Spiel gegen Gladbach auf die Proteste angesprochen wurde, drückte er sich um eine Antwort. Wer hat die Hospitation beschlossen? Traf Kompany, der Boateng aus den gemeinsamen Zeiten beim HSV kennt, diese Entscheidung im Alleingang? Warum überging die Vereinsführung die Fanproteste?

Antworten auf diese Fragen bleibt die Führungsriege bisher schuldig. Die Jahreshauptversammlung am 2. November wäre der richtige Zeitpunkt, endlich Stellung zu beziehen.

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