zum Hauptinhalt
Vorstand Stefan Kretzschmar und Geschäftsführer Bob Hanning.

© IMAGO/Steinbrenner

Kretzschmar verlässt die Füchse Berlin: Der Machtkampf der Alphatiere kommt zur falschen Zeit

Berlins Handballer könnten ihre Chancen auf die nächste Meisterschaft gleich zu Beginn der Saison verspielen. Zu unprofessionell ist das Verhalten der führenden Köpfe des Vereins.

Franziska Staupendahl
Ein Kommentar von Franziska Staupendahl

Stand:

Die Füchse Berlin sind auf dem besten Weg, sich selbst zu zerlegen. Zu Beginn der Woche gab Sportvorstand Stefan Kretzschmar sein Ausscheiden zum Saisonende bekannt. Mit seiner frühen Ankündigung wolle er „den medialen Druck nehmen und den Fokus auf unsere ambitionierten Ziele in dieser Saison lenken“, schrieb er auf Instagram. Doch dieser Plan ist gründlich gescheitert.

Der Klub reagierte etwa 90 Minuten später mit einem knappen Statement, das vor allem Überraschung ausdrückte. Glaubwürdig wirkte das durchaus. Auch Trainer Jaron Siewert sagte vor der Partie in Göppingen am Mittwoch bei „Dyn“: „Wir waren natürlich überrascht, aber am Ende müssen wir die Entscheidung respektieren und nach vorn gucken.“

Geschäftsführer Bob Hanning hingegen, der sonst nie um ein Wort verlegen ist, schweigt seither. Am Rande der Partie gegen den Bergischen HC hatte er noch erklärt, er wolle die Füchse für die nächsten Jahre so aufstellen, „dass wir fest davon überzeugt sind, dass das die Zukunft des Klubs ist“. Was genau er damit meint, bleibt offen. Zumal auch mit Siewert noch kein neuer Kontrakt vereinbart wurde.

Ein professioneller Umgang sieht anders aus.

Franziska Staupendahl

Warum die Verträge zweier Schlüssel-Protagonisten der zurückliegenden Erfolge nicht längst verlängert wurden, versteht niemand so recht. Stattdessen drängt sich der Eindruck auf, dass Konflikte ausgesessen statt gelöst werden.

Wiederholt hatte Kretzschmar deutlich gemacht, dass er sich eine baldige Entscheidung über seine Zukunft bei den Füchsen wünsche. Diese blieb weiter aus. Also nahm er die Dinge selbst in die Hand – und das scheint nun fast wie eine Trotzreaktion. Ein professioneller Umgang sieht anders aus.

Das persönliche Ringen überstrahlt den gemeinsamen Erfolg

Statt den Meistertitel als Signal der Stärke zu nutzen, schafft sich der Klub also selbst Probleme. Und man fragt sich: Warum muss dieser Machtkampf in aller Öffentlichkeit ausgetragen werden? Warum können sich die zentralen Figuren ausgerechnet auf dem Höhepunkt der Vereinsgeschichte nicht zusammenreißen?

Dabei wird einmal mehr deutlich, welch unterschiedliche Auffassungen die Alphatiere Hanning und Kretzschmar vertreten. Der eine – Hanning – will den Nachwuchs ins Zentrum stellen und punktuell mit Stars verstärken. Der andere – Kretzschmar – hätte gerne den einen oder anderen Profi mehr geholt, um den Kader breiter aufzustellen. Solche Gegensätze können sich ergänzen – bis zuletzt funktionierte es. Doch nun überstrahlt das persönliche Ringen den gemeinsamen Erfolg.

Und das Konfliktpotenzial ist noch lange nicht ausgeschöpft. Auch der Vertrag von Meistertrainer Jaron Siewert läuft nächsten Sommer aus. Solange nichts unterschrieben ist, bleibt Raum für Spekulationen. Steht die Mannschaft überhaupt noch geschlossen hinter ihrem Trainer? Was ist dran an den Gerüchten um den möglichen Nachfolger Nicolej Krickau, der bei Flensburg freigestellt wurde?

Fakt ist: Die Unruhe nimmt nicht ab, sie wächst. Wie lange die Mannschaft sich davon unbeeindruckt zeigt, ist fraglich.  Das 32:26 (16:16) bei Frisch Auf Göppingen erforderte bereits eine gewisse Anstrengung. Schon am Samstag wartet mit dem SC Magdeburg der wohl größte Konkurrent im Titelkampf. Dann wird jede Nuance entscheidend sein.

Die Füchse könnten ihre Chancen auf die nächste Meisterschaft gleich zu Beginn der Saison verspielen – durch ein Dauerrauschen auf der Chefetage. Sie zeigen, wie man es gerade nicht machen sollte.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })