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Jetzt erst recht!: Hertha BSC reagiert mit Trotz auf die Enttäuschung gegen Bielefeld
Kopf hoch, Brust raus und das Kinn gereckt: Herthas Spieler wollen sich durch den späten Ausgleich nicht unterkriegen lassen. Mehr denn je glauben sie an den Traum vom Aufstieg.
Stand:
Fabian Reese war nicht gut zu sprechen auf Arminia Bielefeld. Nicht nach diesem Spiel, das für Hertha BSC mit dem Ausgleich zum 1:1 in der letzten Minute der Nachspielzeit ein ausgesprochen bitteres Ende gefunden hatte. Und nicht nach dem robusten Auftritt der Ostwestfalen im Berliner Olympiastadion.
„Ich glaube, der Gegner wollte heute nicht den Fair-Play-Award gewinnen“, sagte Herthas Kapitän Reese. „Aber wir haben ja noch ein Rückspiel.“
Der Gedanke an das Rendezvous im Mai, dann auf der Bielefelder Alm, zauberte Herthas Offensivspieler ein seliges Lächeln ins Gesicht. „Da werden wir alles dafür geben, dass wir was zu feiern haben“, sagte er. Reese strahlte, als wäre er ein Junge, der längst weiß, dass zu Weihnachten sein sehnlichster Wunsch in Erfüllung gehen wird.
Eigentlich hätten Fabian Reese und seine Kollegen an diesem Abend jeden erdenklichen Grund gehabt, bedrückt und niedergeschlagen zu sein: Zum Beispiel wegen der zweifelhaften Roten Karte gegen ihren Abwehrchef Toni Leistner, die dem Spiel die wohl entscheidende Wendung gab. „Ich bin kein Hellseher, aber ich würde mit ziemlich großer Wahrscheinlichkeit sagen, dass wir das Spiel gewinnen, wenn wir mit elf gegen elf zu Ende spielen“, sagte Reese.
Er und seine Kollegen hätten sich auch grämen können, dass ihnen erneut ein fast schon sicher geglaubter Sieg noch durch die Hände geflutscht war. So wie in der Woche zuvor, als Hertha nach einer 2:0- und 3:2-Führung bei der Spielvereinigung Greuther Fürth ebenfalls mit nur einem Punkt abgespeist worden war.
Mund abputzen, diese Wut mitnehmen in die Pause und dann im neuen Jahr in positive Energie umwandeln. Die Messe ist noch nicht gelesen.
Herthas Torhüter Tjark Ernst
Die Partie gegen die Bielefelder wirkte wie eine Kurzversion der gesamten Hinrunde des Berliner Fußball-Zweitligisten. Es war zäh losgegangen, dann brachten die Gastgeber das Spiel dank ihrer fußballerischen Klasse mehr und mehr auf ihre Seite. Und dass sie Mitte der zweiten Hälfte durch das erste Tor von Mittelfeldspieler Paul Seguin für seinen neuen Klub in Führung gingen, war fast folgerichtig. Trotzdem brachte Hertha den Sieg am Ende nicht ins Ziel.
Das Ende der großen Hinrundenerzählung weist zu diesem Verlauf erstaunliche Parallelen auf. Weil für die Berliner aus den letzten drei Spielen gegen den Tabellenletzten, gegen den Drittletzten und gegen die auswärtsschwächste Mannschaft der Liga nur zwei Punkte und kein einziger Sieg heraussprangen, haben sie die Halbserie und die Aufholjagd in der Tabelle ebenfalls nicht zu einem erfolgreichen Ende bringen können.
Statt mit den angestrebten 30 Punkten in Tuchfühlung zu den Aufstiegsrängen zu überwintern, klafft nach oben weiterhin eine beachtliche Lücke. „Die letzten drei Spiele haben wir uns natürlich anders vorgestellt“, sagte Fabian Reese. Deswegen gehe man „mit einem gedämpften Gefühl“ in die Pause. Aber eben auch „mit der Gewissheit, dass wir ein System gefunden haben, dass wir eine Formation gefunden haben und eine Art und Weise, wie wir Fußball spielen wollen“.
Torschütze Seguin bescheinigte dem Team „eine klare Handschrift“. Herthas Darbietungen seien in der Hinrunde zwar nicht immer spektakulär gewesen, „aber wir funktionieren als Einheit, sind immer kompakt, haben gute Abstände. Ich glaube, dass wir auf einem guten Weg sind.“

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So verabschiedeten sich Herthas Spieler am Freitagabend nicht etwa mit hängenden Köpfen in die Weihnachtsferien, sondern mit dem festen Glauben, dass in dieser Saison was möglich ist. Etwas Großes. Sie erhoben noch einmal ihre Häupter, reckten das Kinn und streckten die Brust raus.
Fabian Reese sprach nach dem Schlusspfiff über die Stadionlautsprecher zu den Fans auf den Rängen und erwähnte dabei explizit „unser ganz großes Ziel“. Die Rückkehr in die Bundesliga eben.
„Ich glaube, am Ende wird uns so ein Rückschlag stärker machen“, sagte Herthas Sportdirektor Benjamin Weber. Der große Traum jedenfalls wurde am Freitagabend mächtig befeuert, von Trotz und mit Überzeugung.
Torhüter Tjark Ernst empfahl seiner Mannschaft: „Mund abputzen, auch ruhig ein bisschen diese Wut, die man jetzt verspürt, mitnehmen in die Pause und dann im neuen Jahr in positive Energie umwandeln. Ich glaube, dass die Messe bei weitem noch nicht gelesen ist.“
Die komplette Rückserie bleibe noch, um es nach ganz oben zu schaffen. „Dann geben wir Vollgas und greifen voll an“, sagte Ernst. Nein, Trotz sei das nicht, erklärte er. „Das ist einfach der pure Glaube daran.“
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