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Kader für die EM steht fest : Bundestrainer Wück setzt auf Erfahrung und junge Wilde
Bundestrainer Christian Wück lüftet die letzten Geheimnisse um das EM-Aufgebot der Fußballerinnen. In der Schweiz setzt er auf eine Mischung aus gestandenen Spielerinnen und neuen Kräften.
Stand:
Eigentlich liegt St. Gallen noch etwa 209 Autokilometer entfernt. Und doch konnte man am Donnerstag den Eindruck gewinnen, dass sich Christian Wück und Nia Künzer bereits am Spielort des ersten Gruppenspiels der deutschen Fußball-Nationalmannschaft bei der diesjährigen Europameisterschaft befinden.
Rund um den Bundestrainer und die Sportdirektorin waren einige Chalets zu erkennen, die Schweizer Bergatmosphäre vermitteln sollten. Tatsächlich befanden sich die beiden aber nicht in der Schweiz, sondern im Europapark Rust in der Nähe von Freiburg, wo der 23-köpfige Kader für die vom 2. bis 27. stattfindende EM bekanntgegeben wurde.
Immer wieder wurde Christian Wück in seinen Ausführungen von schreienden Menschen und einer vorbeirauschenden Achterbahn unterbrochen. Schließlich gelang es ihm aber, die Gründe darzulegen, weshalb er sich für die finalen 23 Spielerinnen entschieden hatte. „Wir wollten junge, frische, unvoreingenommene Spielerinnen haben, aber auch erfahrene Spielerinnen“, erklärte Wück. „Das macht ein Team aus, dass wir Erfahrungen austauschen, dass wir voneinander lernen und dieser Lernprozess nicht mit dem ersten Spiel bei einer Europameisterschaft beendet ist, sondern sich durch das komplette Turnier zieht.“
Der Kader, der ein Durchschnittsalter von 25,6 Jahren aufweist, enthält dabei keine wirklich überraschenden Namen. Nach der Absage an Lena Oberdorf, die lange Zeit verletzt gefehlt hatte (Kreuzbandriss), dem verletzungsbedingten Ausfall von Nicole Anyomi (anhaltende Knieprobleme) und dem jüngsten Rücktritt von Sara Doorsoun, hatte das finale Aufgebot überwiegend festgestanden.
Keine Überraschungen im Tor und keine Felicitas Rauch im Kader
Im Tor setzt Wück wie erwartet auf Ann-Katrin Berger als Nummer eins, gefolgt von Stina Johannes und Ena Mahmutovic. Die Abwehr wird von Kapitänin Giulia Gwinn angeführt, auf dem Platz dürfte auf dieser Position aber eher ihre Stellvertreterin Janina Minge das Kommando übernehmen. Die Innenverteidigerin des VfL Wolfsburg sammelte unter Trainer Wück am meisten Spielminuten von allen und ist die zentrale Stütze im Defensivverbund.
Wer es nicht in das finale Aufgebot geschafft hat und nur auf Abruf nominiert wurde, ist Felicitas Rauch. Die 50-malige A-Nationalspielerin hatte kürzlich die schlechte Kommunikation des Bundestrainers bemängelt, nachdem sie nicht für die beiden jüngsten Nations-League-Spiele berufen worden war. „Wir mussten eine Grundsatzentscheidung fällen, ob wir auf Erfahrung setzen oder eine junge Wilde wie Franziska Kett bevorzugen. Wir haben uns im Trainerinnenteam für Franzi entschieden und nicht gegen Feli.“
Jule Brand und Klara Bühl müssen die Offensive anführen
Ebenfalls jung und hochtalentiert ist die 18-jährige Alara. Für sie reichte es allerdings nicht. „Auf ihrer Position ist sehr viel Konkurrenz. Aber wir haben uns nicht gegen sie entschieden, sondern auf den Sechser- und Achterpositionen andere Spielerinnen vorgezogen“, sagte Wück.
Dort werden vor allem Elisa Senß und Sjoeke Nüsken gefordert sein, den Ausfall von Oberdorf zu kompensieren. Diese Rolle kommt der 108-fachen Nationalspielerin Sara Däbritz eher weniger zu. Vielmehr wäre es für sie bei einer Nominierung Oberdorfs wohl eng geworden.
Wir wollen mit einer Mischung aus Spielfreude, Begeisterung, Willen und Überzeugung agieren – dafür steht dieser Kader.
Christian Wück, Bundestrainer
Die absoluten Leistungsträgerinnen, auf die es auch bei dieser EM ankommen wird, sind Klara Bühl und Jule Brand. Die Flügelspielerinnen wecken schon lange Begehrlichkeiten internationaler Topklubs. Während Bühl beim FC Bayern langfristig verlängerte, entschied sich Brand nun dazu, im Sommer vom VfL Wolfsburg zu Olympique Lyon zu wechseln.
Im deutschen Nationalteam sind die beiden vor allem dafür zuständig, die Stürmerinnen Lea Schüller und Giovanna Hofmann in Szene zu setzen, können aber auch selbst Torgefahr entwickeln. Ergänzt wird die Offensive unter anderem von Linda Dallmann und Laura Freigang. Beide kommen auf der Position der Zehnerin zum Einsatz und dürften sich im Trainingslager in Herzogenaurach ein enges Duell um die Startelf liefern.
Für Christian Wück und die 23 Spielerinnen startet die Turniervorbereitung am 19. Juni in Herzogenaurach. Ein erfolgreicher Auftakt soll dann gleich im ersten EM-Spiel am 4. Juli gegen Polen gelingen. „Wir wollen mit einer Mischung aus Spielfreude, Begeisterung, Willen und Überzeugung agieren – dafür steht dieser Kader. Wenn uns das gelingt, kann es für uns sehr weit gehen“, sagte Wück.
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